Genussvoll, ohne Druck – und per doppeltem Doppelpass: SCVM sichert sich Platz zwei

ASV Hamburg über weite Strecken "komplett passiv und leblos"

13. Mai 2017, 21:45 Uhr

Jubelnde Gäste vom SCVM: Torschütze zum 1:0 Bastian Schümann (Mi.) in den Armen von Vorbereiter Florian Ackermann. Foto: timelash.de

Von großem Druck oder angespannter Stimmung war schon im Vorfeld wenig zu spüren, obwohl für den ASV Hamburg und den SC Vier- und Marschlande eine ganze Menge auf dem Spiel stand. Für beide Teams ging es im vorletzten (ASV) bzw. letzten Saisonspiel (SCVM) um nicht weniger, als die Chance auf den Landesliga-Aufstieg am Leben zu erhalten. Apropos „Leben“: Als sich Hausherren-Coach Mohet Wadhwa kurz vor Ende der Partie über die vehementen Reklamationen Der Gäste aufregte, echauffierte sich Olaf Poschmann: „Ist doch egal, Mo. Wir leben wenigstens!“

Ein ziemlich harter, auf dieses – vor allem im zweiten Abschnitt – einseitige Topspiel allerdings auch zutreffender Auswurf des SCVM-Dompteurs. Und keineswegs böse gemeint von „Poschi“, denn die beiden Übungsleiter verstanden sich schon vor dem Anpfiff exzellent miteinander. „Ich habe vor dem Spiel versucht, beruhigend auf die Mannschaft einzuwirken und den Druck rauszunehmen. Denn die Chancen auf den Aufstieg sind wegen des Koeffizienten eh nur minimal“, gab Wadhwa zu Protokoll. Die Taktik hatte an jenem Nachmittag jedoch keinen Erfolg. „In den ersten 20 Minuten war Leben und Action drin. Aber danach war die Niederlage total verdient, weil Vier- und Marschlande mehr investiert und mehr gelebt hat. Während wir auf einmal komplett passiv waren!“

"Wir haben das Spiel genossen - und das hat man den Jungs auch angemerkt"

Direkt nach Anpfiff hatte Müslüm Kayin (re.) bereits die Führungschance für den ASV. Es sollte für lange Zeit die letzte bleiben. Foto: timelash.de

Womit wir schon wieder beim Thema „Leben“ oder „Leblos“ wären. „Du bewirkst durch Reinschreien nichts“, erklärte Wadhwa das relativ passive Coaching. Auch von der Bank (Verantwortliche/Ersatzspieler) des ASV Hamburg war keinerlei Feuer oder gar purer Wille, unbedingt gewinnen zu müssen, auszumachen. „Entweder die Jungs haben es an dem Tag einfach in sich oder aber du merkst, dass es ein gebrauchter Tag ist. Dann musst du nicht auch noch die Peitsche rausholen – denn das bewirkt genau das Gegenteil. Die Jungs waren etwas zu verkrampft“, so Wadhwa, dessen Elf eigentlich einen fulminanten Start hinlegte. Denn nach nicht einmal 15 Sekunden hatte Müslüm Kayin bereits die große Chance zum Führungstreffer, scheiterte aber an SCVM-Fänger Nick Kiesling. Zu jenem frühen Zeitpunkt der Partie hätte wohl kaum einer der anwesenden Besucher für möglich gehalten, dass im gesamten weiteren Spielverlauf nur noch zwei weitere nennenswerte Szenen des Tabellendritten, der mit einem Sieg den zweiten Rang hätte festigen können, folgen würden. Eine Kopfballverlängerung von Bedran Atug, die Kiesling sensationell aus dem Toreck fischte (35.). Und eine Schusschance von Kayin – knapp vorbei (80.).

„Wir haben überhaupt keinen Druck. All das, was wir bisher geleistet haben, hat uns vor der Saison keiner zugetraut. Wir wollten einfach ein gutes Spiel machen – nicht mehr und nicht weniger. Ganz egal wie es ausgegangen wäre, es würde die Leistung über die Saison hinweg nicht schmälern. Wir haben das Spiel heute genossen – und das hat man den Spielern auch angemerkt, mit was für einem Elan und mit was für einer Mentalität sie das angegangen sind“, meinte Poschmann. Seine „Deichkicker“ kontrollierten das Geschehen nach anfänglicher Druckphase der Afghanen und kamen mit dem Pausenpfiff zum ersten Hochkaräter, als Bryan Bultmann nach feinem Zuspiel von Florian Ackermann jedoch an Shahin Ahmadi hängen blieb (45.).

Bultmann und Ackermann filetieren ASV-Abwehr

ASV-Torjäger Kayin hatte bei der SCVM-Defensive einen ganz schweren Stand. Foto: timelash.de

Als der zweite Durchgang einige Minuten alt war und Bastian Schümann völlig freistehend nach einem Ackermann-Schuss, den Ahmadi nicht festhalten konnte, den Abpraller nicht zu verwerten wusste (57.), haderte Poschmann noch: „Die Einfachen kann er nicht.“ Doch dann: Die darauffolgende Ecke brachte Ackermann auf den Kopf von? Richtig: Bastian Schümann – und dieser nickte zur Führung ein (58.)! Nun ging beim ASV überhaupt nichts mehr zusammen. Die Folge: Farhad Atai traf Luis Henckell-Rosas beim Schussversuch am Fuß – Elfmeter! Kapitän Ackermann verdoppelte die Führung (67.)! Auch beim Schlussakkord in letzter Sekunde war Ackermann erneut beteiligt, als er und Bultmann die gegnerische Abwehr per doppeltem Doppelpass regelrecht filetierten. Letztgenannter veredelte den Angriff zum 3:0-Endstand für den SCVM (90. +5)!

"Da war nicht der Wille zu sehen, den es braucht, um solch ein Spiel zu gewinnen"

Foto: timelash.de

Wadhwa bilanzierte: „Einerseits bin ich froh, dass es vorbei ist und dass ich mich nun nicht mehr mit der ganzen Thematik beschäftigen muss, ob jemand aufsteigt, absteigt meldet oder wer hat den besten Koeffizienten? All das ist jetzt vorbei. Es ist zwar ärgerlich und tut ein bisschen weh, weil wir noch eine Minimalchance hatten. Aber wir haben trotzdem eine sehr gute Saison gespielt!“ Für die „Poschmänner“ ging es nach dem Triumph direkt in Richtung Fünfhausen, wo man im Vereinsheim noch das eine oder andere Kaltgetränk und Speisen zu sich nahm, dann von einem Bus abgeholt wurde, um die Saison im „Fun-Parc“, wo eine Lounge gemietet wurde, gebührend zu feiern. „Dieses Spiel hat natürlich nochmal zusätzlich dazu beigetragen, dass es ein lustiger Abend wird. Aber das wäre es auch so geworden. Denn selbst wenn wir verloren hätten, dann wäre der Spaß spätestens im Fun-Parc zurückgekommen“, so Poschmann, der anfügte: „Man hat der Mannschaft unter der Woche schon angemerkt, dass sie unheimlich viel Bock hat auf dieses Spiel. Die Spannung war voll da und das hat sich auch heute auf den Platz übertragen. Wir mussten ein, zwei brenzlige Situationen überstehen, aber danach hatten wir das Spiel total in der Hand. Auch von der Spielanlage her fand ich uns besser. Wir wussten, dass wir in der ersten Halbzeit ein hohes Tempo gegangen sind, und wussten auch, dass der ASV so ein Tempo keine zweiten 45 Minuten gehen können wird. Man hat ja gesehen, dass die sich selbst aufgegeben haben. Da war nicht so der Wille zu sehen, den es braucht, um solch ein Spiel zu gewinnen.“

"Ich hätte mir lieber ein paar direkte Duelle in einer Relegation gewünscht"

Ausgiebig wurde der letzte Sieg im letzten Saisonspiel gefeiert. Jetzt heißt es zittern und warten. Foto: timelash.de

Nun heißt es am Deich: Warten bis alle Saisonspiele in sämtlichen Bezirksligen absolviert sind. Da der SCVM am letzten Spieltag den inzwischen aus der Wertung genommenen SC Schwarzenbek II als Gegner gehabt hätte, ist die Spielzeit für die „Roten Teufel“ bereits beendet. „Unser primäres Ziel war es ja nie, aufzusteigen. Nun hat sich die Situation so ergeben, weil wir sportlich unsere Leistung abgerufen haben. Aber wir haben es halt nicht mehr selbst in der Hand und können es nicht mehr beeinflussen.“ Statt einer Relegationsrunde wie in den vergangenen Jahren muss man nun darauf hoffen, über den Koeffizienten unter allen vier Bezirksliga-Zweiten den Sprung zu schaffen. „Ich hätte mir lieber eine Relegation gewünscht, als auf den Koeffizienten angewiesen zu sein. Denn man kann die Staffeln überhaupt nicht miteinander vergleichen. Wir können nur unsere eigene Leistung beeinflussen, aber nicht, was in den anderen Ligen passiert. Deshalb hätte ich mir da noch ein paar direkte Duelle gewünscht“, so der Trainer der Vier- und Marschländer abschließend.

Autor: Dennis Kormanjos

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