Oberliga

„Ich bin mega stolz“: Stiers „Stöpsel-Zieher“ durchbohren das „schwere Brett“ Vicky

BU feiert an der Hoheluft im Duell „Zehn gegen Zehn“ einen 3:1-Erfolg

08. März 2019, 23:47 Uhr

Applaus, Applaus: Die Barmbeker Janis Korczankwsi, Abdel Hathat, Oliver Gaedtke und Louis Mandel (v. re.) freuen sich über den Sieg. Foto: Bode

Samuel Hosseini hatte sich die blaue Trainingsjacke übergestreift und steuerte nach dem Abpfiff der Partie des SC Victoria gegen den HSV Barmbek-Uhlenhorst (Hier gibt’s den Liveticker des Spiels zum Nachlesen) auf die Kabine zu. Auf seinem Weg dorthin musste der Mittelfeldspieler, der nach 45 Minuten vom Platz geflogen war, an BU-Präsident Frank Meyer vorbei. „Eine Katastrophe“, konstatierte Hosseini in Richtung Meyer. Das Ergebnis konnte er nicht meinen, hatte BU doch soeben mit 3:1 an der Hoheluft triumphiert. Hosseini leistete Aufklärung: „Jetzt fehle ich ausgerechnet gegen Altona. Können wir das Spiel nicht verlegen?“, sagte er mit Blick auf die nächste Partie, die BU gegen Hosseinis Ex-Verein bevor steht, und grinste. Die Stimmung bei den Barmbekern war also bestens. 

Das traf auch auf Jan Eggers zu. Der war nach einer halben Stunde Spielzeit für den verletzten Fatih Umurhan in die Partie gekommen – und hatte am Ende maßgeblichen Anteil am Barmbeker Sieg: Einen Treffer markierte Eggers selbst, einen bereitete er vor. Als „Man of the Match“ aber wollte sich der 27-Jährige dennoch nicht feiern lassen. „Das war eine übertrieben geile Mannschaftsleistung. Unser Trainer hat uns die ganze Woche gesagt, dass das ein harter Brocken wird. Wir haben in den letzten Wochen gegen Mannschaften von oben immer gut mitgehalten und haben uns diesmal vorm Spiel gesagt: Wir lassen uns von denen nicht einschüchtern, wir gegen voll drauf. Was haben wir zu verlieren? Und genau das hat gefruchtet“, erklärte Eggers nach dem Schlusspfiff. Dass sein Treffer, der das 3:0 bedeutete (76.), äußerst umstritten war, kümmerte BUs Nummer 19 wenig: „Ich hatte nur noch im Blick, dass ich allein aufs Tor zugehe. Also hab ich mir den Ball geschnappt. Ich wollte das Tor unbedingt machen. Ob ich im Abseits war, konnte ich nicht sehen.“

Boll: „Es ist ganz gut, nach der Erfolgswelle mal einen auf den Sack zu kriegen“

Alle Vicky-Proteste nutzten nichts: Schiedsrichter Lasse Holst (re.) und sein Gespann sahen BUs Jan Eggers beim 3:0 nicht im Abseits. Foto: Bode

War Eggers – anders als zunächst angenommen – aber wohl nicht. Er startete beim Pass aus der eigenen Hälfte. Auf die Verliererstraße aber war Vicky zuvor schon geraten. Und auch daran war Eggers beteiligt. Nachdem Jon Hoeft nach 25 Minuten zum 1:0 für BU getroffen hatte, war es im zweiten Durchgang Eggers, der mit einer Ecke von rechts auf Louis Mandel das 2:0 einleitete (69.). „Wir wussten, dass Vicky bei Standards anfällig ist. Ich hab' vorm Spiel gesagt, dass wir ein Tor nach einer Ecke machen. Und dann macht Mandel, der zuletzt gefühlt acht Wochen in Thailand im Urlaub war, das Tor. Anschließend trifft Eggers. Am Ende waren die Jungs in den letzten Minuten platt“, gab BU-Coach Marco Stier zu Protokoll. In genau jenen letzten Minuten kam der SCV noch zum Ehrentreffer, als Dennis Bergmann einnetzte (90.). „Es war klar, dass Vicky in der zweiten Halbzeit Druck machen würde, aber ich hab bis zur 85. Minute keine Situation gesehen, wo unser Torwart intensiv eingreifen musste“, so Stier.

Apropos intensiv eingreifen: Genau das tat Referee Lasse Holst im ersten Durchgang gleich zwei Mal – ein Mal pro Seite und beide Male mit Folgen. Erstmals nach zehn Minuten, als er Vickys Yannick Petzschke nach einem Foulspiel „Rot“ zeigte, weil er in Holsts Augen letzter Mann gewesen war und eine Notbremse begangen hatte. Dass mit Felix Schuhmann noch ein Victorianer hinter Ptzschke stand, hatte er übersehen. Kurz vorm Seitenwechsel erwischte es dann den bereits verwarnten Hosseini. „Das ist nie im Leben eine Gelb-Rote Karte. Wenn der Schiri selbst Fußball gespielt hätte, wüsste er das. Die muss man nicht zeigen. Ich weiß nicht, ob er ein schlechtes Gewissen hatte wegen des Platzverweises für Vicky, den man auch nicht unbedingt geben muss“, ärgerte sich BU-Coach Stier. „Wenn man nach zehn Minuten einen Platzverweis kassiert, ist alles, was man sich vorgenommen hat, über den Haufen geworfen“, war auch sein Widerpart Fabian Boll nicht gerade begeistert und fügte hinzu: „Der BU-Spieler kreuzt und läuft Yannick in die Hacken. Dass Yannick letzter Mann war, sehe ich anders. Aber ich bin weit davon entfernt, dem Schiri etwas in die Schuhe zu schieben. Ich bin froh, dass sich bei den Sachen, die aktuell auf den Amateurplätzen überhaupt noch drei Leute finden, die ein Spiel leiten.“

Stier: „Man schlägt so eine Mannschaft nicht mal eben so“

In den Weg gestellt: Victorias Dennis Bergmann (vo.) versucht Nico Schluchtmann am Flanken zu hindern. Foto: Bode

Die „eine oder ander Szene“ könne man allerdings „anders auslegen“, so Boll weiter, „beim dritten Tor sah es nach Abseits aus.“ Das aber war für Boll nicht der Hauptgrund für die Niederlage. „Wir sind schlecht reingekommen. Nach der Roten Karte war es wenig verwunderlich, dass die erste Hälfte an BU geht. Mir hat aber gefallen, wie wir mit Zehn gegen Zehn reagiert haben. Wir hatten sie gut im Griff, kriegen dann aber das zweite Tor durch die Standardsituation. Das hat uns den Stöpsel gezogen. Trotzdem haben wir weiter nach vorn gespielt“, erläuterte Vickys Coach und ergänzte: „Insgesamt haben wir es nicht gut gemacht. Wir haben es nicht wirklich verdient, mehr mitzunehmen. Wir hatten viele einfache Ballverluste, uns fehlte es an Souveränität. Es ist auch mal ganz gut, nach der Erfolgswelle (Vicky verlor neun Mal hintereinander nicht und blieb zuletzt sogar sechs Mal in Serie ohne Gegentreffer, Anm. d. Red.) einen auf den Sack zu kriegen.“ Sein Gegenüber hingegen war da schon in besserer Stimmung – kein Wunder nach diesem Ergebnis.

„Dieser Sieg geht runter wie Öl. Vicky ist mit die beste Mannschaft der Liga. Wir wussten, dass da ein schweres Brett auf uns zukam. Man schlägt so eine Mannschaft nicht mal eben so. Ich bin mega stolz auf die Jungs“, befand Marco Stier, nachdem er sich zuvor erstmal einen kräftigen Schluck Bier gegönnt hatte. „Wir wollten Vicky mit Offensiv-Pressing überraschen. Damit haben sie nicht gerechnet. Das ist uns über 25 Minuten sehr sehr gut gelungen. Wir machen beim 1:0 ein Super-Tor nach einem super Kombinations-Fußball. Von Vicky habe ich in der ersten Hälfte nur eine Chance gesehen. Dann kam die Situation mit den Verletzungen und dem Platzverweis“, so Stier, der nach Umurhan auch noch Tim Jeske und Jon Hoeft runternehmen musste. „Umurhan hat einen Muskelfaser oder -bündelriss, die anderen beiden jeweils muskuläre Probleme“, erklärte Stier abschließend und durfte sich freuen. Im Gegensatz zu Vickys Pressesprecher Mathias Reß: Anders als Stier hatte der nämlich vor der Pressekonferenz nicht nach einem Bier, sondern nach einer Kopfschmerztablette verlangt. Eine Randnotiz, die irgrndwie zum Ergebnis passte...

Jan Knötzsch

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