Sieggarant Siemsen: „Jetzt muss ich mir keine blöden Sprüche anhören“

Ausgerechnet ein Ex-Concorde trifft für Vicky zum 2:1-Sieg gegen Cordi

16. Februar 2018, 21:56 Uhr

Ausgerechnet Ex-Cordi-Spieler Yannick Siemsen (li.) traf zum 2:1-Siegtreffer für Vicky. Foto: KBS-Picture

Es sah alles nach einem 1:1-Remis zwischen dem SC Victoria und Concordia aus. Doch dann bewahrheitete sich wieder einmal die alte Weisheit, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben soll. Oder eben: Ein Fußballspiel nicht vor dem Abpfiff. Denn: Nachdem Cordi in der ersten Halbzeit eigentlich schon hätte hinten liegen müssen und dann führte, stand die Mannschaft von Trainer Florian Gossow am Ende dennoch mit leeren Händen da. Und das, weil am Ende für Vicky ausgerechnet einer traf, der bis zur Winterpause noch das Trikot der Concorden getragen hatte.

Artistisch angenommen: Vickys Yannick Petzschke (re.) sichert die Kugel gegen Jaques Rodrigues de Oliveira. Foto: KBS-Picture

Als Yannick Siemsen die Kabine des Stadions an der Hoheluft ansteuerte, musste der 22-Jährige auch an Matthias Seidel vorbei. „Das muss doch nicht sein“, raunte der Präsident der Gäste dem Abwehrspieler des Widersachers zu und klopfte ihm auf die Schulter. Siemsen grinste kurz – und das mit dem sicheren Gefühl, dass er soeben eine dieser Geschichten geschrieben hatte, wie es sie nur im Fußball gibt: Es lief die 89. Minute des Spiels, als sich Cordi bei einer Standardsituation nicht befreien konnte. Nick Scharkowski versucht es für Vicky, den Ball im Netz unterzubringen. Vergeblich. Doch der Ball war noch heiß, landete vor den Füßen des freistehenden Siemsen und der Ex-Concorde vollendete ins lange Eck. Die Entscheidung! Siemsen drehte, gefolgt von seinen Teamkollegen, ab, beließ es dann aber bei einem verhaltenen Jubel. „In der Situation haben wir die absolute Überzeugung bewiesen, dass Scharkowski da nochmal hingeht. Das, was dann passiert, ist eine Story, die ihr am besten schreiben könnt“, konstatierte SCV-Coach Jean-Pierre Richter nach dem Spiel Richtung Presse, „das ist köstlich. Es ist genial, dass der Gegner nicht mehr darauf reagieren konnte. Yannick hat auf dieses Spiel hingefiebert, Es ist schön, dass ausgerechnet der trifft, der es verdient hat.“

Vicky gleicht vor der Pause vom Punkt aus

Da jubelte Cordi noch: Benjamin Bambur traf zum 1:0 für die Gäste. Foto: KBS-Picture

Die erste Halbzeit des Spiels an der Hoheluft hätte man gut und gerne auch unter dem Begriff „Fußball paradox“ zusammenfassen können: Eine ganze Zeit lang spielte eigentlich nur der Gastgeber, Cordi kam kaum über die Mittellinie – und wenn dann zunächst nur ungefährlich wie durch Abdel Abou Khalil nach 26 Minuten. Ganz anders der SC Victoria: Schon nach vier Minuten blieb Klaas Kohpeiß mit einem Schuss hängen, doch die Kugel gelangte zu Yannick Petzschke. Der wiederum scheitete mit seinem Abschluss an Tim Burgemeister. Und der Schlussmann der Concorden sollte nicht nur in dieser Saison im Mittelpunkt und unter Beschuss stehen. Nur acht Minuten später war es Kophpeiß, der nach einem sehenswerten Alleingang von Mirco Bergmann und dessen anschließendem Pass das Spielgerät nicht am Cordi-Keeper vorbei bringen konnte. Nach 19 Minuten probierte sich im Anschluss an ein Zuspiel von Dennis Bergmann dann Nick Scharkowski – das Resultat blieb identisch: Der Sieger hieß wieder Burgemeister.

Im direkten Gegenzug nach Abou Khalils „Mini-Chance“ steuerte dann erneut Scharkowski in Richtung Cordi-Kasten, wurde aber beim Schuss in letzter Sekunde noch von Ronny Buchholz behindert, sodass der Ball drüber ging (27.). Zu einem Zeitpunkt, zu dem der SCV längst mit 3:0 oder gar 4:0 hätte führen können, lag das runde Leder dann tatsächlich doch auf der anderen Seite im Netz: Benjamin Bambur nutzte seinen Platz links in der „Box“ und bezwang SCV-Torhüter Dennis Lohmann mit seinem Linksschuss zum 1:0 (34.). Anschließend hätte die Gäste beinahe sogar noch einen zweiten Treffer nachgelegt, doch Bambur beförderte Maurizio d'Ursos Vorlage an die Latte (36.). Dass die Hausherren nicht mit einem Rückstand in die Kabine gingen, war dem Umstand geschuldet, dass Buchholz nach 43 Minuten im Sechzehner Scharkowski auf Höhe der Grundlinie regelwidrig zu Boden beförderte und Dennis Bergmann vom Elfmeterpunkt traf (44.).  

„Wenn einem das gegen seinen Ex-Club gelingt, ist das umso schöner“

Zwei gegen einen: Yannick Petzschke und Mirco Bergmann im Duell mit Sebastian Gruhle (re.). Foto: KBS-Picture

Im zweiten Durchgang verflachte die Partie vor den 287 Zuschauen dann merklich und wirklich nennenswerte Szenen blieben Mangelware. Nach 49 Minuten scheiterte Petzschke mit einem Schuss an Burgemeister. Danach dauerte es bis zur 65 Minute, ehe der „Goalie“ der Concorden wieder reagieren musste. Dennis Bergmann feuerte in dieser Szene einen Freistoß direkt in die Arme des Schlussmannes. Nachdem Sebastian Gruhle für Cordi rechts am Strafrau ungehindert zum Schuss kam, aber drüber zielte, vergab der SCV in der 78. Minute die riesige Chance auf die Führung – und das gleich doppelt: Erst gelang es Dennis Bergmann nicht, den Ball am auf der Linie stehenden Feldspieler Cem Ceitinkaya vorbeizubringen, dann scheiterte Scharkowski im zweiten Versuch an Burgemeister. Was folgte, war der Siegtreffer von Siemsen in der 89. Minute des Spiels.

„Letztlich gibt es für diesen Sieg auch nur drei Punkte. Es ist natürlich immer schön, als Innenverteidiger ein Tor zu erzielen. Wenn einem das gegen seinen Ex-Club gelingt, ist das umso schöner“, erklärte Siemsen nach der Begegnung, „jetzt muss ich mir keine blöden Sprüche von den Ex-Kollegen anhören.“ Aus Sicht des „Matchwinners“ sei es „ein Arbeitssieg. Kompliment an die Mannschaft. Wir haben bis zur letzten Sekunde dran geglaubt. Am Ende hat eine Standardsituation das Spiel entschieden, nachdem Concordia beim 1:0 von der überragenden Qualität von Benny Bambur profitiert hat. Der Treffer zum 1:1 vor der Halbzeit war wichtig – auch wenn ich nicht weiß, ob es ein Elfer war. Dadurch sind wir drangeblieben“, sagte Siemsen und erläuterte seinen ganz besonderen Moment noch einmal: „Der Ball kommt lang auf Yannick, dann versucht Nick einen Fallrückzieher und dann stehe ich frei und drücke ihn über die Linie.“

Jan Knötzsch


Die PK mit beiden Trainern im Video