Verzerrt, verrückt, verplant

Abpfiff – die FussiFreunde-Kolumne

10. Mai 2017, 16:37 Uhr

Foto: KBS-Picture

Ab sofort greifen wir an dieser Stelle unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse und die wichtigsten Themen im Hamburger Fußball auf. Diesmal geht es um die Rolle des SC Schwarzenbek im Titelrennen der Landesliga Hansa, den SV Lurup II als Zünglein an der Waage in der Kreisliga 2, die legale, aber nicht ganz faire Art und Weise von RW Wilhelmsburg II im Holsten-Pokal und eine unglückliche Wahl von zwei Terminen und Austragungsorten. 

Wenn Entscheidungen fallen und sich Spieler, Trainer oder Fans darüber freuen können, in Form von Aufstiegen oder Pokalsiegen die Früchte einer langen Saison zu ernten, dann ist das an und für sich ganz nett. Hier ein Jubel-Bild, da ein sekt- oder biergeduschter Trainer – das macht den Fußball einfach aus. Genauso übrigens wie die Bilder derjenigen, die weniger Glück hatten. Die Bilder der Absteiger oder Unterlegenen. Sie gehören dort, wo es einen Wettkampfcharakter gibt, einfach dazu.

Aus dem Hansa-Top-Quartett dürfte sich nur Billstedt beschweren

Dennis Kreutzer (re.) und der SC V/W Billstedt mussten als einziges Team der Top Vier in der Hansa-Staffel in der Rückrunde noch gegen den "alten" SC Schwarzenbek ran. Archivfoto: noveski.com

Kritisch wird es jedoch dann, wenn es Einflüsse auf Entscheidungen gibt, die so eigentlich nicht vorgesehen oder vorhersehbar waren. Oder waren sie letzteres am Ende doch? Da gibt es zum Beispiel in der Landesliga Hansa den Fall SC Schwarzenbek. Die „Zweite“ in der Bezirksliga Ost abgemeldet, der Vorstand nicht entlastet und durch einen neuen ersetzt. Der neue und der alte Vorstand mögen sich nicht mehr so ganz. Das aber soll gar nicht der Punkt sein, um den es geht. Nein, konzentrieren wir uns mal auf die Tatsache, dass nach dem Abgang fast aller Spieler aus dem eigentlichen Kader der „Ersten“ eigentlich seit dem Winter die „Zweite“ – ergänzt durch A-Jugend oder Altherren-Spieler und ein paar Übriggebliebene – die „Erste“ ist. Dass das eine Schwächung im Vergleich zur Vorrunde bedeutet, ist klar. Nach der 0:15-Niederlage des SCS gegen den TSV Sasel gab es nun die Ersten, die von einer Wettbewerbsverzerrung sprachen.

Ist das wirklich der Fall? Nun, wenn sich einer aus dem Quartett der vier Mannschaften beschweren kann, die in der Hansa-Staffel derzeit oben stehen, dann ist dies nur der SC V/W Billstedt. Die Kicker vom Öjendorfer Weg sind das einzige dieser vier Teams, das in der Rückrunde im Novmber 2016 noch vor dem Zerfall des Teams in der Winterpause gegen die Euopastädter antreten musste. Die anderen drei hatten oder haben das Vergnügen danach. Dersimspor zum Beispiel am vorletzten Spieltag am kommenden Wochenende, Bramfeld im letzten Saisonspiel am 21. Mai. Punkte gelassen übrigens hat keiner der Top Vier gegen den SCS – weder in der Hin- noch in der Rückrunde, weder gegen die „alte“ noch gegen den „neue“ Mannschaft. Ganz glücklich ist die Konstellation irgendwie aber dennoch nicht.

Die Statuten legitimieren Rot-Weiss' Vorgehen – aber ein Beigeschmack bleibt

Für Ralph Kainzberger und Altona 93 II könnte ein drittes Nicht-Antreten des SV Lurup II zum bösen Erwachen im Aufstiegsrennen der Kreisliga 2 werden. Archivfoto: noveski.com

Noch unglücklicher aber könnte das sein, was in der Kreisliga 2 im „Worst case“ passieren würde. Hier hört das Zünglein an der Waage im Titelkampf eventuell auf den Namen SV Lurup II – und steht in der Tabelle meilenweit weg von den entscheidenden Plätzen ganz oben. Aber: Zwei Mal ist die SVL-Reserve in dieser Saison bereits nicht angetreten und die Spiele wurden für die beiden Widersacher gewertet. Einer davon war der HFC Falke, seines Zeichens derzeit mit 59 Zählern nur aufgrund des besseren Torverhältnisses punktgleich vor Altona 93 II an der Tabellenspitze. Ein drittes Nicht-Antreten der Luruper hätte zur Folge, dass das Team aus der Wertung fällt. Die gewonnenen Punkte gegen Lurup II wären weg. Beim HFC Falke wären es drei Zähler, die verloren gehen. Die „Zweite“ des AFC stünde auf einmal mit sechs Punkten weniger da. Meisterschaft und Direkt-Aufstieg würden mit einem ganz bitteren Beigeschmack entschieden.

Und das Risiko, dass es so kommt, ist nicht ganz gering: Während Lurups „Zweite“ am kommenden Wochenende spielfrei hat, muss sie am 21. Mai im Saisonfinale daheim gegen Eintracht Lokstedt II ran – und Lurups „Erste“ spielt zeitgleich. Zweifelhaft, ob der SVL genügend Spieler für beide Teams zusammenbekommt. Übrigens: Zweifelhaft – das ist auch das richtige Wort für die Teilnahme der Zweitvertretung von Rot-Weiss Wilhelmsburg am Finale um den HOLSTEN-Pokal. Warum? Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Wer im Halbfinale seinen Gegner schlägt, der steht per se erst einmal verdient im Endspiel. Aber nun ist es nunmal so, dass RWW II die Spiele im Pokal zum Großteil mit Akteuren aus seiner „Ersten“ bestritten hat. Wie das geht? Nun, die „Erste“ trat im ODDSET-Pokal in der Ersten Runde gegen den FC Süderelbe mangels Spielern – Urlaub und Co. lassen grüßen – nicht an. Spielberechtigt also sind besagte Kicker im HOLSTEN-Pokal. Nur: Wo Schwarzenbek nicht anders konnte und Lurup sehenden Auges aufgrund des Spielermangels auf genau dieses Problem zusteuerte, könnte man hier schon von wissentlicher Wettbewerbsverzerrung sprechen, wenn man es böswillig auslegen wollte. Aber: Die Statuten lassen es nunmal so zu.

Eine nicht ganz so glückliche Idee

Zum Schluss sei den Spielplanern beim Hamburger Fußballverband noch ein gut gemeinter Rat mit auf den Weg gegeben: Am 27. Mai findet, so vermeldete es der HFV, sowohl das Aufstiegsspiel der beiden Zweitplatzierten der Landesligen als auch das Finale der Heino-Gerstenberg-Spiele statt. An und für sich ist das nichts Schlimmes. Wenn man aber nun weiß, dass in jenem Finale St. Pauli V spielt und der Hammonia-Vertreter im Aufstiegsspiel der HSV III sein dürfte und man sich dann auch noch die Austragungsorte Memellandallee und Waidmannstraße ansieht, weiß man, dass das eine nicht ganz so glückliche Idee ist. Die beiden Plätze liegen dicht an dicht – und das ein Zusammentreffen von Fans des HSV und des FC St. Pauli nicht immer glimpflich zu Ende geht, wissen wir ja spätestens seit dem Angriff von St. Pauli-Ultras auf Fans des HFC Falke... Im Sinne der Sicherheit sollte man das Ganze also vielleicht noch einmal überdenken...

Jan Knötzsch