Oberliga

Zessin: „Die Mannschaft lebt wieder!“

Wedel-Manager über den Niendorf-Sieg und die Aufholjagd

18. März 2019, 18:36 Uhr

In der Hinrunde war der Blick noch skeptisch, mittlerweile herrscht beim Wedeler TSV und "Macher" Thorsten Zessin wieder Optimismus vor. Foto: KBS-Picture.de

Elf Punkte Rückstand aufs rettende Ufer – der Wedeler TSV wurde in der Winterpause bereits tot gesagt, stand als sicherer Absteiger nahezu fest. Doch die Elbstädter sind wie der Phönix aus der Asche auferstanden und urplötzlich wieder mitten im Rennen! Nach dem 2:0-Erfolg über den Niendorfer TSV – Kjell Ellerbrock traf nach einer Ecke per Kopf, ehe Marlo Steinecke in der Nachspielzeit einen Konter zur Entscheidung abschloss – beträgt der Rückstand auf den 15. Platz nur noch zwei Zähler. Der WTSV ist wieder voll im Geschäft! Wir haben mit Thorsten Zessin, Zweiter Vorsitzender der Fußball-Abteilung und Liga-Manager in Personal-Union, über die „Wiederauferstehung“ gesprochen…

FussiFreunde: Ihr habt zehn Punkte aus den letzten fünf Spielen geholt, am Sonntag auch Niendorf mit 2:0 besiegt: Ein verdienter Erfolg?

Kjell Ellerbrock (2. v. li.) köpfte den Wedeler TSV im Heimspiel gegen Niendorf auf die Siegerstraße. Foto: KBS-Picture.de

Thorsten Zessin: „Ja, ich finde schon. Niendorf hatte zwar gefühlt 80 Prozent Ballbesitz – aber ich glaube, sie hatten tatsächlich nicht eine richtige Torchance im ganzen Spiel. Wir hatten im Endeffekt die dickeren Möglichkeiten und sind nach einem Standard in Führung gegangen. So ein dreckiges Ding brauchst du dann auch mal. Mit fortlaufender Zeit wurde Niendorf eigentlich immer ungefährlicher. Ich hatte tatsächlich auch nicht das Gefühl, dass was passiert. Denn wir stehen in der Rückrunde ziemlich stabil – das ist der große Unterschied zur Hinserie.“

Euer Trainer Andelko Ivanko trainiert ja parallel die U14 von Niendorf. Was entgegnest du den Leuten, die aufgrund dessen von einem möglichen „Freundschaftsdienst“ sprechen?

Zessin: „Man denkt das so oft und ich habe es auch schon so oft erlebt, dass von solchen Dingen die Rede ist und war. Aber: Das funktioniert nicht! Kein Spieler geht auf den Platz und sagt sich: ‚Ich mache mal ein bisschen weniger. ‘ Hinzu kommt, dass die Spieler untereinander überhaupt nichts miteinander zu tun haben – und kein Trainer der Welt würde sagen: ‚Macht mal ein bisschen locker. ‘ Das geht gar nicht!“

Kommen wir mal zu eurer Erfolgsserie. Was macht euch denn derzeit so stark? Viele hatten euch ja schon komplett abgeschrieben…

Tim Vollmer (li.) geht unter Ivanko als wahrer "Leader" voran und ist ein wesentlicher Baustein für den Aufschwung. Foto: KBS-Picture.de

Zessin: „Es kommt ganz viel aus der Mannschaft heraus. Sie lebt wieder. Die Führungsspieler haben das Ruder in die Hand genommen und machen ganz viel untereinander aus. Ehrlich gesagt: Ich habe da auch nicht dran geglaubt, dass es in dieser Art und Weise funktioniert. Aber man sieht es ja. Andelko spricht ganz viel mit den Spielern, hat auf eine Dreierkette umgestellt – und die Jungs stehen hinten total sicher.“

Apropos Dreierkette: Auch da hätte man im Vorfeld wohl gedacht, dass das – auch vor dem Hintergrund, dass ihr in der Hinrunde ja schon als ‚Schießbude‘ abgestempelt wurdet – in die Hose gehen würde. Wie war deine erste Reaktion, als du von der Idee des Trainers, auf Dreierkette umzustellen, gehört hast?

Zessin: „Wir hatten ja überhaupt nichts mehr zu verlieren! Vorher waren wir ja auch schon, wie du bereits angesprochen hast, die Schießbude – wobei das gar nicht mal so sehr mit Taktik zu tun hatte, sondern wir haben uns sehr viele individuelle Fehler geleistet und die Bereitschaft hat eben gefehlt. Du kannst die beste Viererkette aufstellen, wenn die Mannschaft nicht kollektiv zusammenarbeitet. Da ist jetzt ein ganz anderer Geist drin. Das merkt man deutlich – und kam aus der Mannschaft heraus.“

Welchen Anteil hat der Trainer daran?

Marlo Steinecke (re.) - hier gegen Marvin Karow - führte in der Nachspielzeit die Entscheidung herbei. Foto: KBS-Picture.de

Zessin: „Natürlich hat auch er einen großen Anteil an dem Aufschwung, weil er es schafft, gewissen Spielern, die es auch brauchen, das Vertrauen zu geben, und vielen Spielern, die bereits abgeschrieben waren, eine Stärke zuzusprechen. Er erzählt den Jungs, wie gut sie sind – und wir haben welche dabei, die das auch brauchen. Man sieht ja, was es bewirkt. Es ist wie ausgewechselt.“

Du hast selbst schon zugegeben, dass du nicht mehr daran geglaubt hast. Wie groß ist der Glaube denn jetzt?

Zessin: „Es ist immer noch ein hartes Brot. Aber wichtig ist für uns erstmal, dass wir wieder leben – dass die Zuschauer das sehen, dass die Mannschaft das sieht, und dass wir jetzt zumindest wieder ein Ziel haben, um das wir spielen können. Wir als Verein sind da relativ entspannt, weil wir aus einer Situation kommen, in der wir nur noch gewinnen können. Ich glaube, andere haben damit ein größeres Problem, dass wir wieder da sind…“

Meinst du, dass in der jetzigen Situation auch wieder ein gewisser Druck reinkommt, weil die Mannschaft nun selbst merkt: Wir sind plötzlich wieder da und haben nun doch etwas zu verlieren?

"Die Mannschaft lebt wieder", betont Zessin - und hofft wieder auf das "kleine Wunder". Foto: KBS-Picture.de

Zessin: „Nein, daran glaube ich überhaupt nicht. Die Mannschaft ist ganz locker – sicher auch, weil wir gerade einen Lauf haben. Im gesamten Jahr 2018 hatten wir einen negativen, jetzt haben wir einen positiven Lauf. Die Mannschaft war ja auch vom Potenzial her nie so schlecht. Aber jetzt gehen alle wieder mit einer Brust auf den Acker. Nichtsdestotrotz wissen wir auch, dass es wieder Rückschläge geben wird. Wir haben jetzt ein hartes Programm vor uns, werden nicht alle Spiele gewinnen – und müssen auch ein bisschen hoffen, dass die anderen Teams dort unten nicht auch überraschenderweise punkten.“

Wird es, aus eurer Sicht, bis zum Schluss eng bleiben und die Hoffnung bestehen, das „kleine Wunder“ doch noch zu schaffen?

Zessin: „Das glaube ich auf alle Fälle – und nicht, dass wir schon fünf Spieltage vor Ende abgestiegen sind. Denn ich gehe davon aus, dass HEBC auch nicht wegrennen wird. Die werden sicherlich mal ein Spiel gewinnen, aber das werden wir auch. Es sind zwei Punkte – und wir haben noch ein Spiel mehr in der Hinterhand.“

Geht es nur zwischen HEBC, Condor und euch um diesen rettenden Platz – oder hast du noch andere Mannschaften auf dem Zettel, die sich vielleicht schon sicher wähnen?

Zessin: „Ich glaube nicht, dass wir da auf andere gucken, sondern nur auf uns schauen sollten. Aber klar, für uns geht es nur um Condor und HEBC.“

Autor: Dennis Kormanjos

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