Bei der Ehre gepackt: „War mir sicher, dass sie hier nicht gewinnen!“

Dank Aufholjagd: BU II-Serie bleibt bestehen - Lokstedt wünscht ETV den Aufstieg

25. November 2017, 18:08 Uhr

Moritz Scholz krönte die Barmbeker Aufholjagd mit seinen beiden Toren und rettete seinem Team einen Punkt. Foto: Mathias Merk

Er fieberte mit und ballte mit dem Schlusspfiff erleichtert die Fäuste: ETV-Coach Thorsten Beyer weilte – nach dem eigenen 6:0-Kantersieg mit seinem Team am Freitagabend gegen den SC Sperber – beim Verfolgerduell der Bezirksliga Nord zwischen dem HSV Barmbek-Uhlenhorst II (5.) und Eintracht Lokstedt (3.) unter den Zuschauern. Sein Wunschresultat: „Ein Unentschieden“, hoffte Beyer auf eine Punkteteilung beider Kontrahenten. Denn: „Virtuell ist Lokstedt vorn“, so der sympathische Übungsleiter, der damit darauf ansprach, dass die Eintracht – inklusive dieser Partie – noch zwei Spiele mehr zu absolvieren hat und mit zwei Erfolgen die Tabellenspitze hätte erklimmen können.

Liga-Leihgabe Ilias Ide (li.) hatte seine liebe Mühe mit Mario Beslic. Foto: Mathias Merk

Die erste Halbzeit an der Dieselstraße war Geschichte – und ein Sieger schien bereits gefunden. Vor allem, nachdem Barmbeks Christophe Mandji auf seiner linken Abwehrseite erst viel zu lange zögerte und dann auch noch zu allem Überfluss über den Ball stolperte, so dass Luis Gleich bis zur Grundlinie hinunter marschieren und die gerade erst eroberte Kugel scharf nach innen passen konnte. Dort wartete Hendrik Niemeier und vollendete zum 2:0 für den Gast – obwohl BU II-Fänger Vincent Driessen noch versuchte, zu retten, was längst nicht mehr zu retten war (45. +1). Schon in der elften Minute musste Driessen hinter sich greifen, als die Eintracht ihre spielerische Klasse in Vollendung zu, Besten gab: Ante Beslic bediente seinen Bruder Mario Beslic, der wiederum postwendend einen Doppelpass mit dem starken Gleich spielte, woraufhin Barmbeks Liga-Leihgabe Ilias Ide, der nicht wirklich zu überzeugen wusste, ins Straucheln kam. Gleich steckte durch und M. Beslic vollendete den herrlichen Angriff mit der rechten Innenseite ins lange Eck! „Das spielen sie gut und ist dann auch nur schwer zu verteidigen“, gestand Barmbeks Trainer Jan Haimerl, der seinen Kontrakt gerade erst bis 2020 verlängert hat. „Gedanklich war ich schon in der Pause. Und ich dachte mir nur: das kann doch nicht wahr sein, weil wir uns das Leben selbst schwer machen. Wenn wir uns früher vom Ball trennen, fällt das Tor nicht“, erkannte er, fügte aber gleichzeitig an: „Lokstedt hat richtig gut gedrückt, keine Frage.“

„Ich war mir sicher, dass die hier nicht gewinnen!“

Luis Gleich (vo.) luchste Christophe Mandji den Ball ab... Foto: Mathias Merk

Vor allem spielerisch wirkte die Elf von Anto Josipovic deutlich reifer und abgeklärter. Zu diesem Zeitpunkt deutete nichts darauf hin, dass sich der Gast die Butter noch einmal vom Brot nehmen lassen würde. „Ich bin in der Kabine laut geworden – noch lauter, als zuletzt bei Vicky“, verriet Haimerl. „Ich habe das aufgezeigt, was wir falsch gemacht haben, und nochmal an ein paar Dinge appelliert, die wir schon besser gemacht haben. Denn ich habe immer noch die zweite Halbzeit aus dem Pokalspiel gegen den HSV III vor Augen, wo wir einen Oberligisten an die Wand gespielt haben. Das ist der Maßstab. Und deshalb habe ich die Jungs auch bei der Ehre gepackt.“ Eine Maßnahme, die scheinbar fruchtete – und wie sie das tat. Der zweite Abschnitt war gerade einmal wenige Sekunden alt, als Tomislav Cvitanovic mit einem kapitalen Fauxpas Paul Smit in Aktion brachte. Dieser drang rechts in den Strafraum ein, machte noch einen Schlenker nach innen und scheiterte am auf der Torlinie stehenden und sich in den Schuss werfenden Johann Eisenberg. Allerdings landete der Abpraller bei Moritz Scholz, der keine Mühe mehr hatte und mit dem 1:2 zur Aufholjagd blies (46.)! „Ich habe zur Halbzeit gesagt: ‚Auch wenn es 0:2 steht – die gewinnen hier nicht!‘ Ich war mir vor dem Spiel relativ sicher, dass wir das nicht verlieren. Und ich habe auch in der Halbzeit trotz des Ergebnisses noch dran geglaubt, weil wir viele Jungs haben, die nach vorne jederzeit was entwickeln können.“

Scholz trifft mit feiner Technik zum Ausgleich

... und bediente dann mit dem Pausenpfiff Hendrik Niemeyer, der zum 0:2 veredelte. Foto: Mathias Merk

Auf einmal präsentierten sich die Hausherren deutlich aggressiver. Sie witterten nun wieder ihre Chance und glaubten an die Wende. Nach toller Stafette über Mirco Missulis und Smit ließ Scholz noch Verteidiger Levent Gürcan ins Leere rutschen, um dann an Gieseckes starker Fußabwehr hängen zu bleiben (62.). Auf der Gegenseite kratzte Ide einen Niemeyer-Kopfball – nach Gleich-Ecke – von der Linie (54.), ehe M. Beslic in Folge eines ruhenden Balles von Ersinnen Cavus freistehend am kurzen Pfosten vorbei köpfte (69.). Doch dann brachte der zweite Einwurf binnen weniger Augenblicke den erhofften Ertrag für die Haimerl-Schützlinge: Lokstedt konnte den Ball nur unzureichend klären. Missulis nahm aus dem Hinterhalt Maß und fand mit seinem Schussversuch den Fuß von Scholz, der äußerst geschmeidig und elegant den linken Außenrist in den Ball hielt und rechts unter die Latte traf – 2:2 (71.)! In der Folge versuchten es beide Teams, den Luckypunch zu setzen. Gleich hätte im Duell mit Tayfun Karakaya einen Elfmeter bekommen können, bekam diesen aber nicht (77.). Stattdessen drängte BU II in den Schlussminuten noch einmal auf den Sieg. Scholz hätte seine Leistung mit dem dritten Treffer krönen können, sein Freistoß in letzter Minute wurde aber von der Mauer zur Ecke abgefälscht, die wiederum nichts mehr einbrachte.

„In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, was hier möglich ist“

Anschließend war bei den Gästen nur noch jubeln angesagt. Foto: Mathias Merk

„In der zweiten Halbzeit wurden wir einfach von BU überrannt, das muss man ganz klar so sagen. Sie sind aus der Halbzeit gekommen, haben gleich das Tor und danach weiterhin Druck gemacht. Die zweite Halbzeit gehört eindeutig und noch klarer BU, als die erste uns. Von daher geht das Ergebnis in Ordnung“, bilanzierte Josipovic sportlich-fair. „Wir hatten in der ersten Hälfte zwar eine gewisse Dominanz, nichtsdestotrotz habe ich meinen Jungs in der Halbzeit gesagt, dass wir hinten zu fahrig und nicht klar genug waren. Wir wollten es zu schön lösen. Deshalb war die Ansage auch: lieber einen Ball mehr schlagen. Und dann haben wir direkt nach Wiederanpfiff die Chance dazu, den Ball zu klären, aber wir machen es nicht und prompt fällt das 1:2. Danach nimmt das Spiel seinen Lauf.“ Durch die erhebliche Steigerung in den zweiten 45 Minuten bleibt auch die Barmbeker Serie von nunmehr zehn ungeschlagenen Spielen am Stück bestehen. „Die Serie ist mir eigentlich scheißegal! Mir geht’s unterm Strich darum, dass wir uns weiterentwickeln und spielerisch mehr Wucht und Kultur reinbekommen. Die erste Halbzeit war so lala, in der zweiten haben wir gezeigt, was hier möglich ist. Man sieht, dass die Mannschaft nicht nur nach dem Schlusspfiff und nach dem Training eine Mannschaft ist, sondern auch, dass es rein sportlich eine Mannschaft ist. Der Charakter ist gut. Und auch die zweite Halbzeit war sehr positiv. Wir haben gezeigt, dass wir da mithalten können. Und am Ende hätte sich Lokstedt auch nicht beschweren dürfen, wenn sie das Ding noch verlieren“, befand Haimerl.

„Der ETV soll es dieses Jahr machen“

Am Ende freuten sich jedoch die Barmbeker über den Doppelpack von Moritz Scholz (re.). Foto: Mathias Merk

Abschließend kommen wir aber nochmal zum Titelkampf, wo der Eimsbütteler TV nun wieder – auch virtuell – die Nase vorn hat. „Ich habe es schon vor der Saison und auch nach dem Sieg gegen den ETV gesagt, dass sie von der Struktur her so weit sind, dass sie eine Liga höher gehen sollen. Wir sind noch in einer Entwicklung und die ist noch nicht abgeschlossen“, erklärte Josipovic und führte aus: „Ich gönne es dem ETV auf jeden Fall und sie sollen es dieses Jahr auch machen.“ Überaus noble Worte, denen der Übungsleiter der Eintracht, der innerhalb kürzester Zeit eine riesengroße Entwicklung in Lokstedt vorangetrieben hat, noch folgen ließ: „Ich denke schon, dass sie mit einem gewissen Vorsprung Erster werden.“ Kampflos geschlagen werden sich Josipovic‘ Mannen aber mit ganz großer Sicherheit auch nicht geben…

Autor: Dennis Kormanjos