Nach 30-Sekunden-Schock – Vicky glanzlos, aber erfolgreich!

Niendorfs Farhadi als Schiedsrichter-Freund

08. Oktober 2015, 23:55 Uhr

Der Siegtreffer! Kevin Zschimmer (l.) lässt NTSV-Keeper Kindler (M.) aus kurzer Distanz keine Abwehrchance. Foto: noveski.com

Bis zur 40. Spielminute lief beim SC Victoria fußballerisch so gut wie gar nichts zusammen. Niendorfs Schlussmann Marcel Kindler verlebte bis dato einen überaus ruhigen Donnerstagabend, bekam nicht einen Schuss auf sein Tor. Doch dann folgte die vermeintlich spielentscheidende Szene: Vickys Boock steckte für Choi durch, dieser schien sich den Ball etwas zu weit vorgelegt zu haben und sank im Duell mit Adam Benn zu Boden. Referee Philipp Steiner (GW Harburg), der bis auf die eine strittige Szene eine absolut fehlerfreie und tadellose Leistung ablieferte, zeigte auf den Punkt. Rodrigues schnappte sich das Leder und schoss rechts unten zum 1:1-Ausgleich ein!

Nach nicht einmal 30 Sekunden muss Tobias Grubba die Kirsche aus dem Tornetz holen. Foto: noveski.com

Dass die Hausherren, die nach dem Pokal-Aus über weite Strecken total verunsichert wirkten und zudem ohne Marius Ebbers und Dennis Thiessen antraten, vor mickrigen 99 Zuschauern an der Hoheluft zu jenem Zeitpunkt bereits im Hintertreffen waren, lag an der Schlafmützigkeit in den Anfangsminuten - besser gesagt: An dem völlig verpennten Auftakt. Nicht einmal 30 Sekunden war die Partie alt, als Aydin vom linken Strafraumeck flankte, Rückold am zweiten Pfosten einrückte und clever gegen die Laufrichtung Grubbas ins lange Toreck einnickte (1.)! Ansonsten ist der erste Abschnitt schnell erzählt. Nach einer halben Stunde hätte Niendorf, das auf den zuletzt bärenstarken Simon Windhoff, der im Urlaub weilt, verzichten musste, die Führung eigentlich ausbauen müssen: der häufig viel zu lethargisch wirkende Boock vertändelte im Mittelfeld den Ball. Aydin bediente Fuchs, dessen Schuss Grubba ebenso parieren konnte wie den zweiten Versuch von Klüver. Schließlich hatte auch noch Aydin die Schusschance - geblockt (31.).

Die zweiten 45 Minuten begännen mit einem Doppelwechsel beim SCV. Coach Lutz Göttling konnte nicht zufrieden sein und brachte unter anderem Tarek Abdalla Aus der eigenen U19. Doch zunächst einmal war es erneut Grubba, der sein Team vor Schlimmerem bewahrte, als er Kocadals Kopfball nach einer Rückold-Ecke glänzend aus dem Eck fischte (56.). Bezeichnend für den Auftritt des Gastgebers die 72. Minute: Boock chipte das Spielgerät über die Niendorfer Defensive. Spieler als auch Zuschauer wähnten Choi im Abseits, doch die Fahne blieb zu Recht unten. Der Südkoreaner hatte alle Zeit der Welt, konnte sich das Eck frei aussuchen. Was machte er also? Er zögerte so lange, bis Kindler zwar schon auf dem Hosenboden lag, aber der starke Benn im Vollsprint zurück eilte und mit einem astreinen Tackling klärte. Zehn Minuten vor Ultimo dann das: Rodrigues dribbelte sich in den Sechzehner und passte von rechts nach innen. Jungspund Abdalla rutschte noch vorbei, aber Joker Zschimmer donnerte die Pille aus kurzer Distanz mittig in die Maschen - 2:1 Vicky (80.)! Bis auf einen Versuch des in die Partie gekommenen Tim Schumacher, der mit seinem Schuss den rechten Knick um einen Meter verfehlte (83.), stellten die "Sachsenwegler" die angeknockte Hintermannschaft Victorias vor keinerlei Probleme mehr.

"Man muss die Schiris ihre Entscheidung fällen lassen"

Vickys Marcel Rodrigues (r.) erzielte den zwischenzeitlichen Ausgleich vom Punkt. Foto: noveski.com

"Hier war deutlich mehr drin. Wenn wir die Tore zum richtigen Zeitpunkt schießen, und die Chancen waren da, dann wird's schwer für Vicky", ärgerte sich Chefcoach Ali Farhadi hinterher über die Null-Punkte-Ausbeute. Welch ein Sportsmann er ist, stellte er anschließend unter Beweis. Während selbst Göttling die Berechtigung des Strafstoßes für sein Team anzweifelte, gab Niendorfs Übungsleiter folgendes Statement zu Protokoll: "Schwer zu sehen und schwer zu entscheiden. Ich maße mir überhaupt nicht an, irgendein Urteil zu fällen. Wenn der Schiedsrichter dort ein Foul gesehen hat, dann muss er es pfeifen. Das hat er getan. Ich finde, gerade im Zuge der ganzen Schiedsrichter-Debatten, muss man die Jungs ihre Entscheidung fällen lassen und diese auch akzeptieren. Ich akzeptiere sie absolut. Er hat es so gesehen, gepfiffen und damit ist alles okay." Respekt für diese Aussage unmittelbar nach Spielschluss.

Sein Gegenüber befand: "Ein dreckiger Sieg! Vieles war nicht gut, was wir hier abgeliefert haben. Aber es ist nach so einem Pokal-Aus auch ein denkbar ungünstiger Start, wenn du nach wenigen Sekunden zurück liegst. Dann musst du dich erstmal sortieren. Wir hatten einige personelle Änderungen im Vergleich zum Pokalspiel, eine komplett neue Viererkette auf dem Platz und viele ganz junge Spieler. Man kann nicht immer glänzen und darf auch nicht vergessen, dass Niendorf bis dato auswärts ungeschlagen war. Wenn du langfristig oben dabei bleiben willst, musst du solche Spiele gewinnen. Das haben wir getan."

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