Oberliga

Böses ErWACHTERn für Buchholz: „Der hat mit uns Jo-Jo gespielt“

Osdorfs Stürmer trifft beim 9:5 sechsfach: „Sonst bin ich ja nur der Ein-Tore-Mann“

03.11.2019

Dass Jeremy Wachter weiß, wo das Tor steht, hat er hinlänglich unter Beweis gestellt. In den vergangenen vier Jahren hat der „Goalgetter“ in 126 Liga-Spielen für den TuS Osdorf sagenhafte 93 Tore erzielt. Nur in der Nordheide scheint man von den Qualitäten des 26-Jährigen noch nicht allzu viel gehört zu haben. Anders ist das, was sich am Sonntagnachmittag am Blomkamp abspielte, kaum zu erklären. „Nein, sowas habe ich auch noch nie erlebt“, gestand Wachter im Nachgang, merkte aber gleichzeitig an: „Dabei kennt man es von Osdorf ja nicht anders!“ – und meinte damit das Spektakel, für das die „Blomkampler“, insbesondere vor heimischer Kulisse, stehen.

Ein ganz besonderes Spektakel lieferte Wachter jedoch höchstpersönlich ab. „Das kam schon mal vor“, musste er zunächst grübeln, um sich dann einzugestehen: „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann das genau war.“ Gemeint war damit seine Torausbeute. Denn: Wachter walzte ganz Buchholz nieder und steuerte ein sattes „Sixpack“ (7., 14., 46., 58., 59., 77.) zum 9:5-Kantersieg seiner Elf über die indiskutabel auftretenden Gäste bei. „Sonst bin ich ja nur, mit wenigen Ausnahmen, der Ein-Tore-Mann“, scherzte er anschließend und verriet: „Der Trainer hat uns vor dem Spiel gesagt, dass wir sie brutal anlaufen und damit zu Fehlern zwingen sollen. Das haben wir gemacht.“ Aber: „Die haben auch Fehler gemacht, wenn wir sie nicht angelaufen haben.“ Und so entwickelte sich ein Spiel, mit dem man beim TuS „im Vorfeld nicht gerechnet hätte“, wie Wachter zugab.

Wachter: „Habe meine Schnelligkeit ausgespielt und mal jede Chance eiskalt genutzt“

Nico Kukuk eröffnete den Torreigen (5.), ehe Torben Krause (30.) die sechs Wachter-Tore einrahmte. In der 87. Spielminute markierte Prince Hüttner das zwischenzeitliche 9:4. Die desaströs auftretende Elf von Marinus Bester kam jeweils nur zu Ehrentreffern durch Milaim Buzhala (43., 90. +1, FE), Marc Eisenberg (45.), Dustin Jahn (48.) und Dominik Fornfeist (72.). Trotz seiner sechs Buden und der insgesamt neun erzielten Treffer ärgerte sich Wachter über die fünf Gegentore, die letztlich aber zu verschmerzen waren. Genauso wie die Rote Karte von Bennet Krause, der in der Schlussminute seinen Gegenspieler - mit der deutlichen Führung im Rücken - nicht durchlaufen ließ, sondern mit einer Notbremse einen Strafstoß verursachte, den Buzhala letztlich zum Endstand verwandelte. Doch der Mann des Spiels war Sechsfach-Schütze Jeremy Wachter, der seine „Schnelligkeit ausgespielt und heute mal jede Chance eiskalt genutzt“ habe, wie er konstatierte. Dafür erntete er, wie er berichtete, selbst von Buchholz-Manager Simon Beecken direkt nach der Partie Respektsbekundungen.
Und auch Marinus Bester, früher selbst Stürmer, zog seinen imaginären Hut vor dem Osdorfer Angreifer: „Er war unheimlich viel unterwegs. Ich als Ex-Stürmer hätte mir gewünscht, in meiner Karriere auch mal gegen so eine Abwehr zu spielen.“ Man habe auf Seiten der Nordheider „gewusst, dass Osdorf vorne mit einer Spitze spielt und dass das Wachter ist. Ich habe meinen Jungs in der Pause noch gesagt: 'Es ist egal, wie ihr das macht, ob ihr euch den gegenseitig übergebt – aber einer ist permanent bei ihm! Und ich sage ganz ehrlich: Wenn ich gegen den spiele und der hat schon drei oder vier Tore gemacht, dann macht der anschließend bei mir kein weiteres mehr. Und schon gar keine sechs insgesamt. Wenn man sich unsere Gegentreffer anguckt, dann kommt man schon irgendwann an den Punkt und fragt sich, ob es uns ein stückweit an der Oberliga-Reife fehlt“, konstatierte Bester im Anschluss an die Partie und erklärte: „In der Jugend habe ich das schon mal erlebt, dass Spiele so ausgehen. Aber im Oberliga-Fußball nicht. Man müsste mal nachschauen, ob es sowas überhaupt schon mal in Hamburgs Oberliga gegeben hat.“

Bester: „Dieses Spiel hinterlässt bei mir im Kopf mehr Fragezeichen als Antworten“

Er betrachte, so Bester, die Menge an Gegentreffern „mit Erstaunen, weil wir am vergangenen Donnerstag gegen eine starke Mannschaft wie den SC Victoria in der Defensive wenig zugelassen hatten.“ Gegen Osdorf aber „war das Defensivverhalten nicht oberligareif. Und das ist auch keine Frage des Systems, in dem wir spielen. Beim ersten Tor haben wir keine Zuteilung, beim zweiten zögert unser Torwart zu lange und beim dritten hätten wir mehrfach klären können. Aber wir waren gedanklich meilenweit hinter Osdorf. So liegst du dann nach 15 Minuten eben 0:3 hinten“, befand Bester. Eigentlich, so der Buchholzer Übungsleiter, hätte seine Elf sogar in Führung gehen können, doch Milaim Buzhala vergab das 1:0 ebenso wie später Marc Eisenberg das mögliche 1:1.   
„Dann“, so ließ Bester die Partie Revue passieren, „kommen wir auf 2:4 ran. Aber dass wir noch vor der Halbzeit das 2:5 bekommen, ärgert mich maßlos. Unsere Innenverteidiger sind wieder nicht da, als Wachter mit einem Pass in die Tiefe angespielt wird. Wir hätten das 2:4 – oder wenn wir mit ein bisschen Druck noch das 3:4 machen – in die Pause retten müssen. Dann kriegst du sie vielleicht in der zweiten Halbzeit nochmal.“ So aber blieb genau dies Wunschdenken und das muntere Scheibenschießen ging im zweiten Durchgang weiter. Mit dem Ende, dass „dieses Spiel bei mir mehr Fragezeichen im Kopf hinterlässt als Antworten. Wenn du auswärts fünf Tore schießt, dann solltest du mindestens in der Lage sein, ein Unentschieden zu holen“, wie der Buchholz-Coach sein Statement zum Spiel schließlich schloss.

Wachter-Sechserpack weckt beim Trainer Erinnerungen ans Vorjahr

Philipp Obloch, Übungsleiter der Hausherren, sprach derweil vom „Tag der offenen Tür“ und von „zwei Mannschaften, die vorne besser waren als hinten - und damit meine ich nicht unsere Defensive, sondern das Gesamtwerk“, wie er zu Protokoll gab. Aber: „Hätte mir jemand im Vorfeld ein 9:5 angeboten, hätte ich sofort unterschrieben.“ Auch wenn „einem Trainer fünf Gegentore natürlich nie schmecken“ würden, so Obloch, der zudem kritisch anmerkte, dass man sich in gewissen Phasen trotz klarer Führung „taktisch nicht so diszipliniert verhalten“ hätte und „in Konter gelaufen“ sei. Letzteres wäre auch ein Part des Matchplans gewesen, wie er verriet: „Wir wollten auch mal tiefer stehen, um dann zu kontern.“ Doch dazu kam es kaum. Vor dem Aufeinandertreffen sei „die Hoffnung schon da gewesen, dass das gut passen könnte“, meinte er in Bezug auf den Gegner, und erklärte: „Sie stehen hoch und versuchen auch, Fußball zu spielen - aber noch zu fehlerbehaftet.“ Das nutzte der TuS gnadenlos aus!
Insbesondere Jeremy Wachter, der mit seinem Sechserpackung beim Trainer Erinnerungen an die vergangene Spielzeit weckte. Dort nämlich erlebte Obloch, damals noch in Diensten von Roland Wedel, ein ähnliches Tor-Spektakel von Baris Ayik, der beim 9:1-Kantersieg gegen Germania Schnelsen sogar sieben Mal traf. Allerdings waren sämtliche Tore im Nachgang für die Katz, da Schnelsen abmeldete. „Das wird diesmal nicht passieren“, so Obloch, der Wachter schon nach 78 Minuten vom Platz holte, mit einem Augenzwinkern. Abschließend packte Obloch noch über seine Abendplanung aus: „Ich gucke jetzt den Tatort, um etwas runterzukommen.“ Kein Wunder nach so einem Spiel...
HIER gibt’s die kompletten 90 Minuten noch einmal im Re-LIVE!
Dennis Kormanjos/Jan Knötzsch 

Spielinfos
TuS Osdorf - TSV Buchholz 08
Liga: Oberliga Hamburg
Anstoss: So - 03.11. 15:00 Uhr
Spieltag: 15. Spieltag
Ergebnis: 9 : 5
Schiedsrichter: Martin Pfefferkorn (SC Urania)
Platz / Ort: Blomkamp
Zuschauer: 170
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