Was macht eigentlich..?

Den Profi-Traum auf dem Feld verpasst, aber dann beruflich auf „du und du“ mit „Kloppo“ und Magath

21.07.2020

Es gibt sie immer wieder: Die Momente, wenn man sich an Begegnungen und Begebenheiten aus dem Hamburger Amateurfußball erinnert und sich mit Blick auf die Protagonisten, die derzeit keinen Posten und keinen Club haben, fragt: „Wo ist der eigentlich abgeblieben?“ oder „Erinnerst du dich noch an den?“ Ein Umstand, der nicht nur während der spielfreien Zeit in der Corona-Krise öfter vorkam und vorkommt, und den wir zum Anlass nehmen, unsere Serie „Was macht eigentlich...?“, die schon Bestandteil in unserem früheren, gedruckten FussiFreunde-Magazin, in loser Reihenfolge nun online wieder aufleben zu lassen. Den Anfang macht Thomas Bohlen, der Ex-Trainer des SV Rugenbergen, der vergeblich von einer Karriere als Profi träumte – und am Ende doch im bezahlten Fußball landete. Nur eben auf eine ganz andere Weise... 

Wer als Journalist das Vergnügen hat, mit Thomas Bohlen ein Gespräch zu führen, der muss Zeit mitbringen. Und viel Platz in seinem Notizblock. Logisch, in das Leben eines Mannes von nunmehr 55 Jahren, passt schließlich so manche Geschichte. Und die des Thomas Bohlen ist voll von Zufällen, kuriosen Anekdoten, ein paar Irrungen und Wirrungen – und so manch Unerwartetem. Kein Kunststück, wenn man so viel in der Welt herumgekommen ist, wie der ehemalige Trainer des SV Rugenbergen, der in Hamburg zuvor in der Jugend von Eintracht Norderstedt und als Co-Trainer von „Femi“ Smith beim USC Paloma tätig war. 
„Ich wollte immer Profi werden“, erzählt Bohlen von seiner aktiven Karriere, die ihn unter anderem in die Jugend von Hannover 96 führte. Doch wie bei so vielen wurde aus dem großen Traum nichts. Zumindest nicht auf dem grünen Rasenviereck. Denn eine Verbindung zum bezahlten Fußball, das wissen in der Hansestadt nicht unbedingt die meisten, hat Bohlen dennoch: Der 55-Jährige war jahrelang als Sportfotograf im Einsatz – bei den Profis: „Ich bin in Hessen, wo ich herkomme, im Kleineren im Lokal- und Sportjournalismus tätig gewesen. Erst habe ich geschrieben und fotografiert, beim Fotografieren bin ich dann hängengeblieben“, erinnert er sich an die ersten Schritte. 

Fußballerisch selbst in der Jugend von Hannover 96 aktiv

Bei diesen kam irgendwann dann einer dieser Zufälle ins Spiel, die schon mal ein ganzes Leben ändern oder auf den Kopf stellen können. „Die Frankfurter Rundschau brauchte damals für einen Termin einen Fotografen, weil deren Leute nicht konnten“, erinnert sich Bohlen. Er sprang seinerzeit ein, wurde anschließend öfter engagiert – und schnell wurden auch andere Auftraggeber wie die BILD, die Frankfurter Neue Presse, die Frankfurter Allgemein Zeitung und Online-Agenturen auf ihn aufmerksam, was letztlich dazu führte, dass Bohlen für „Branchen-Riesen“ wie „Reuters“ und „Bongarts“ (heute „Getty Images“) fotografierte. „Ich habe bei einem Länderspiel in Kaiserslautern ein exklusives Bild gehabt, als dem Keeper der Deutschen Nationalmannschaft damals der Ball durch die Hosenträger gerutscht ist. Ab da wurde man mehr und mehr auf mich aufmerksam“, erinnert sich der 55-Jährige, der den Job als Fotograf „immer nur nebenberuflich neben meiner Tätigkeit in der IT-Branche ausgeübt hat.“ Fortan also war Bohlen drin im Business. „Ich glaube, ich haben so zehn bis 15 DFB-Pokal-Endspiele in Berlin forografiert. Dazu Formel 1, Boxen mit den Klitschkos, jede Menge Bundesliga- und Champions-League-Partien sowie Länderspiele. Bei der WM 2006 habe ich die Deutsche Mannschaft von der Vorbereitung bis zum Spiel um Platz drei begleitet“, erinnert er sich und hat natürlich auch die eine oder andere kuriose Geschichte parat, die ihm im Laufe der Jahre widerfahren ist.

Mit der Kamera von DFB-Pokal-Endspielen über Formel 1 bis hin zur WM 2006 dabei

Da wäre zum einen die Anekdote, als Rudi Völler 2003 im Interview mit ARD-Journalist Waldemar Hartmann nach einem Länderspiel in Island verbal ausrastete. „Auf einmal kam da Hektik auf, alle wollten oder mussten plötzlich zur anschließenden Pressekonferenz, weil die Redaktionen Bilder von Völler wollten“, blickt Bohlen zurück und erzählt von Begegnungen mit Jürgen Klopp oder Felix Magath. „Mit Magath hab' ich mir mal sowas wie ein Wettrennen auf den Treppen in Gelsenkirchen von der Pressekonferenz nach unten zu den Kabinen geliefert“, lacht der Ex-Rugenbergen-Coach, „Felix hat gewonnen. So richtig wahrgenommen hat er mich dann, als ich auf Sylt mal der einzige Forograf war, der wusste, wo er und seine Truppe im Trainingslager zum Waldlauf auftauchen würden und da zwischen den Bäumen gestanden und gewartet habe...“ Und Klopp? „Weil ich in Mainz gewohnt habe, habe ich viel beim FSV Mainz 05 fotografiert. So oft, wie wir uns da über den Weg gelaufen sind, kannte man sich bald natürlich flüchtig. Irgendwann fing er dann seine Experten-Rolle beim ZDF an, wo ich den Trailer-Dreh dafür fotografisch begleitet hab. Er hat mich danach dann immer persönlich begrüßt. Er war damals schon ein sympathischer Kerl, ein echter Menschenfänger“, sagt Bohlen, der „Kloppo“ aber schon länger kennt: „Ich hab' ihn schon abgelichtet, da war er sogar noch Spieler.“ Auch Größen wie Joachim Löw, Michael Ballack oder Michael Skibbe begegnete er in seiner Fotografen-Laufbahn. 
Auf der zweiten Seite spricht Bohlen über das Ende seiner Fotografen-Tätigkeit, den Start in den Trainerjob in Hamburg, wie er sich als Coach ohne Aufgabe auf dem Laufenden hält, seine Entlassung beim SV Rugenbergen und Pläne für die Zukunft.

2012 ist als Fotograf Schluss – Trainerstellen bei Paloma und Norderstedt:

Die aber endete 2012 so abrupt, wie sie eigentlich begonnen hatte. Er begleitete die Nationalelf in Danzig bei der EM. „Danach habe ich für mich dann irgendwann festgestellt: Das ist nicht mehr meine Welt! Ich hatte zu diesem Zeitpunkt alles fotografiert, was ich wollte. Vom Sport über Lokales bis hin zur Politik, wo ich selbst Angela Merkel vor der Kamera hatte“, schweift Bohlen zurück, „im Jahr 2013 habe ich dann in Hamburg bei Paloma angefangen.“ Erst als Trainer in der C-Jugend („Wir sind Meister und Hallenmeister geworden“), später als „Co“ in der Oberliga. Danach landete er bei Eintracht Norderstedt. Als Assistent von Dirk Heyne in der A-Jugend und „als Dirk die Regionalliga-Truppe übernommen hat, wurde ich A-Jugendtrainer.“ Es folgte das Engagement beim SV Rugenbergen als „Chef“, das mit einer Entlassung endete. „Die Trennung war damals völlig überraschend. Wir haben relativ vernünftig Fußball gespielt, nur die Punkte haben am Ende gefehlt. Man darf aber auch nicht vergessen, dass uns lange Zeit immer vier bis sechs Stammspieler gefehlt haben und ich ohne Co-Trainer alles allein gemacht habe“, konstatiert Bohlen und ergänzt: „Ich will nicht sagen, dass ich alles richtig gemacht habe. Jeder Trainer macht mal was falsch. Für mich war es trotzdem schade, dass ich meiner Leidenschaft dann nicht mehr nachgehen durfte.“

Trotz der Entlassung in Rugenbergen: „„Ich hab' auf den Trainerjob nach wie vor Bock“

Daran hat sich bislang nicht viel verändert. Seitdem hat Bohlen keinen neuen Verein mehr übernommen. Und das, wo er sich doch „immer noch intensiv“ mit dem Hamburger Amateurfußball beschäftigt, wie er verrät: „Die einzelnen Ligen interessieren mich natürlich immer noch, ich informiere mich umfassend. Wegen der Corona-Pause konnte man leider zuletzt ja keine Spiele mehr beobachten.“ Also wählte Bohlen zuletzt andere Methoden, um „up to date“ zu bleiben: den Fußball-Online-Kongress, um genau zu sein. Eine Veranstaltung mit verschiedenen Referenten, die man daheim am Computer bei ihren Vorträgen verfolgen konnte. Besonders beeindruckt war Bohlen dabei von Oliver Zapel, dem früheren Barsbüttel-Coach, der später unter anderem den SV Eichede, Werder Bremen II, Fortuna Köln und Drittligist SG Sonnenhof Großaspach coachte: „Das war ein richtig guter Vortrag darüber, was einen als Trainer erwartet, worauf man achten soll, dass man immer an seinen Zielen festhält, auch wenn mal Niederlagen kommen und darber reflektiert, was man besser machen kann“, erzählt Bohlen euphorisch und man merkt, dass ihn das Trainerdasein trotz Pause immer noch reizt: „Ich hab' da nach wie vor Bock drauf. Ich würde als Trainer Verantwortung übernehmen, kann mir aber auch eine Position als Co-Trainer vorstellen. Auch den Bereich Scouting oder Analyse finde ich spannend.“ Wer weiß: Vielleicht kommt ja bald wieder so ein Zufall, der etwas ändert. So wie damals als Fotograf in Frankfurt...