LOTTO-Pokal

Der SC Hansa 11 beendet das Pokal-Märchen des FC Hamburger Berg – und schreibt selbst Geschichte!

10.04.2022

Das Pokal-Märchen des David gegen den Goliath sollte in die Verlängerung gehen. Der FC Hamburger Berg wollte das nächste Sensations-Kapitel einläuten - diesmal gegen den SC Hansa 11 (alle Highlights im LIVE-Ticker). Der Landesligist ging als haushoher Favorit in die Partie. Doch daraus machte sich der Kreisklassist schon in den Runden zuvor nichts. Die Kruspe-Kicker hatten ein Ziel: Den Einzug unter die besten vier Mannschaften in ganz Hamburg!

Der Grandacker an der Wichmannstraße hatte gerade einmal 15 Sekunden in den Knochen, als der langjährige Profi Morike Sako mit seinem Kopfball den durchstartenden Rashid Faisal perfekt in Szene setzte. Freistehend scheiterte der quirlige Angreifer am linken Innenpfosten. Aber: In der Folgesituation verursachte Deniz Fidan mit einem sehr plumpen Einsteigen gegen Ebrima Touray einen Strafstoß. Was für ein Auftakt! Najimu Mohammed ließ Dustin Reddig keine Abwehrchance und den David von der nächsten Sensation träumen (3.)! Die Sancak-Schützlinge brauchten ein wenig, um sich von dem Schock zu erholen, an die Gegebenheiten zu gewöhnen und mit der harten Gangart des Außenseiters zurechtzukommen.

Landesligist dreht Spiel binnen 240 Sekunden

In der 26. Spielminute schrie Rogerio Almeida Ferreira seine Freude und vermutlich auch die Erleichterung lautstark heraus, als er nach einer perfekten Hereingabe von Andy Asare-Kumi Poku zwei Gegenspieler aussteigen ließ und trocken vollstreckte - 1:1! Und nur wenige Augenblicke später fand der zuvor bei zwei Freistöße sehr unglücklich abschließende Semir Demirovic mit seinem 25-Meter-Strahl den Weg ins rechte Toreck (30.). Berg-Keeper Patrick Antwi konnte den Aufsetzer nicht mehr entschärfen - Spiel gedreht! Sollte der Favorit seiner Rolle nun etwa gerecht werden und das Märchen des Kreisklassisten ausgeträumt sein?

Quirliger Faisal verpasst Ausgleich

Der Hamburger Berg zeigte sich zunächst unbeeindruckt, stellte die sehr hoch stehende und zum Teil überaus löchrige Hintermannschaft der Feldstraßen-Mannen immer wieder vor Probleme. Vor allem ein Akteur: Rashid Faisal. Gleich zweimal hätte er den Ausgleich erzielen können, wenn nicht gar müssen, schloss aber freistehend zu überhastet und schwach ab (33., 38.). Obwohl alles drin und der Rückstand nur knapp war, zeigte sich Sako beim Gang in und wieder aus der Kabine heraus unzufrieden mit dem zu großen Respekt seiner Teamkameraden. Und sein Unmut legte sich nicht. Der bereits im ersten Abschnitt akut Gelb-Rot-gefährdete Karim Mohammed rauscht erneut völlig übermotiviert und ohne jeden Grund in seinen Gegenspieler rein. Die Ampelkarte war die einzig logische Folge (51.)!

In Unterzahl: Der Kreisklassist gibt nicht auf

In Unterzahl und in Rückstand stand dem Hamburger Berg nun natürlich eine wahre Herkulesaufgabe bevor. Eine schier unlösbare Aufgabe. Und Hansa 11 führte nur kurze Zeit später eine Vorentscheidung herbei, als Shawn Kuhnert einen Angriff über Almeida Ferreira, Hasan Karaca und Asare-Kumi Poku zum 3:1 abschloss (58.)! Aber war es das wirklich? Oder sollten die Löwenherzen aus der Neunten Liga tatsächlich nicht einmal zurückschlagen? Letzteres war der Fall! Der zuvor oft unglücklich wirkende Faisal krönte ein starkes Solo und stellte aus dem Nichts den Anschluss wieder her, weil die Gäste unglaublich fahrlässig agierten (71.)! Fahrlässig ließ Demirovic auch das vierte Tor liegen, als er nach einem Foul von Ezequiel Rubilar an Karaca den folgenden Strafstoß an den Pfosten setzte (78.).

Hansa erstickt Hamburger Berg-Hoffnungen im Keime

Keine 120 Sekunden später hob eben jener Demirovic ein Karaca-Zuspiel über Antwi hinweg, ermöglichte Almeida Ferreira nun in der Tat die Entscheidung und machte seinen Fehlschuss wieder gut (80.). Dann servierte Dele Botchway mit einem verunglückten Kopfball seinem Teamkollegen Asare-Kumi Poku den fünften Streich auf dem Silbertablett (83.). Schluss! Ein abermals aufopferungsvoll kämpfender FC Hamburger Berg warf wieder alles in die Waagschale, das nächste Wunder blieb dieses Mal jedoch aus. Dennoch kann die Equipe von Gerd Kruspe mehr als nur erhobenen Hauptes auf eine erfolgreiche, historische und geschichtsträchtige Pokal-Saison zurückblicken. Chapeau!
Womit Ex- St. Pauli-Profi Morike Sako haderte, wen sich Hansa-Coach Erkan Sancak im Halbfinale wünscht und welch besondere Ankündigung Hamburger Berg-Trainer Gerd Kruspe nach dem Spiel machte, erfahrt Ihr auf der zweiten Seite in den Stimmen --->>>

Die Stimmen zum Pokal-Viertelfinale

Morike Sako (Ex-Profi des FC Hamburger Berg): „Wir sind mehr oder weniger durch Zufall in Führung gegangen. Aber danach haben wir unser Spiel nicht mehr gespielt, sondern nur lange Bälle nach vorne geschlagen - und der Gegner hat uns auch gut unter Druck gesetzt. Heute hat man ganz klar den Klassenunterschied gesehen. Schade, weil nach der Führung was drin war. Und im Pokal ist sowieso alles möglich. Aber wir haben zu früh den Faden verloren, hatten zu großen Respekt und haben gezittert, wenn wir den Ball in die Füße bekommen haben. Das war unnötig und auch ungewohnt. Keine Frage, die sind viel besser. Aber trotzdem war heute für uns viel mehr drin. Der Ramadan soll keine Ausrede sein, dass die Kraft gefehlt hat. Trotzdem ist es überragend, was wir geleistet haben. Ich bin extrem stolz auf die Jungs – und wir können auch extrem stolz auf das sein, was wir geleistet haben. Auch wenn wir heute eine Klatsche bekommen haben. Das war ein super Abenteuer mit den Jungs. Und jetzt greifen wir in der nächsten Pokal-Saison wieder an! Aber wir haben auch in der Liga noch das Ziel, aufzusteigen.“

… zu seiner Verbindung zu Hansa 11-Coach Erkan Sancak: „Wir kennen uns schon länger durch den Amateurfußball und gemeinsame Freunde. Vor dem Viertelfinalspiel haben wir uns zufällig auf dem Kiez getroffen. Da hat er mir gesagt, dass wir Harburg weghauen sollen, damit wir gegeneinander spielen.“

Erkan Sancak (Trainer SC Hansa 11): „Es war von vornherein klar, dass das ein sehr schwieriges Spiel wird. Wir wussten, dass wir mehr Ballbesitz haben werden, haben aber sehr lange nicht mehr auf einem Grandplatz gespielt. Wir wollten eigentlich noch auf Grand trainieren im Vorfeld, leider haben wir da nichts mehr terminiert gekriegt. Von daher war es ein sehr hartes Stück Arbeit. Insbesondere nach dem Beginn. Als wir schon nach gefühlt zehn Sekunden den Pfostenschuss zugelassen haben und nach 31 Sekunden der Elfmeterpfiff kam, dachte ich mir nur: ‚Wow, so kann man einen Gegner auch richtig stark machen.‘ Aber wir haben uns dann gut reingekämpft und das Spiel eigentlich auch durchgehend dominiert. Da wir aber sehr hoch standen, haben die lange Bälle in die Spitze gespielt. Und der kleine Mann (Rashid Faisal, Anm. d. Red.) da vorne war auch sehr schnell und flink. Er hat unseren Innenverteidigern das Leben sehr schwer gemacht.“

… zur offensiven Spielweise: „Es war zwar riskant, wie wir gespielt haben, aber unser Plan war es, die Angriffe so schnell zu unterbinden und die Spieler zuzustellen, dass die keine kontrollierten Bälle in die Spitze spielen können. Wir standen aber nicht so gut. Wir wollten nicht den Fehler machen, den der HSC in der Runde zuvor gemacht hat: Nämlich das Spiel einfach so mitzuspielen und kein Tempo reinzubringen, sondern wir wollten durchgehend weitermachen.“

… zum Gegner-Wunsch fürs Halbfinale: „Jetzt ist eigentlich egal, wer kommt – Hauptsache ein Regionalligist. Ich gehe davon aus, dass die sich alle durchsetzen werden und dann kommt einer zu uns auf den kleinen Platz. Wir werden da auch wieder mutig spielen, denn wir haben ja nichts mehr zu verlieren. Wir sind im Halbfinale und haben damit Vereinsgeschichte geschrieben. Alles andere ist jetzt ein Bonus.“

… zum Traum vom Finaleinzug zu seinem Abschied als Hansa-Trainer: „Natürlich könnte man sich nicht mehr wünschen und sich auch nicht besser verabschieden, als mit einem Finaleinzug. Das wäre auch für mich in meiner noch jungen Trainerkarriere ein großer Erfolg.“

Gerd Kruspe (Trainer FC Hamburger Berg): „Die Mannschaft war heute teilweise von der spielerischen Linie nicht richtig dabei. Man hat es früh gemerkt, dass der Ramadan den Spielern schon an Kraft gekostet hat. Das soll aber keine Entschuldigung oder Ausrede sein. Wir hatten ja auch in der ersten Halbzeit zwei, drei hochkarätige Chancen. Wenn man diese nicht nutzt, wird man dafür bestraft. Das hätte den Gegner auch getroffen. Aber man muss neidlos anerkennen, dass der Gegner nachher stärker war und uns dann an die Wand gespielt hat. Und dann auch noch mit nur zehn Mann, wodurch natürlich ein bisschen Unruhe reinkam. Aber was soll‘s? Die Jungs haben den Zug bis zum Viertelfinale nach vorne gefahren. Natürlich ist man jetzt ein bisschen traurig, aber die Jungs haben versucht, alles zu geben. Und darauf können wir stolz sein. Auch heute sind wir wieder mit zehn Mann zurückgekommen und nochmal volles Risiko gegangen.“

… zur Gelb-Roten Karte kurz nach der Pause gegen einen stark vorbelasteten Akteur: „Eigentlich wollten wir in der Halbzeit wechseln, haben uns dann aber gesagt, dass wir ihn noch zehn, 15 Minuten drauflassen und den Wechsel dann vollziehen wollen. Im Nachhinein waren diese 15 Minuten zu viel und wir hätten reagieren müssen.“

… zur generellen Pokal-Saison und seiner Zukunft: „Wir haben gekämpft, aber das ist am Ende nach hinten losgegangen. Dennoch haben die Jungs in dieser Saison viel geleistet und einige Vereine in Hamburg wissen jetzt, wer der Hamburger Berg ist! Und für mich war es das letzte Spiel als Trainer an der Seitenlinie. Aus privaten und gesundheitlichen Gründen höre ich auf. Eigentlich wollte ich schon vorher aufhören, habe unserem Vorsitzenden Ralph Hoffmann aber gesagt, dass ich das noch mache, so lange wir noch im Pokal dabei sind. Nun ist aber auch Schluss!“

Spielinfos
FC Hamburger Berg - SC Hansa 11
Liga: LOTTO-Pokal
Anstoss: So - 10.04. 15:00 Uhr
Spieltag: 6. Spieltag
Ergebnis: 2 : 5
Schiedsrichter: Björn Struckmann (FC St. Pauli)
Platz / Ort: Wichmannstraße/Grand
Zuschauer: 90
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