„Double-Träume“ bei „Welle II“ – „Wiederaufstieg bleibt das Hauptziel!“

Hamburgs erfolgreichstes Team im Porträt

18.01.2016

18 Spiele, 18 Siege und sagenhafte 122 Tore: Der TSC Wellingsbüttel II ist das erfolgreichste Team Hamburgs und hat sämtliche Rekorde inne! Die meisten erzielten Tore, die beste Torquote, den treffsichersten Akteur und gemeinsam mit lediglich vier weiteren Teams noch ohne jeden Verlustpunkt. Grund genug, um sich mal nach den Erfolgsgeheimnissen der Mannen vom Pfeilshof zu widmen.

Nicht nur die Liga-Mannschaft des TSC Wellingsbüttel sorgt für Furore und führt das Tableau der Kreisliga 5 mit zehn Punkten Vorsprung auf den extrem ambitionierten FC Winterhude an. Nein. Im Schatten der Cirkovic-Schützlinge spielte die Zweitvertretung in der Kreisklasse 3 eine absolut bombastische Hinrunde! Und das, obwohl das Team um „Galionsfigur“ Bennet Hinz einen sportlichen Schlag in die Magengrube zu verkraften hatte: Den Abstieg aus der Kreisliga. „Das Niveau für diese Liga war meines Erachtens absolut da. Eigentlich hätte man einen Mittelfeldplatz erreichen müssen – aber durch verschiedenste Faktoren kam es leider nicht dazu. Als unser langjähriger Ligaspieler Bennet Hinz das Amt übernommen hat kamen drei, vier starke Neuzugänge hinzu – und in der Vorbereitung hat sich schon ein Stück weit abgezeichnet, was mit dieser Mannschaft möglich ist. Wir haben diverse Kreisligisten deutlich geschlagen, im Pokal den Bezirksliga-Absteiger Bramfeld II 9:1 besiegt“, verrät uns Christopher Darracott, der eigentlich selbst noch aktiv für die Liga-Mannschaft spielt, aufgrund eines Kreuzbandrisses allerdings pausiert und deshalb seit Sommer als Co-Trainer unter Hinz für die Reserve des TSC zuständig ist. „Ich bin mehr oder weniger eine Notlösung“, sagt er mit einem leichten Schmunzeln. Der Kreisliga-Abstieg ging jedoch weder an ihm noch am Verein spurlos vorbei. „Ich hatte immer eine sehr enge Bindung zum Team, habe deshalb natürlich auch viele Dinge in der letzten Saison mitbekommen. Es lief nicht alles optimal mit dem ehemaligen Trainer, einige verletzte Leistungsträger kamen hinzu und dann spielt man sich schnell mal in so einen Sumpf – aus dem man nur schwer wieder raus kommt. Als Bennet Hinz für die letzten acht Spiele übernommen hat, wurden sechs gewonnen und eines Unentschieden gespielt. Leider hat es schlussendlich nicht mehr zum Klassenerhalt gereicht. Aber da war schon zu sehen, über welch ein Potenzial die Mannschaft eigentlich verfügt.“Aus diesem Grund sei der Abstieg nicht nur für ihn eine „Überraschung“ gewesen.

Vom Linksverteidiger zum Torgaranten

Also machte man sich in der Sommerpause auf, um der Mannschaft auf einigen Positionen ein neues, wenngleich aber auch „einheimisches“ Gesicht zu verpassen. „Eine große Frage war, wie wir unsere A-Jugend, die in der Landesliga auf hohem Niveau gespielt hat, auf beide Mannschaften verteilen“, so Darracott. „Die Zusammenarbeit zwischen Erster und Zweiter läuft wirklich super. Das Problem bei der Liga war nur, dass zehn Spieler den Verein verlassen haben und durch meine Verletzung ein elfter Abgang hinzu kam.“ Nichtsdestotrotz erwiesen sich die „Neuen“ bei „Welle II“ als absolute Glücksgriffe. Da wäre vor allem Goalgetter Adrian Kortmann – der als Kapitän der eigenen A-Landesliga hochgezogen wurde – zu nennen: In 14 Einsätzen erzielte dieser nämlich sage und schreibe 33 Buden! Eine Ausbeute, an die vor der Saison nicht zu denken war. „Adrian war in der A-Jugend eigentlich Linksverteidiger. Da wir uns in der Vorbereitung aber dazu entschieden haben mit einer Dreierkette zu spielen, wollten wir ihn nicht versauern lassen und haben ihn erst auf die Acht, dann auf die Zehn gestellt – bis er sich dazu entschieden hat, am laufenden Band Tore zu schießen“, scherzt Darracott. Neben Kortmann wusste insbesondere auch Dustin Endlich, der mal bei Berne kickte und auf 20 Saisontore kommt, zu überzeugen. „Die Neuzugänge haben voll eingeschlagen“, weiß auch Darracott zu berichten.

Dass man jedoch eine solch fulminante Serie hinlegen würde, war in dieser Form sicherlich nicht zu erwarten. „Im ersten Ligaspiel gegen DuWo II führt man nach einer Stunde 9:1, als der Gegner entnervt vom Platz marschiert. Wir sind in einen richtigen Lauf gekommen. Es gab aber auch knappe Spiele – gegen Bergstedt II zum Beispiel, als wir auswärts auf Grand 2:1 gewonnen haben. Aber ansonsten haben wir unsere Partien nicht nur fußballerisch, sondern auch läuferisch sehr klar dominiert.“ Im Nachhinein scheint der Abstieg nicht einmal zur unrechten Zeit gekommen zu sein. „Die Mannschaft lebt ein Stück weit von Bennet Hinz. Er ist derjenige, der die Zweite Herren damals gegründet hat. Bennet lebt die Mannschaft und die Mannschaft lebt ihn. Als er zurückkam, herrschte gleich eine gewisse Aufbruchsstimmung. Vielleicht hat es uns tatsächlich gut getan, aber es war einfach unfassbar unnötig! Man kann jetzt nicht sagen, es war eine verlorene Saison – aber in der aktuellen Punktspielrunde ist es nicht das Niveau, wo man sich selbst gerne sehen würde. In der Kreisliga würde man nahezu jede Woche gegen eine Top-Mannschaft ran müssen und nicht in jedes Spiel gehen und hoffen, dass man zweistellig gewinnt.“ Die Hinz-Truppe sorgt aber nicht nur in der Liga für großes Aufsehen, denn „Welle II“ ist auch im Holsten-Pokal noch vertreten und freut sich im Viertelfinale auf ein richtiges Derby. „Am 6. Februar geht es ausgerechnet gegen unseren Erzrivalen Sasel II. Das ist ein absolutes Traumlos für uns – und jeder ist bereits jetzt total heiß und hochmotiviert. Als das Los bekannt wurde, stand unsere ‚Whatsapp-Gruppe‘ nicht mehr still.“

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„Waren als Trainer nicht damit zufrieden, wie wir gespielt haben“

Am Pfeilshof hat man sogar noch das „Double“ vor Augen und so kann Wellingsbüttels „Zwote“ zum FC Bayern der Kreisklasse mutieren. „Ja klar, warum denn nicht?!“, hat man den Traum von Aufstieg und Pokalsieg nach wie vor im Sinn. „Es wäre ja schön blöd, wenn wir so weit kommen und dann sagen: Jetzt setzen wir mal die B-Elf ein oder legen die Priorität auf einen Wettbewerb. Der Holsten-Pokal ist eine schöne Geschichte – auch wenn er leider jedes Jahr aufs Neue ein Stück weit unter geht“, findet Darracott. Der Druck soll allerdings auch nicht zu groß werden – deshalb bremst Hinz‘ rechte Hand auch ein wenig die Erwartungshaltung. „Vom Trainerteam aus ist das Ziel in jedem Fall der Aufstieg – und natürlich besteht der Wunsch, dies möglich ungeschlagen zu schaffen. Die Spieler setzen sich aber ihre eigenen Ziele. Eines war unter anderem, dass wir am Saisonende möglichst eine einstellige Gegentoranzahl aufweisen können. Das ist nun nicht mehr möglich. Dennoch geht es darum, sich immer wieder neue Zwischenziele zu setzen. Im Pokal haben wir uns beispielsweise gesagt: Einfach so weit kommen wie möglich. Die höherklassigen Klubs kegeln sich ja alle gegenseitig raus. Bis dato läuft es für uns natürlich wie geschmiert. Das Hauptziel bleibt aber der Wiederaufstieg – alles andere wäre ein Bonus.“ Die typischen Floskeln wie „Von Spiel zu Spiel schauen“ oder „Jede Begegnung mit voller Motivation anzugehen“ dürfen da natürlich auch nicht fehlen. Wobei letzteres gar nicht so einfach zu sein scheint. „Für uns als Trainerteam ist das die größte Herausforderung, die Motivation in jedem Spiel hochzuhalten. Am Anfang lief das noch alles fast wie von allein, aber als man so langsam gemerkt hat, dass man die Spiele allesamt irgendwie mit links gewinnt, ist es zum Ende der Hinserie schon ein wenig abgeflacht. Wir haben unsere Spiele zum Teil zwar immer noch hoch gewonnen, aber wir als Trainer waren eigentlich nie damit zufrieden, wie wir Fußball gespielt haben. Es geht nicht nur ums Ergebnis, sondern eben vor allem darum, wie man sich fußballerisch entwickelt. Und da war es phasenweise schon schwierig, wenn man nach 50 oder 60 Minuten 5:0 führt, weiter 110 Prozent zu geben, sich zu zeigen und den Willen zu haben, sich weiterzuentwickeln. Das zieht sich dann auch bis zum Training durch, dass Leute mal denken: Ich muss nicht kommen, ich spiele ja sowieso und mache meine Tore“, erklärt der 27-jährige Deutsch-Engländer.

„Adrian hätte schon doppelt so viele Tore machen können“

Nicht zu diesem Kaliber gehört wohl Adrian Kortmann, dessen „Tor-Geilheit“ nur durch eine Verletzung gebremst wurde. „Ende November hat er sich das Außenband angerissen und konnte seitdem nicht mehr spielen. Wir hoffen, dass er Anfang Februar zum Pokalspiel gegen Sasel II wieder fit ist. Allerdings müssen wir auch aufpassen, dass er nicht ‚überpaced‘.“ Doch wie kam es überhaupt dazu, dass Kortmann sich nicht etwa der Liga-Mannschaft, sondern der gerade in die Kreisklasse abgestiegenen Reserve-Elf des TSC anschloss? „Adrian war natürlich absoluter Leistungsträger der A-Jugend, dort auch Kapitän. Da er in der letzten Saison schon ein-, zweimal in der Zweiten zum Einsatz kam und sein bester Freund dort spielt, hat er die Entscheidung für sich getroffen – gar nicht aus sportlichen, sondern vielmehr aus privaten Gründen.“ Seine Stärken: „Er ist knappe 1,90 Meter groß und 1,40 Meter breit – aber ein Athlet durch und durch und unfassbar stark am Ball. Adrian hat ein ungeheures Durchsetzungsvermögen, kann mit links wie mit rechts, haut die Bälle in den Winkel und vernascht seine Gegenspieler. Er ist eigentlich überall einsetzbar. Vor allem sein Wille ist der absolute Wahnsinn und er ist immer mit einem Grinsen dabei. Allerdings hätte er auch schon doppelt so viele Tore auf seinem Konto haben können“, witzelt Darracott. Angst vor einem möglichen Abgang des „Eigengewächses“ hat man beim TSV nicht. „Das Schöne an Wellingsbüttel ist, dass sehr, sehr wenige Spieler den Verein verlassen. Der letzte Sommer war eine Ausnahme – einfach auf Grund dessen, dass der Wiederaufstieg in die Bezirksliga verpasst wurde. Viele spielen schon seit der Jugend im Verein, sind mit diesem sehr verbunden. Natürlich gibt es immer mal wieder Anfragen, aber große Bedenken gibt es nicht.“ Stattdessen möchte man mit Kortmann eine neue erfolgreiche Zeit prägen. „Die Spieler sind größtenteils alle noch jung und haben einfach Bock auf Fussi!“