„Magisches Dreieck“ versüßt Richter-Abschied!

Süderelbe wie befreit gegen entnervtes Rugenbergen

02.04.2016

Wie würde die Mannschaft des FC Süderelbe auf den Richter-Schock reagieren? Eine Frage, die sich mit Sicherheit einige Beobachter stellten, nachdem der Verein am späten Donnerstagabend um 22:32 Uhr die Pressemitteilung verschickte, dass Erfolgscoach Jean-Pierre-Richter dem Kiesbarg nach sieben übermäßig erfolgreichen Jahren den Rücken kehren wird. Was der eine oder andere Kenner für einen verfrühten Aprilscherz hielt, ist jedoch bittere Gewissheit, wie Richter nach den 90 Minuten gegen den SV Rugenbergen bestätigte. Die Antwort auf die erste Frage hatte der 28-Jährige aber auch gleich parat: „Wir haben das erste Mal seit einigen Wochen wieder den Fußball gespielt, der uns so auszeichnet und das abgerufen, was uns in dieser Saison zu Hause so stark macht!“

Süderelbe begann sehr druckvoll, temporeich und dynamisch – von einer gewissen Lähmung angesichts des Trainer-Abschiedes war rein gar nichts zu merken. Im Gegenteil. Nach einigen guten Möglichkeiten in der Anfangsphase, wo häufig nur der letzte Pass oder der letzte Schritt fehlte, hatte Yannick Petzschke den ersten „Riesen“ auf dem Schlappen, als er nach einem Eckball von Dennis Bergmann und anschließender Kopfballverlängerung des überragenden Klaas Kohpeiß völlig freistehend aus kürzester Entfernung am auf der Torlinie rettenden Patrick Hoppe scheiterte (20.). Kurz darauf fiel sie dann aber doch, die überfällige Führung: Kohpeiß bediente aus dem Zentrum Ernesto Keisef auf rechts, der ohne große Umschweife quer passte und Tolga Tüter das 1:0 ermöglichte (22.)! Im sicheren Gefühl, Spiel und Gegner vollauf im Griff zu haben, kamen die Gäste aus Bönningstedt wenig später zu ihrer ersten Großchance – man kann schon fast von einer „Tausendprozentigen“ sprechen, als Broder Hansen nach Kopfballablage von Sebastian Munzel urplötzlich völlig blank stand. Allerdings bekam der Innenverteidiger den Ball weder im ersten Versuch an Jungspund Justin Petzschke – der den rotgesperrten Dennis Lohmann zwischen den Pfosten des FCS ersetzte – vorbei, noch im Nachsetzen, als Petzschke bereits geschlagen war, aber der Defensivakteur das Leder aus zwei Metern über das verwaiste Gehäuse bugsierte (24.).

„Sind nur hinterher gelaufen“

Rugenbergen fand so langsam besser ins Spiel, wurde etwas griffiger und kam zum Ausgleich, der zu jenem Zeitpunkt nichtsdestotrotz äußerst glücklich zustande kam: ein lang getretener Freistoß aus dem Mittelkreis landete bei Patrick Hoppe, der all seinen Mut zusammennahm und volles Risiko ging. Dieses Vorhaben wurde belohnt: aus 14 Metern halblinker Position zimmerte er die Pille links unters Gebälk und ließ einen verdutzt dreinblickenden und nicht einmal reagierenden Petzschke zurück – 1:1 (29.)! Der Spielstand war zu jenem Zeitpunkt sehr schmeichelhaft aus SVR-Sicht – und das dieser auch zur Pause bestand hatte, lag daran, dass Felix Schuhmann nach einem Richter-Freistoß per Kopf die Latte zum Erschüttern brachte (36.) und Referee Dennis Voß (TuS Dassendorf) den Neugrabenern mit dem Pausenpfiff einen Elfmeter verwehrte, als Richter von Dennis von Bastian auf die Bretter geschickt wurde (44.). „Im Grunde genommen sind wir in der ersten Halbzeit nur hinterher gelaufen – im zweiten Durchgang haben wir es taktisch besser gemacht, aber es fehlt ganz einfach der letzte Stich nach vorne. Das, was uns 15 Spiele lang ausgezeichnet hat, dass wir effektiv nach vorne spielen, unsere Abschlüsse suchen oder überhaupt mal in die Box reinkommen, kriegen wir momentan nicht hin“, gestand Rugenbergens Kapitän Jan Melich sehr selbstkritisch nach der Begegnung.

„Magisches Dreieck“ zaubert am Kiesbarg

Mit seiner Einschätzung hatte der „Capitano“ absolut Recht. Rugenbergen stellte zu Beginn des zweiten Abschnitts um und war fortan ebenbürtig. Nachdem Schuhmann erneut per Kopf an Waldmann hängen blieb (47.), verpasste von Bastian auf der Gegenseite eine Haase-Flanke nur knapp (53.). Der Gast war griffiger, brachte sich mit individuellen Fehlern jedoch arg ins Hintertreffen. Glück hatte Kevin Beese, dass sein Ballverlust noch nicht zum Rückstand führte, als D. Bergmann auf Keisef-Zuspiel hauchzart am langen Eck vorbei zielte (60.). Die Palapies-Elf gestaltete das Spiel zwar ausgeglichener, entwickelte jedoch keinerlei Durchschlagskraft nach vorne. Nachdem Tüter ein weiteres Mal an der Latte verzweifelte (65.), verzog der äußerst blasse Patrick Ziller aus spitzem Winkel nur zart (74.). Doch dann ging es ganz fix – zu schnell für die „Roten Teufel“. Eine D. Bergmann-Hereingabe köpfte Kohpeiß in den Lauf von Keisef, der das Runde mit der Brust mitnahm, seinem Gegenspieler enteilte und per Linksschuss ins untere rechte Eck vollstreckte – 2:1 (76.)!

Nun war der Widerstand der Bönningstedter gebrochen. Keine 60 Sekunden darauf zappelte die Kugel nach Kohpeiß‘ Schuss am rechten Außennetz, ehe Hendrik Rühmann den Ball gegen Tüter vertändelte. Dieser schickte mit einem sehenswerten Außenristpass den überall anzutreffenden Kohpeiß auf die Reise. Gekonnt vollendete der „Riese“ per Chip über Waldmann hinweg ins lange Eck zur Vorentscheidung (79.)! Die Partie war entschieden, daran sollte auch die Ampelkarte gegen Süderelbes Finn Peters, der Gegenspieler Max Scholz – der zuvor Mirco Bergmann rüde von den Socken holte – beim Aufstehen zu Boden stieß, nichts mehr ändern (86.). Das Gegenteil war der Fall. Denn das „magische Dreieck“, wie Richter hinterher bemerkte, hatte noch nicht genug – zumindest einer des Triumvirats, bestehend aus Tolga Tüter, Ernesto Keisef und Klaas Kohpeiß: Erstgenannter wurde nach M. Bergmanns Freistoß vom eingewechselten Kevin Biedermann in Szene gesetzt und traf mit einem eher harmlos anmutenden Schuss durch die Hosenträger von Waldmann zum Endstand (90.)!

„Das kann nicht unser Anspruch sein!“

„Heute haben wir mal wieder gezeigt, was wir können. Das hat Spaß gemacht und war ein runder Auftakt ins Wochenende!“, bilanzierte Richter kurz und knapp. Sein Gegenüber marschierte hingegen völlig entnervt von dannen, wollte zum Spiel seiner Mannschaft „keinen Kommentar“ abgeben und zeigte bewusst auf seine Spieler, die sich gerade zum Kreis versammelten. „Fragt dort nach“, entgegnete ein enttäuschter Palapies. „Wir haben momentan das Problem, dass wir es nicht schaffen, über 90 Minuten hochkonzentriert zu spielen. Wir kommen sehr gut aus der Halbzeit raus, sind dann auch am Drücker und können Süderelbe ein Stück weit in die eigene Hälfte drängen, aber dann fehlt häufig der letzte Pass – was sicherlich auch mit der fehlenden Konzentration zu tun hat“, stellte sich wenigstens „Captain“ Melich den Fragen und fügte an: „Dann brechen wir halt ein, schenken denen das 3:1 und dann spielen sie einen klasse Fußball.“ Für Rugenbergen war es bereits die vierte Liga-Schlappe in Folge. „Zwölf Gegentore in vier Spielen: Das kann nicht unser Anspruch sein! Das Wochenende mit dem Nichtantritt von Meiendorf hat uns komplett aus dem guten Rhythmus rausgerissen. Und es ist unglaublich schwierig, nach einer so langen Wintervorbereitung, wieder reinzukommen. Irgendwie steckt zurzeit der Wurm drin. Die Mentalität, dass es nur noch um die goldene Ananas geht, die lasse ich nicht zählen! Wir stehen im Mittelfeld, haben mit dem Abstieg nichts zu tun, hatten aber die einmalige Möglichkeit, unter die ersten Vier zu kommen. Deshalb kann das, was wir aktuell anbieten, nicht unser Anspruch sein!“

Der LIVE-Ticker zum Spiel mit allen Höhepunkten zum Nachlesen:

Spielinfos
FC Süderelbe - SV Rugenbergen
Liga: Oberliga Hamburg
Anstoss: Fr - 01.04. 20:00 Uhr
Spieltag: 27. Spieltag
Ergebnis: 4 : 1
Schiedsrichter: Dennis Voß (TuS Dassendorf)
Platz / Ort: Kiesbarg
Zuschauer: 248
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