Siemsen: „Hier spüre ich wieder den unbändigen Willen aller Beteiligten“

Vickys neuer Innenverteidiger im ersten Interview nach seinem Wechsel

19.01.2018

Nachdem Yannick Siemsen - mit Trainer Diamantis Cholevas und einigen weiteren Schützlingen - im Sommer 2014 aus der U19 von Eintracht Norderstedt zum damaligen Oberliga-Aufstiegsanwärter Concordia wechselte, dauerte es nicht lange, ehe sich der Innenverteidiger zu einem absoluten Leistungsträger entwickelte, der mit seinen Leistungen auch das Interesse vieler namhafter und höherklassiger Klubs weckte. Doch Siemsen blieb den „Bekkamplern“ treu - bis zu diesem Winter. Denn vor Kurzem schloss sich der 22-Jährige, der in jungen Jahren bereits 78 Oberliga-Einsätze vorweisen kann, dem SC Victoria an. Wir haben mit ihm über seine Zeit bei Cordi und die Gründe für seinen Abschied an die Hoheluft gesprochen...

FussiFreunde: Nach Deinem Wechsel zu Cordi hast Du Dich innerhalb kürzester Zeit zu einem der Shootingstars und umworbensten Spieler in der Oberliga entwickelt. Trotzdem hast Du Concordia lange Zeit die Treue gehalten. Wie blickst Du auf die Zeit zurück?

Yannick Siemsen: „Ich blicke auf die letzten vier Jahre bei Cordi sehr positiv zurück. Im ersten Jahr sind wir mit ‚Aki‘ Cholevas aus der Landesliga in die Oberliga aufgestiegen. Gerne erinnere ich mich an den harten Kampf um die Tabellenspitze mit Türkiye und die Relegationsspiele gegen Osdorf. Das waren tolle Spiele! Dann die erste Saison in der Oberliga mit einem respektablen Platz am Ende. Und die letzte herausragende Halbserie mit Aki in der Oberliga. Das waren schöne Momente. Als Mannschaft haben wir uns super weiterentwickelt und es war toll, ein Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein.“

Nach der von Dir bereits angesprochenen überragenden Hinserie und der Herbstmeisterschaft in der vergangenen Saison folgte in der Rückrunde der Absturz. Rückblickend betrachtet: Woran hat’s Deiner Meinung nach gelegen?

Siemsen: „Wir hatten mit Aki einen Trainer, der den Erfolg vorgelebt hat. Wir hatten ein klares System und waren taktisch und spielerisch auf einem guten Level. Jede Trainingseinheit war ein Baustein zum Erfolg. Das Training war hart und anstrengend, aber der Erfolg war exzellenter Lohn für diese Anstrengungen. Die Mannschaft und der Trainer hatten ein gemeinsames Ziel, das uns an die Spitze getragen hat. Die Trennung von Aki war mit Sicherheit ein wesentlicher Grund für den sportlichen Absturz in der Rückrunde.“

Nach dem Abgang von „Aki“ Cholevas ging es sportlich eigentlich stetig bergab. Woran machst Du das fest?

Siemsen: „Die leistungsbezogene Erfolgseinheit von Mannschaft und Aki Cholevas war mit der Entlassung des Trainers zu Ende. Die Situation war von einem Tag auf den anderen eine neue. Die Vertrautheit, die Motivation und der ‚Leader‘ haben fortan gefehlt. Wir waren alle bis dahin heiß auf die Meisterschaft und den Aufstieg. Die Entlassung von Aki hat einen schweren Bruch in der Mannschaft hinterlassen. Es fehlte die Triebfeder des Erfolgs. Zusätzlich haben wichtige Spieler Cordi im Sommer verlassen.“

In den letzten Jahren hast Du diverse Angebote – auch von höherklassigen Klubs – ausgeschlagen. Was war nun für Dich die Motivation, Concordia im Winter in Richtung Victoria zu verlassen?

Siemsen: „Ich wollte natürlich mit Cordi den maximalen Erfolg erreichen und war in den letzten Jahren auch davon überzeugt, dies zu erreichen. Wir waren lange auf einem guten Weg! Leider hat Cordi dann einen neuen Weg beschritten, der aus meiner Sicht meiner optimalen sportlichen Entwicklung entgegen stand. Manchmal passt es einfach nicht. Schon im Sommer habe ich mir die Frage gestellt, ob ein Vereinswechsel sinnvoll sei. Ich habe mich dann damals für meine Mannschaftskameraden bei Cordi entschieden. Leider musste ich feststellen, dass ich meinen eigenen Ansprüchen, mich immer weiter verbessern zu wollen, nicht mehr genügte. Das Jahr 2017 bedeutete für mich Stagnation, wenn nicht sogar Rückschritt. Es wurde Zeit für mich, das Ruder umzulegen und hier etwas zu ändern. Nach den ersten Gesprächen mit Vicky war ich dann absolut davon überzeugt, dass ein sofortiger Wechsel schon in der Winterpause der richtige Zeitpunkt für mich ist. Es hat mich auch gefreut, wie sich Vicky um mich bemüht hat. Die Organisation, das Konzept, die Ideen und die handelnden Personen, alles hat gepasst.“

Warst oder bist Du überrascht, dass Cordi Dich im Winter einfach so hat gehen lassen? Oder anders gefragt: Hat der „Wohlfühlfaktor“ bei Concordia zuletzt gelitten?

Siemsen: „Nein, da ich seit Sommer eine schriftliche Freigabeerklärung von Cordi in Händen halte, überraschte es mich nicht. Ich hatte das Präsidium auch schon im Dezember von meinem Wechselwunsch unterrichtet und mich von der Mannschaft und den Sponsoren verabschiedet. Was den ‚Wohlfühlfaktor’ angeht, kann ich nur sagen, dass das der Wermutstropfen bei meiner Wechsel-Entscheidung war. Meine alten Mannschaftskameraden, mit denen ich eine schöne Zeit hatte und tolle Erfolge feiern konnte, zu verlassen, machte die Entscheidung schon schwer. Auch die Fans und Sponsoren haben mich immer gut aufgenommen und unterstützt. Ich werde auch weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis zu Cordi haben, es sei denn für die 90 Minuten, in denen wir gegeneinander spielen. Hier ist mein Fokus klar auf Vicky gerichtet.“

Wie sehen denn Deine kurzfristigen und langfristigen Ziele mit Victoria aus?

Siemsen: „In erster Linie möchte ich an meiner fußballerischen Qualität arbeiten, um mich wieder stetig zu verbessern. Nur so kann ich der Mannschaft helfen, Erfolge zu feiern. Ich möchte jedes Spiel gewinnen oder zumindest das Optimum erreichen. Bei Vicky habe ich das untrügerische Gefühl, dass das allen Beteiligten so geht. Am Ende wünsche ich mir, mit Vicky einen guten, attraktiven und erfolgreichen Fußball zu spielen. Das funktioniert nur mit harter Trainingsarbeit. An die muss ich mich erst wieder gewöhnen. Aber das zeigt mir, dass ich mit Vicky auf dem richtigen Weg bin. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit dieser Arbeit dauerhaft im Hamburger Fußball eine wichtige Rolle spielen werden. Ich bin mit 22 Jahren noch ein junger Spieler und habe hoffentlich noch viele verletzungsfreie Fußballjahre vor mir. Ich mache mir heute noch keine Gedanken darüber, welche fußballerischen Erfolge und Titel vielleicht auf meine Mannschaft und mich warten.“

Wie sind Deine ersten Eindrücke von der Mannschaft?

Siemsen: „Ich bin vom SC Victoria, von der Mannschaft und dem Trainer offen und herzlich aufgenommen worden und fühlte mich gleich heimisch hier. Hier spüre ich wieder den fast unbändigen Willen aller Beteiligten gemeinsamen große Erfolge erreichen zu wollen. Wir haben eine gute Mannschaft mit herausragend guten Spielern. Wir spielen einen anspruchsvollen, technischen und taktischen Fußball und haben einen Trainer, der viel von uns verlangt, aber auch selbst alles gibt. Die ersten Testspiele habe ich ja schon absolviert. Das blinde Verständnis mit den Kollegen, das Wissen über die individuellen Laufwege fehlt mir noch etwas, aber das wird mit jeder Trainingseinheit besser. Für die kurze Zeit, glaube ich, habe ich mich gut eingefügt in das Team und nun freue mich sehr auf die Zukunft mit dem SC Victoria.“