Regionalliga Nord

„Maximal bitter“ trotz Profi-Hilfe: „Sini“ kontert Amaechi in Minute 95!

19. September 2020, 17:31 Uhr

Sinisa Veselinovic (2. v. li.) erzielte den 2:2-Ausgleich zugunsten seiner Teutonen in der 95. Minute vom Punkt. Foto: Kormanjos

Nicht nur für Pit Reimers war es „ein auf und ab der Gefühle und der kuriosen Szenen“. Kurios war‘s allemal an der Hagenbeckstraße, als die U21 des Hamburger SV „in einer Phase, in der wir nicht unbedingt am Drücker waren“, gegen den bis dato zweimal siegreichen FC Teutonia 05 in Führung ging (alle Highlights ausführlich im LIVE-Ticker). Denn wenige Augenblicke vor dem 1:0 durch Robin Meißner, der von Profi-Leihgabe Jan Gyamerah perfekt in Szene gesetzt wurde und aus der Drehung ins lange Toreck einschweißte (36.), ereignete sich folgende Szene…

Nico Donner versucht, HSV-Profi-Leihgabe Jan Gyamerah (re.) vom Ball zu trennen. Foto: Kormanjos

Leo Oppermann, Torsteher des Hamburger SV II, erwischte einen rabenschwarzen Tag, wirkte bei Abschlüssen aus der zweiten Reihe mehrfach äußerst unsicher und segelte an etlichen Flanken oder auch Standards vorbei. So auch in der 29. Spielminute, als es in Folge eines Teutonen-Eckballs zu einem Gestocher im „Rothöschen“-Strafraum kam und Marcus Coffie den Ball aus wenigen Metern in Richtung Tor beförderte. In bester Handballer-Manier verhinderte Jonah Fabisch den Einschlag. Doch ein Pfiff des Unparteiischen blieb – trotz wütender Proteste der 05er – aus. „Dass es schwierig ist, sieht man ja auch im Fernsehen immer wieder. Mir geht es aber darum: Wenn die Hand so weit oben oder so weit vom Körper weg ist, dann denke ich mir, dass die Regel besagt, dass der Spieler entweder die Körperfläche vergrößert oder aber, dass es eine unnatürliche Handbewegung ist“, so Teutonen-Trainer Achim Hollerieth, der ohne Wenn und Aber befand: „Ein klarer Elfmeter, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren! Wenn hier 50 Zuschauer auf der Anlage waren, werden das 47 gesehen haben – und drei halt nicht“, richtete er seinen Unmut in Richtung des Referees. Auch Stürmer Sinisa Veselinovic konstatierte: „Für uns alle war das ein klarer Elfer. Der Spieler selbst sagt es auch.“ Nur Schiedsrichter Rene-Alexander Rose und seine beiden Assistenten wollten kein Vergehen von Fabisch gesehen haben.

Auweia, Oppermann – Profi-Leihgabe Amaechi trifft

Doch zurück zu Sinisa Veselinovic. Der Angreifer der „Kreuzkirchler“ durfte zunächst in Minute 61 den durchaus verdienten Ausgleich bejubeln, als Oppermann eine harmlos anmutenden 18-Meter-Schuss von Fabio Parduhn nach vorne prallen ließ und der eingewechselte Pascal Eggert den zweiten Ball im Eckigen unterbrachte. Dann sah „Sini“, wie erst Nick Brisevac im Eins-gegen-Eins nicht an Oppermann vorbeikam, ehe Ömer Akyörük einen Gyamerah-Fehler nur um ein Haar nicht bestrafte (64.). Der Aufsteiger schien am Drücker – doch dann trat die zweite Profi-Leihgabe de HSV in Erscheinung: Xavier Amaechi. Eine punktgenaue Hereingabe von Bryan-Anthony Hein grätschte der Engländer zum 2:1 unter die Latte und ließ dem starken Yannick Zummack keinerlei Abwehrchance (84.). Unmittelbar zuvor ahndete Schiri Rose ein rustikales Tackling von Davidson Eden gegen Meißner im eigenen Strafraum nicht (83.).

In Minute 95: Veselinovic lässt Teutonia jubeln

Während Robin Meißner (li.) erneut für die "Rothöschen" traf, zeigte Davidson Eden in der Defensive eine Glanzleistung. Foto: Kormanjos

Würde die Elf von Achim Hollerieth noch ein zweites Mal zurückkommen? Die Antwort: Erneut patzte Oppermann nach einem Akyörük-Schuss folgenschwer und servierte Veselinovic das 2:2 auf dem Silbertablett. Doch die Fahne des Assistenten deutete eine Abseitsposition des ehemaligen Norderstedters an! Und so brach bereits die Nachspielzeit an, als Keeper Zummack einen ruhenden Ball aus der eigenen Hälfte weit vor das gegnerische Tor feuerte. Dort verlängerte Veselinovic per Kopf in die gefährliche Zone, wo der ganz starke Eden von Marc Hornschuh gelegt wurde. Diesmal ertönte der Pfiff – Elfmeter! „Sowas kann immer passieren. Es ist dann eher so, dass wir den Freistoß vorher noch ein bisschen besser und höher verteidigen können“, monierte Reimers. Während der Teutonen-Verteidiger lange behandelt werden musste und einige Minuten bis zur Ausführung vergingen. Dies schien Veselinovic jedoch nichts auszumachen. Ganz cool verlud er Oppermann und verwandelte äußerst sicher sowie ohne großen Anlauf ins rechte Eck – 2:2 (90. +5)!

"Mir hat es eher geholfen, als dass es mich gestresst hat"

„So Müller-ähnlich“, erklärte er hinterher mit einem leichten Schmunzeln – und verriet: „Ich konzentriere mich da auf den Torwart und hoffe auf eine Reaktion.“ Dass der 29-Jährige einige Zeit warten musste, bis er zur Tat schreiten durfte, störte ihn indes nicht. Im Gegenteil. „Für mich war das eher ein Vorteil, weil man in der Nachspielzeit schon ordentlich am Pumpen ist. Wenn man dann nochmal drei, vier Minuten Zeit hat, um runterzukommen und sich intensiv zu konzentrieren, dann hat mir das schon eher geholfen, als dass es mich gestresst hat.“

Taktische Wechsel bringen die Wende

Überschwänglicher Jubel bei den Teutonen nach dem Last-Minute-Ausgleichstreffer. Foto: Kormanjos

Und so war nicht nur Sinisa Veselinovic am Ende „froh und zufrieden“, dass sein Team auch im dritten Spiel ungeschlagen blieb. „Dass jetzt alle denken, unser Anspruch müsste sonst was sein – da möchte ich alle ein bisschen runterholen. Wir sind immer noch Aufsteiger und sehr zufrieden mit der Ausbeute.“ Auch sein Trainer war schlussendlich „glücklich, wenn man kurz vor Schluss das 1:2 bekommt und dann noch den Ausgleich macht“. Wenngleich Hollerieth auch gestand: „Natürlich wollten wir hier herkommen, um zu gewinnen. Den Anspruch haben wir an uns selbst.“ Allerdings wusste der Ex-Profi auch um die Qualität des Gegners – und so musste er zur zweiten Halbzeit „ein wenig nachjustieren“. Denn: Vor der Pause haben seine Mannen „einige taktische Sachen falsch gemacht. Aber zum Glück gibt es ja noch eine Halbzeit, wo man ein bisschen was sagen darf als Trainer.“ Und eben auch reagieren. Da die beiden Außenbahnspieler Nico Donner und Abdel Hathat ein Stück weit in der Luft hingen und bei Gegenangriffen auch nicht schnell genug nachgerückt waren, brachte er zur zweiten Hälfte mit Akyörük und Eggert neues Personal auf dem Flügel. Mit Erfolg. Dennoch: „Wir sind selbstbewusst, aber wir wissen, wo wir herkommen. Wir haben sieben Punkte, damit sind wir zufrieden – zumindest fast zufrieden. Denn lieber hätten wir neun Punkte gehabt“, unkte Hollerieth. „Aber wir sind Aufsteiger und müssen uns jeden Punkt hat erkämpfen.“

"Zur Leistung meiner Mannschaft gehört auch der Gegner - und der war gut"

Sein Gegenüber sah am Ende des Tages „ein gerechtes Unentschieden – auch wenn es aus unserer Sicht natürlich maximal bitter ist, dass der Ausgleich so spät fällt“, erlebte Reimers nach dem Last-Minute-Gegentor zu Beginn der neuen Saison gegen den LSK (1:1) nun ein kleines Déjà-vu. Und so musste man sich wieder mit einer Punkteteilung zufrieden geben. „Zur Leistung meiner Mannschaft gehört ja auch immer der Gegner, der heute echt gut war“, lobte der Coach der HSV-U21 den Liga-Neuling.

Autor: Dennis Kormanjos