Aufstiegs-Relegation

Oha, Ohe! Mit „Malle-Mania“ zu „51 Prozent“ in der Oberliga?

21. Mai 2024, 00:31 Uhr

Intensiver Zweikampf: Führungstorschütze Aaron Brüning (li.) bleibt stabil. Foto: Sellhorn/Eintracht Norderstedt

Die obligatorische Saison-Abschlussfahrt nach „Malle“ – wer kennt sie nicht? Auch der FC Voran Ohe machte in der vergangenen Woche nach Beendigung der Spielzeit in der Landesliga Hansa einen Abstecher in Deutschlands „17. Bundesland“, wie es so schön heißt. Dabei stand dem Vize-Meister am Pfingstmontag noch das Aufstiegs-Relegations-Hinspiel gegen die U23 von Eintracht Norderstedt bevor. Am Sonntagmittag kehrte der Tross zurück, um 17 Uhr war Training angesetzt – und am Tag darauf standen acht Mitreisende in einem der wohl wichtigsten Spiele in der Vereinsgeschichte in der Startelf. „Wir haben am Samstag tatsächlich auch mal einen geschlossenen und entspannten Pool-Tag gemacht, sind da schon ein bisschen runtergefahren und haben am Sonntag nach der Landung auch nochmal trainiert. Insofern haben wir schon alles Mögliche versucht, um es zumindest einigermaßen gut hinzukriegen. Aber natürlich habe ich schon gedacht, dass das ein richtiger Kraftakt werden kann – vor allem, als es vor dem Spiel auch nochmal so richtig warm wurde“, sprach Matthias Wulff nach seinem letzten Heimspiel als Ohe-Coach auf die bei praller Sonne zum Teil brütende Hitze an.

Muizz Saqib (Mi.) mit eleganter Ballbehandlung. Der Oher markierte das 2:0. Foto: Sellhorn/Eintracht Norderstedt

Wer nun allerdings glaubte, mit fortlaufender Spielzeit würde sich ein deutlicher Kräfteverschleiß bei den „Party-Ohern“ bemerkbar machen und die „jungen Wilden“ der Eintracht würden den „Feierbiestern“ davon sprinten, der sah sich getäuscht (alle Highlights im LIVE-Ticker). Und zwar komplett! „Diese Woche bleiben wir auf jeden Fall hier“, scherzte Wulff im Anschluss auf die süffisante Nachfrage, ob man denn nun vor jedem Spiel einen Ausflug nach Mallorca anstrebt. „Aber ich habe schon einige Stimmen gehört, dass es am Sonntag dann wieder spontan losgeht“, witzelte er – und fügte an: „Erstmal müssen wir unsere Hausaufgaben auch im zweiten Spiel machen.“

"Voran Ohe ist ganz klar der verdiente Sieger – auch in der Höhe"

Till Witmütz (li.) jagt seinem Gegenspieler hinterher. Insgesamt wirkte Ohe deutlich robuster, griffiger und galliger gegen die Eintracht. Foto: Sellhorn/Eintracht Norderstedt

Denn im mit 740 Zuschauern prall gefüllten Hans-Heinrich-Hackmack-Stadion machten die „Amselstiegler“ ihre Hausaufgaben. „Voran Ohe ist ganz klar der verdiente Sieger – auch in der Höhe. Wir hätten sogar noch höher verlieren können“, gab Gäste-Trainer Jannik Paulat unumwunden zu. „Wir sind einfach nicht mit der Robustheit zurechtgekommen, die haben die Fifty/Fifty-Zweikämpfe gewonnen und hatten mehr Biss sowie Gier. Das hat uns gefehlt. Wir haben gar nicht zu unserem Spiel gefunden – und dazu, was uns eigentlich ausmacht“, war von der Dynamik, Schnelligkeit und dem Pressing der Eintracht nichts zu sehen. „Wir haben viel zu viele Fehlpässe gespielt und sind gar nicht mutig gewesen“, befand Paulat.

"Wussten, dass wir auf unser Tor spielen – da geht immer einer rein"

Ganz im Gegensatz zum FCVO. „Wir haben auch daran geglaubt, nachdem wir in der ersten Halbzeit einiges liegengelassen haben. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen. Aber wir wussten auch, dass wir in der zweiten Halbzeit auf unser Tor spielen – und da geht immer einer rein“, war Wulff von seinen Mannen stets überzeugt – und hatte auch ein Ass im Ärmel, das beinahe gar nicht mehr auf dem Platz stand. In der 63. Minute vollzogen die Hausherren einen Doppelwechsel. Demirhan Aaron Brüning war wohl einer der Kandidaten, der hätte Platz machen sollen. Aber: Brüning, der die Eintracht immer wieder vor große Probleme stellte, signalisierte, dass die Kraft noch ein wenig reichen würde. Während Daniel Gläser anzeigte, dass die Schmerzgrenze längst überschritten war.

Das Ass sticht

Ede Zimmermann (re.) bekommt das Runde aus wenigen Zentimetern nicht ins Eckige. Foto: Sellhorn/Eintracht Norderstedt

Und so blieb Brüning auf dem Feld, profitierte in der 69. Minute nach einer Bogenlampe von Tom-Philipp Müller von einem Luftloch des überforderten Dario Vlajic und traf mit seinem verdeckten Schuss aus halblinker Position ins kurze Eck. Großer Jubel bei den Ohern – die schon lange überfällige Führung! Doch beinahe wäre die Ernüchterung groß gewesen: Aus dem absoluten Nichts kam der Hammonia-Zweite kurz vor Ultimo zur dicken Ausgleichschance, als Ede Zimmermann am zweiten Pfosten eine scharfe Hereingabe von Jeremiah Osei Boakye aus zwei Metern nicht über die Linie bugsieren konnte (88.).

Doppeltes Ballwegschlagen und der Dolchstoß

Stattdessen machte sich die Unerfahrenheit der Eintracht-U23 wenige Augenblicke später bemerkbar. Wegen zweifachen Ballwegschießens (!) sag Armando Luso die Ampelkarte. Unnötig wie nur irgendwas! „Das darf nicht passieren“, konstatierte auch Paulat. „Aber das ist halt dieses junge und zum Teil noch unerfahrene Verhalten, das Spiel auch ruhig zu halten. Denn es gibt ja auch noch ein Rückspiel“, übertrug sich die Unruhe von der Bank – immer wieder wurden Schiedsrichter-Entscheidungen lautstark moniert – auf die junge Mannschaft. Und so bekam man in der Schlussminute noch einen weiteren Nackenschlag verpasst, als der eingewechselte Ibrahim Özalp perfekt in Szene gesetzt wurde und komplett uneigennützig für den freistehenden Muizz Saqib querlegte – 2:0 (90.)!

„Einerseits haben wir eine Top-Bank, mit der wir immer wieder nachlegen können. Andererseits haben die Jungs natürlich eine unglaubliche Gier und einen unglaublichen Ehrgeiz entwickelt. Hinzu kommt, dass du in so einem Spiel vielleicht auch einen Schritt mehr machst als in einem normalen Ligaspiel“, wuchsen Wulffs Mentalitätsmonster über sich hinaus.

"Im Rückspiel werden wir hoffentlich ein anderes Gesicht zeigen"

Unterdessen war die Enttäuschung bei den Norderstedtern groß. Dennoch richtete Paulat – unter den Augen des anwesenden Liga-Trainers Jean-Pierre Richter – den Blick bereits nach vorne. „Wir wissen alle, was im Fußball möglich ist. Wenn man jetzt schon aufgibt, wäre das ein völlig falsches Signal. Wenn wir mal wieder in Normalform spielen würden, dann sieht das auch wieder ganz anders aus“, ist er sich sicher – und fügte an: „Wenn wir mit unserer Power, dem schnellen Passspiel und unserer Geschwindigkeit auftreten, dann wird es für jede Mannschaft schwer. Und das haben wir heute nullkommanull gemacht. Ich kann mich nur an ganz wenige Aktionen nach vorne erinnern. Aber im Rückspiel greifen wir an und werden hoffentlich ein anderes Gesicht zeigen. Jetzt werden wir uns erstmal alle ausruhen und dann geht es wieder voran“, konnte er sich angesichts der Paarung ein kleines Grinsen nicht verkneifen.

"Die Wehmut war heute nicht so groß"

Mit Fans, Anhängern und Jugendspielern: Der FC Voran Ohe feiert den 2:0-Hinspiel-Sieg in der Aufstiegs-Relegation gegen Eintracht Norderstedt II. Foto: Kormanjos

Währenddessen verlebte sein Gegenüber die letzten 90 Minuten als Cheftrainer am Amselstieg. „Das Spiel gegen Rahlstedt stand im Zeichen des Abschiedes. Da habe ich von den Jungs auch ein Video über 25 Minuten bekommen, was hochemotional war. Heute habe ich versucht, das so ein bisschen beiseitezulegen und den Fokus auf das Sportliche zu richten. Von daher waren heute eher Nervosität und Anspannung da – aber im positiven Sinne. Denn das ist ein Spiel, das man nicht allzu oft miterleben darf. Für die Jungs hat mich das unglaublich gefreut und ich bin auch froh, das nochmal mitmachen zu dürfen. Deshalb war die Wehmut heute gar nicht so groß, sondern eher der Fokus auf das Sportliche“, so Wulff.

"Vielleicht sind wir bei 51 Prozent"

Beim 1:0 sank er nieder und klopfte mit geballten Fäusten – wahrscheinlich vor Erleichterung – in den Rasen. Das 2:0 nahm er ganz cool zur Kenntnis. Und nun? „Es ist eine gute Ausgangsposition. Vom Chancenverhältnis könnte man vielleicht sagen, dass wir ein Tor zu wenig geschossen haben. Ein 3:0 hätte den Spielverlauf eher widergespiegelt. Trotzdem ist das ein gutes Ergebnis.“ Wenngleich es im zweiten Duell an der Ochsenzoller Straße auf Kunstrasen zur Sache geht. „Natürlich ist das ein Vorteil für Norderstedt. Wobei wir in dieser Saison auch auf Kunstrasen schon brutal gute Spiele gemacht haben“, sprach er unter anderem auf den 6:3-Sieg bei Meister Vorwärts-Wacker und den 5:1-Erfolg in Curslack an. „Insofern ist es nicht so, dass wir Kunstrasen nicht können.“ Zu weit wollte er sich aber noch nicht aus dem Fenster lehnen. „Vielleicht sind wir bei 51 Prozent“, gab sich Wulff gewohnt demütig.

Autor: Dennis Kormanjos

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