Aufstiegs-Relegation

Oberliga – oder doch nicht? Auf „unverzeihlichen“ HFV-Fehler folgt Oher Abriss-Sause!

25. Mai 2024, 23:10 Uhr

Freude, Wut und Erleichterung: Bei Ohes "Erfolgsmacher" Matthias Wulff (Mi.) platzen in seinem letzten Spiel mit dem Schlusspfiff sämtliche Emotionen heraus. Foto: Heiden

Als der Abpfiff ertönte, kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Lautstark schallte ein „Oberliga, Oberliga, hey, hey!“ über den Kunstrasenplatz an der Ochsenzoller Straße (alle Highlights im LIVE-Ticker). Der FC Voran Ohe war im Freudentaumel – trotz des herben Dämpfers unter der Woche. „Wir vertrauen voll auf die Aussagen von Frank Flatau vom 6. Mai und glauben, dass daran nicht mehr gerüttelt wird. Insofern gehen wir fest davon aus, dass wir in die Oberliga aufsteigen“, betonte Erfolgsmacher Matthias Wulff – und sprach damit noch einmal auf die klare Zusicherung des HFV-Spielausschussvorsitzenden an, dass der Sieger der Relegationsspiele definitiv ins Hamburger Oberhaus aufsteigen wird. Doch davon wollte der Verband unter der Woche urplötzlich nichts mehr wissen (HIER mehr dazu).

Der Norderstedter Verteidiger Dominik Limprecht (li.) gegen den überragenden Oher Aaron Brüning, der mit zwei Assists und einem Treffer an allen drei Toren beteiligt war. Foto: Heiden

Eigentlich war die Euphorie nach dem 2:0-Hinspielsieg vor 740 zahlenden Zuschauern am Amselstieg riesengroß. Noch viel größer war aber der Nackenschlag, den die Verantwortlichen des FCVO unter der Woche kassierten. Die Stimmungslage? „Ganz deutlich: Beschissen!“, brachte es Wulff auf den Punkt. „Bis zum Spiel bei Hamm United (3:2, Anm. d. Red.) war noch alles in Ordnung für uns. Bis dahin sind wir davon ausgegangen: Wenn Altona aufsteigt, dann haben auch wir eine gute Option, hochzugehen.“ Doch die wage, undurchdachte und offenbar nicht vorhandene Auf- und Abstiegsregel des HFV machte das Chaos perfekt. „Am 6. Mai kam dann auf Rückfrage die klare Aussage von Frank Flatau, dass wir direkt aufsteigen, wenn wir die Relegation gewinnen – ganz egal, was passiert.“

"Natürlich war das Gesprächsthema Nummer eins"

Der Norderstedter Jeremy Debuc (re.) war ein ums andere Mal sehr unglücklich im Abschluss. Foto: Heiden

Eine Zusicherung, die dafür sorgte, dass „daraufhin natürlich alle so richtig angezündet waren und alles investiert haben. Wie man dann zwischen zwei Relegationsspielen mit so einer Nachricht von Verbandsseite rausgehen kann, das finde ich unverzeihlich! Das hat schon etwas mit uns gemacht und hat zwei Tage viel Telefon- und Nachrichten-Kontakt gekostet. Hinzu kommt die eigene Aufarbeitung des Ganzen. Und natürlich sorgt das in so einer Vorbereitungsphase auch für Unruhe“, war der Rückzieher des HFV in beiden Trainingseinheiten „natürlich Gesprächsthema Nummer eins. Da konnte man gar nichts machen. Das ist einfach richtig, richtig bitter!“

"Leider ist das manchmal so beim Hamburger Fußball-Verband"

Beim im Hinspiel deutlich unterlegenen Gegner sei das hingegen „gar kein Thema gewesen“. Und das aus dem ganz einfachen Grund: „Wir mussten unsere Hausaufgaben machen. Denn wir hätten ja erstmal gewinnen müssen, damit wir uns überhaupt damit hätten beschäftigen können: Was wäre, wenn? Aber natürlich ist das unglücklich und auch für Voran Ohe total bescheuert. Leider ist das manchmal so beim Hamburger Fußball-Verband. Ich hoffe einfach, dass man da jetzt mal klare Regeln schafft, so dass jeder weiß, was Sache ist“, erwiderte Norderstedt II-Coach Jannik Paulat.

Während Wulff konstatierte: „Trotzdem freut es mich, dass wir uns heute – nach einer wilden ersten Halbzeit – gefangen und das auch durchgezogen haben. Die Jungs haben ziemlich schnell wieder zu sich gefunden, muss man ehrlicherweise sagen. Vielleicht sogar noch schneller als ich. Sie haben das abgehakt und für sich gesagt: ‚Egal, wir krönen jetzt unsere Saison. Altona geht hoch und dann ist am Ende im Zweifel alles gut.‘“

"Man muss die Kirche ein bisschen im Dorf lassen"

Der Moment des Schlusspfiffs: Freudestrahlende Oher sinken zu Boden und feiern den Relegations-Sieg über Norderstedt II. Foto: Heiden

Trotz einiger Ausfälle war „das schon wieder brutal gut, wie die Jungs das gemacht haben“. Bezeichnend: Jeder sprang für den anderen in die Bresche. Beispiel: Til Kröcher, der im Verlauf der Saison auf nicht allzu viel Spielzeit kam, wurde Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt. „Und wenn einer wie er dann so eine geile Schlussoffensive über rechts liefert, dann zeigt das einfach, dass wir eine unglaubliche Breite haben und uns auf alle verlassen können. Das hat die ganze Saison schon funktioniert“, so Wulff, dessen Mannen zu Beginn aber auch das eine oder andere Mal wankten.

Aber: „Es ist die letzten zwei, drei Monate jetzt schon so ein bisschen abzusehen gewesen. In der ersten Halbserie, wo der Kopf noch nicht so sehr mitgespielt hat, sind die Dinger alle reingegangen. Und ich sage auch: Wenn eine der Dinger reingeht, haben wir ein ganz anderes Spiel. Aber: ‚Hätte, wenn und aber‘ gibt es nicht. Wir haben die Chancen nicht gemacht und das gehört auch zum Reifeprozess dazu“, war die Chancenverwertung der Hausherren phasenweise grob fahrlässig. Nichtsdestotrotz forderte Paulat auch: „Man muss die Kirche ein bisschen im Dorf lassen. Wir haben ganz viele Spieler, die sich in ihrem ersten Herrenjahr befinden. Natürlich ist man enttäuscht und auch wütend. Aber trotzdem: Hut ab, was die Jungs in der ersten Landesliga-Saison überhaupt abgerissen haben. Das darf man immer nicht vergessen. Deshalb überwiegt der Stolz. Und mit einer neuen, reiferen Mannschaft greifen wir im nächsten Jahr wieder an“, versprach er.

Brüning glänzt - "Ohe hat sich das absolut verdient"

Der FC Voran Ohe im Jubel- und Partyrausch. Auch mit einem metallischen Rauchtopf eines "Fans", der den Kunstrasen beschädigte. Foto: Heiden

Dass Ohe den Platz auch im Rückspiel als Sieger verließ, lag neben einem mannschaftlich geschlossenen Fight auch mal wieder an Demirhan Aaron Brüning. Der pfeilschneller Offensivakteur servierte Marc Ohl den Führungstreffer per Kopf nach einer Ecke auf dem Silbertablett (3.) und ermöglichte Muizz Saqib mit seiner butterweichen Flanke auch das 2:0 (24.). Der zwischenzeitliche Anschluss durch Maurice Lüllemann, der eine Hereingabe von Jasir Berisha per Direktabnahme ins Eckige beförderte (27.), brachte beim Hammonia-Landesligisten zwar nochmal die Hoffnung zurück. Die aber erstickte natürlich Brüning mit einem herrlichen 20-Meter-Schlenzer zum 3:1-Endstand für den Hansa-Vize-Meister im Keime (83.)!

„Glückwunsch an Ohe! Die haben sich das wirklich absolut verdient. In beiden Spielen haben sie uns den Schneid abgekauft. Wir waren nicht auf der Höhe und hatten eigene Probleme“, gratulierte Paulat den siegreichen Ohern sportlich-fair – und trauerte dem einen oder anderen Ausfall wie Abwehrchef Lars Kuchenbecker, Brandel Crentsil oder auch Bojan Lukic hinterher. Auch „Shootingstar“ Jack James, der eigentlich aushelfen solltem musste kurzfristig krankheitsbedingt passen. „Das sind Spieler, die in so einer Situation, die ja wirklich besonders ist, die Unterschiedsspieler sein können“, monierte er. Aber: „Wer die Buden nicht macht und diese zum Teil ‚Tausendprozentigen‘ nicht nutzt, der hat es am Ende auch nicht verdient. Deswegen gehen die Glückwünsche nach Ohe. Ich hoffe, dass sie eine gute Saison in der Oberliga haben werden, wenn es denn überhaupt dazu kommt.“

Wulffs krönender Abschluss: "Ein mega geiler Erfolg für den Verein"

Dazu kommen könnte es nach aktuellem Stand auf sportlichem Wege wohl nur, wenn Altona 93 in die Regionalliga aufsteigt. Fakt ist aber auch, dass Ohe noch der rechtliche Weg aufgrund der verbindlichen Aufstiegs-Zusicherung bleibt. Doch schon jetzt ist es der krönende Abschluss der dreijährigen Amtszeit von Matthias Wulff. „Aber nicht für mich, sondern insgesamt für uns als Team“, entgegnete er postwenden. „Wir haben jetzt drei Jahre ein Stück weit darauf aufgebaut. Im ersten Jahr hatten wir einen Umbruch, im zweiten Jahr eine krasse Verjüngung und dieses Jahr haben wir nochmal den letzten, deutlichen Entwicklungsschritt genommen und unsere Saisonziele – einen Zwei-Punkte-Schnitt erreichen und ein Spitzenteam werden – alle erfüllt. Das ist jetzt natürlich nochmal das krönende Highlight obendrauf. Ein mega geiler Abschied für mich, aber noch wichtiger: Ein mega geiler Erfolg für den Verein und die Truppe, die komplett zusammenbleibt. Das ist einzigartig!“

"Es wird spät werden"

Auch bei Keeper Ubai El Kahil (re.) war die Freude riesengroß. Foto: Heiden

Trotz der unklaren Situation hätten „einige schon angekündigt, am Sonntag im Flieger nach Mallorca zu sitzen“. So oder so war die Devise: „Wir werden erst hier ein bisschen abreißen, dann werden wir den Bus abreißen. Der Busfahrer hat schon grünes Licht gegeben. Und dann habe ich gehört, dass es in Ohe ein kleines Dorffest geben soll. Und da wird es sicherlich spät werden. Sehr spät“, muss das Erreichte gebührend gefeiert werden.

Autor: Dennis Kormanjos