Das(se) gibt’s doch gar nicht: „Mölli“ macht Sieg 17 möglich

TuS dreht 0:2-Rückstand bei Concordia zu einem 3:2-Sieg

19. November 2017, 19:12 Uhr

Der Jubellauf nach dem 3:2: Toschütze Sven Möller (re.) dreht freudig ab, links sein Teamkollege Kristof Kurczynski. Foto: KBS-Picture

Der Spruch, dass ein Spiel erst dann vorbei ist, wenn der Schiedsrichter es abpfeift, ist gefühlt so alt, wie der Fußball-Sport selbst. Im Spiel zwischen Concordia und der TuS Dassendorf vor einer enttäuschenden Kulisse von gerade einmal 126 Zuschauern bewahrheitete er sich aber wieder einmal. Denn am Ende hatten nicht die Gastgeber, die lange Zeit mit 2:0 geführt hatten, die Nase vorn, sondern die Gäste. Und das, weil sich einer ihrer Spieler an diesem nasskalten Nachmittag zum Doppel- und „Last-Minute“-Torschützen aufschwang.

Der Mann des Spiels war euphorisiert. Sven Möller stand in der Kälte auf dem Kunstrasenplatz, die Hände in die Hüften gestützt. Auf der Stirn des Mittelfeldspielers der TuS Dassendorf zeichneten sich Schweißperlen ab. Ein Zeichen für den Kampf in den vorangegangenen 90 regulären und den vier Minuten der Nachspielzeit. Auch, wenn es in diesem Moment im Dunkeln des Platzes nicht gerade gemütlich wirkte, schienen „Mölli“ die äußeren Bedingungen nichts anzuhaben. „Ich bin überhäuft von Gefühlen“, verriet der 27-Jährige und richtete auf Nachfrage noch einmal den Fokus auf das, was da soeben in der 91. Minute des Auswärtsspiels bei Concordia ereignet hatte: „Der Ball kommt von links von Pascal Nägele und fliegt im Dunklen genau zwischen den Torwart und Ronny Buchholz. Ich habe nur gehofft, dass der Torwart nicht raus kommt und habe dann einfach den Fuß hingehalten und der Ball war drin.“ Sekunden nach genau diesem Moment entlud sich die Anspannung auf Seiten der Dassendorfer vollends, keinen hielt es mehr auf der Bank – und auch die Mitspieler auf dem Feld steuerten kollektiv Sven Möller an. Der Mann mit der Nummer sieben auf dem Rücken hatte seine Equipe vor dem ersten Punktverlust in dieser Spielzeit bewahrt und gleichzeitig den 17. Sieg des Tabellenführers unter Dacn und Fach gebracht.

Möller: „Wie wir zurückkommen, macht uns in dieser Saison aus“

Pascal Nägele (vo.) traf zum 2:2-Ausgleich für Dassendorf. Foto: KBS-Picture

Bis dieser feststand, war es aber ein harter und langer Weg. „Die erste Hälfte war nicht gut von uns“, gab Möller zu Protokoll und betrieb Ursachenforschung: „Vielleicht lag es daran, dass wir es nicht gewohnt sind, in Rückstand zu geraten und zu liegen. Wir sind echt wie blind vorne angelaufen und haben uns elend auskontern lassen. Wir hatten das Glück, dass Cordi die Konter nicht so gut ausgespielt hat. Und wir hatten Pech, dass wir zwei Mal den Pfosten treffen.“ Beide Pfostentreffer, sowohl der aus der 24. (rechts ans Aluminium) als auch aus der 30. Minute (links an den Außenpfosten) gingen, wie sollte es anders sein, auf das Konto von Möller. Als dieser nur die Torumrandung traf, lagen seine Farben bereits mit 0:1 im Hintertreffen: Nach acht Minuten hatte Cordis Timo Stegmann von rechts einen Freistoß mustergültig in den Strafraum serviert, wo Kevin Zschimmer hochstieg und einköpfte. „In der ersten Halbzeit haben wir in vielen Situationen nicht gut gesielt, waren nicht präzise genug im letzten Drittel. Und dann kriegen wir mit der gefühlt einzigen Chance von Cordi durch den kleinsten Spieler aus dem Platz das Gegentor. Das ist bitter und hat uns weh getan“, konstatierte TuS-Trainer Peter Martens nach dem Schlusspfiff der Begegnung.

Die erlebte nur sechs Minuten nach Wiederbeginn im zweiten Durchgang Treffer Nummer zwei für die Platzherren: Dassendorfs Joe Warmbier produzierte gegen Benjamin Bambur einen Fehler, die Kugel kam zu Torschütze Zschimmer, der das Spielgerät vorm Kasten quer auf Jan Kämpfer passte. Dieser wiederum hatte keine Mühen, das Leder zum 2:0 einzuschieben. Fortan stand die Frage im Raum: Sollte die TuS am Bekkamp tatsächlich ihre erste Niederlage in der laufenden Spielzeit kassieren? Die Antwort der „Wendelwegler“ ließ nicht lange auf sich warten: In der 59. Minute „fällte“ Cordis Keeper Maximilian Rohrbach im Strafraum rotverdächtig Marcel von Walsleben-Schied, sah nur „Gelb“, bekam aber einen Elfmeter gegen sich. Möller schnappte sich die Kugel, verlud den Concorden-Torwart und traf flach unten rechts zum 1:2-Anschlusstreffer. Es war wieder spannend. Nur drei Minuten nach dieser Szene klärte Rohrbach einen Flachschuss von Amando Aust zur Ecke, auf der anderen Seite scheiterte Zschimmer an TuS-Torsteher Christian Gruhne (72.) Wiederum nur acht Zeigerumdrehungen später lag der Ball dann aber wieder im Tor. Maximilian Dittrich hatte von links geflankt, Nägele in der Mitte vollendet – 2:2.

Gossow: „Ich kann mir nicht erklären, wie das dritte Gegentor passiert“

Cordis Keeper Maximilian Rohrbach (li.) hatte Glück, dass er nach dem elfmeterreifen Foul gegen Maximilian Dittrich keinen Strafstoß kassierte und nicht vom Platz flog. Foto: KBS-Picture

Jetzt war richtig Musik drin. Dassendorf wollte sich nach dem Kraftakt, einen 0:2-Rückstand egalisiert zu haben, nicht mit einem Zähler begnügen und machte weiter Druck. Erst zielte Möller per Freistoß vorbei, dann rannte Rohrbach, der nun eigentlich hätte „Gelb-Rot“ sehen müssen, im Sechzehner Dittrich über den Haufen, doch Schiedsrichter Daniel Gawron (TuS Osdorf) gab keinen Elfmeter und sprach auch keine persönliche Strafe gegen Cordis Schlussmann aus, so dass dieser in der 91. Minute immer noch zwischen den Pfosten stand und bei Möllers Siegtreffer den Fehler beging, zu lang auf der Linie zu verharren, statt rauszukommen. Damit hatte Cordi den Sieg aus der Hand gegeben. „Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht und auch verdient geführt. Leider haben wir diese Führung nicht über die Zeit gebracht“, musste Cordi-Coach Florian Gossow nach Abpfiff des Matches eingestehen, „ohne meiner Mannschaft einen Vorwurf zu machen: Ich kann mir nicht erklären, wie das dritte Gegentor passiert. Unser zweiter Treffer und auch der zweite von Dassendorf, der aus dem Nichts heraus passiert, dürfen nicht fallen. Aber damit müssen wir jetzt klarkommen. Auch das werden wir verkraften.“

Auf der anderen Seite rühmte der Siegesgarant die zweite Halbzeit als „brutal. Da waren wir bärenstark, nachdem wir beim 0:2 geschlafen haben. Wie wir zurückkommen, macht uns in dieser Saison aus. Es bringt einfach Spaß, mit dieser Mannschaft zu spielen.“ Er und seine Teamkollegen, so Möller, hatten sich vor der Begegnung vorgenommen, „die Hinrunde perfekt abzuschließen. Dass es wirklich so kommt, freut mich, weil das ein mega Spiel von uns war. Wir wollten auf jeden Fall den Sieg. Trotz des schlechten Auftritts in der ersten Hälfte hatten wir ja da schon die zwei Hochkaräter. Wenn man dann tatsächlich das 2:2 macht, kommt nochmal ein Aufschwung in die Truppe. Das musst du dann auch mitnehmen.“ Noch im Moment des Triumphgefühls richtete „Mölli“ jedoch bereits wieder den Blick nach vorne auf das kommende Wochenende, an dem die TuS dann ihre Visitenkarte beim TSV Sasel abgibt, dessen Coach Danny Zankl die Partie am Bekkamp beobachtete. „Das wird wieder ein ungemütlicher Gegner“, stellte Möller nüchtern fest und verabschiedete sich mit dem Hinweis, er werde „jetzt einen schönen Rest-Sonntag haben“, aus der Kälte in Richtung Kabine.

Martens: „Im Spiel ist so viel Adrenalin dabei, da könnte ich auch in Badehose draußen stehen“

Zweikampf im Mittelfeld: Cordi-Kapitän Timo Stegmann (li.) und der Dassendorfer Rinik Carolus. Foto: KBS-Picture

Minuten später war auch Möllers „Chef“ Peter Martens die Freude anzumerken. „Jeder Sieg ist schön, aber dieser ist emotional. Es ist schon etwas Besonderes, gegen eine Mannschaft, die uns das Leben schwer gemacht hat, so spät noch zu gewinnen“, erklärte der Dassendorfer Übungsleiter, der seine Truppe lobte: „Was in der zweiten Halbzeit passiert ist, zeigt die Klasse und die Mentalität, die in dieser Mannschaft steckt, dieser unbedingte Wille, nicht nur nicht verlieren, sondern noch gewinnen zu wollen. Die Jungs zeigen über die gesamte Hinrunde eine großartige Leistung, ein riesiges Kompliment dafür.“ Er habe, so Martens, „nicht eine Sekunde am Sieg gezweifelt. Ich weiß, dass die Mannschaft immer in der Lage ist, jedes Spiel zu drehen. Auch die Spueler haben keine Zweifel. Verloren ist ein Spiel immer erst, wenn der Schiedsrichter abpfeift. Aber unsere Mentalität ist es nunmal, Spiele zu gewinnen.“ Ein Umstand, der der TuS am Ende vielleicht sogar die „perfekte Saison“ ohne Niederlage bringt? „Das ist Quatsch. Eine perfekte Saison ist es für uns, wenn wir am Ende Meister werden. Wir wissen, dass wir jede Woche Vollgas geben müssen, weil sich der Gegner gegen uns immer noch ein paar Prozent mehr reinhaut“, so Martens.

Auch, wenn er in seiner ersten Dassendorfer Zeit mal eine Serie „von 72 Spielen, die wir nicht verloren haben, wo aber auch ein paar Unentschieden dabei waren“ erlebte – so eine Serie wie jetzt mit 17 Siegen in Serie „habe ich noch nicht mitgemacht“, sagte Martens, „ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das nach mir und Hoffi (gemeint ist sein Trainerkollege Thomas Hoffmann, Anm. d. Red.) noch ein Oberliga-Trainer erleben wird.“ Viel drauf einbilden aber will sich Martens nicht: „Schlagen können uns 17 Mannschaften und wir selbst. Aber: Die Qualität, keinen Gegner zu unterschätzen, zeichnet uns aus.“ Eine Qualität, die am Bekkamp nur 126 Zuschauer miterlebten. Eine vergleichsweise spärliche Kulisse, wie auch Martens befand. „Man muss sich mal vorstellen: Cordi gewinnt fünf Spiele nacheinander, wenn ich richtig informiert bin. Wir haben 16 Spiele in Folge gewonnen. Und dann kommen nur 126 Zuschauer. Das ist traurig. Die 600 Zuschauer, die heute nicht hier waren, haben echt Pech gehabt. Ich glaube, dass das für die Zuschauer echt ein mega interessantes Spiel war“, erläuterte der Coach, der trotz kalter Temperaturen wieder einmal mit kurzer Hose an der Linie stand: „Natürlich ist das nicht sonderlich warm. Aber das merke ich nur vor dem Spiel. In den 90 Minuten ist so viel Adrenalin dabei, da könnte ich auch in Badehose draußen stehen.“ Erst recht bei einem „Last-Minute“-Erfolg wie heute...

Jan Knötzsch

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