Landesliga Hansa

„Die Situation ist schwierig, aber Angst ist im Fußball der falsche Begleiter“

Türkiye-Trainer Jörn Großkopf im Interview

19. November 2019, 11:03 Uhr

Türkiyes Coach Jörn Großkopf stellt sich im FussiFreunde-Interview den Fragen zur aktuellen Situation und den Gründen für die derzeitige Platzierung. Foto Bode

Schon als Jörn Großkopf vor der Saison sein Amt als Trainer beim FC Türkiye antrat, gab es viele, die sich wunderten, warum der Fußball-Lehrer ausgerechnet beim Hansa-Landesligisten aus Wilhelmsburg anheuert. Und es gab, das berichtet Großkopf selbst, den einen oder anderen, der ihm von dieser Aufgabe abgeraten habe. Nun, nachdem die erste Hälfte der Saison gespielt ist, sieht es für Türkiye in der Tabelle alles andere als rosig aus. Von der Zielsetzung „Top Sechs“ ist man weit entfernt, stattdessen muss der FCT aufpassen, dass ihn das Abstiegsgespenst nicht inniger umarmt, als es einem lieb ist. Wir haben mit Großkopf über die aktuelle Situation, die Gründe für den derzeitigen Tabellenstand, seine Rolle als Trainer und Wege aus der momentanen Lage gesprochen.

Jörn, derzeit habt ihr fünf Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Wie ist die Stimmung angesichts dieser Lage?

Jörn Großkopf: Wir haben derzeit eine schwieirge Situation, das wissen wir. Wir haben schließlich sechs Mal hintereinander verloren und wir können auch die Tabelle lesen. Uns ist klar, dass diese Situation nicht einfach ist – gerade, weil wir ja auch ein vor der Saison ziemlich frisch zusammengewürfelter Haufen sind.

Euer Manager Seweryn Malyk tätigte unlängst nach der Niederlage gegen Düneberg die Aussage, es gehe für den FCT allmählich in den Abstiegskampf. Wie groß ist die Angst um den Klassenerhalt wirklich?

Großkopf: Wie gesagt: Die Situation ist schwierig. Aber Angst ist im Fußball ein falscher Begleiter. Natürlich sind wir im Abstiegskampf – das sagt die Tabelle. In der kann es allerdings in beide Richtungen gehen. Wir haben ja auch noch unser Nachholspiel gegen Berne in der Hinterhand. Wenn wir das gewinnen, dann können wir schon wieder etwas Abstand nach unten schaffen und uns von einem Mitkonkurrenten distanzieren. Es ist momentan schwierig, den Hebel anzusetzen. Wir haben trotz der Niederlagen gegen Düneberg und Kosova zuletzt in beiden Spielen jeweils eine richtig gute Halbzeit gespielt. Gegen Kosova kassieren wir vor der Pause kein Tor und führen. Dann verlieren wir aber den Faden und die Körpersprache. Wir denken viel zu offensiv. Es gibt auch andere Spiele, in denen wir richtig gut waren – wie zum Beispiel das aus der Hinrunde gegen Ohe. Wir müssen, so abgedroschen das auch klingt, den Bock umstoßen und Erfolgserlebnisse haben. Bevor ich bei Türkiye anfing, haben mich viele gefragt: 'Jörn, warum tust du dir diese Aufgabe an? Da ist es nie einfach und es ist immer eine geringe Trainingsbeteiligung.' Das kann ich so nicht unterschreiben. Wir haben immer um die 20 Mann beim Training, wir haben einen Rasenplatz, der in einem guten Zustand ist. Ich bin guter Dinge.

Dennoch hat die Mannschaft zuletzt sechs Mal nacheinander verloren. Worin liegen neben der zu offensiven Denkweise die Gründe dafür, dass es bei euch nicht läuft?

„Für mich ist es keine Option, zu sagen, die Mission ist beendet“, erklärt Jörn Großkopf. Foto: Bode

Großkopf: Da gibt es einige Gründe. Mangelndes Selbstvertrauen durch die Niederlagen zum Beispiel. Oder aber, dass wir auf bestimmten Positionen nicht die Besetzung haben, die wir brauchen. Wir spielen zum Beispiel mit zwei Innenverteidigern, die gar nicht von Hause aus auf dieser Position spielen. Unser Kapitän Sahin Taflan ist eigentlich jemand, der rechts in der Viererkette spielt. Cem Müller als zweiter Mann in der Innenverteidigung ist eigntlich ein „Zehner“. Zudem haben wir dann noch das Problem, dass mit Leon Conde ein Spieler die Woche über in Berlin ist. Wenn er regelmäßiger da wäre, dann würde uns das natürlich mehr helfen. Wir schauen natürlich, ob wir noch den einen oder anderen dazuholen können. Aber ich kann im Moment damit leben. Die Liga ist eng zusammen, es kann schnell in eine andere Richtung gehen. Das beste Beispiel dafür ist der Rahlstedter SC. Gegen den haben wir 0:4 verloren, aber hätten das Spiel – so komisch es klingt – mit 5:1 gewinnen können oder müssen. Rahlstedt hat seitdem einen Lauf und ist unten und damit auch aus den Abstiegssorgen raus. Wir dagegen nicht.

Lass uns an anderer Stelle ins Detail gehen: Nur Düneberg und Berne trafen in der bisherigen Saison seltener. Hat der FC Türkiye ein Offensiv-Problem?

Großkopf: Das kann man so sagen. Wir haben nicht das Problem, uns Chancen herauszuspielen. Wir machen gegen Düneberg oder gegen Altenwerder zwei Tore, gegen Kosova sogar drei. Nur: Wir kassieren gegen Düneberg aber auch drei, gegen Kosova vier und gegen Altenwerder fünf Treffer. Also könnte man genau so gut sagen, das wir ein Defensiv-Problem haben. Wir müssen unser Hauptaugenmerk wieder mehr auf die Kompaktheit richten und dann mit guten Umschaltaktionen nach vorne reagieren. Das ist die Aufgabe. In erster Linie ist es meine Aufgabe, genau das der Mannschaft zu vermitteln.


Auf der zweiten Seite spricht Großkopf über seine eigene Rolle, ob die Mission beim FC Türkiye gescheitert ist und was mit der Mannschaft im weiteren Saisonverlauf noch möglich ist.

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