Landesliga 02
Ein Verein, zwei Aufstiege: Großkopf feiert mit Türkiye - und das „Double“!
Der FC Türkiye feiert die Meisterschaft in der Landesliga 02 und die Oberliga-Rückkehr. Foto: Kormanjos
Martin Sobczyk (re.) holte als spielender Co-Trainer noch einmal alles aus sich heraus - und führte den FC Türkiye zurück in die Oberliga. Foto: Ingo Brussolo
Immer und immer wieder versuchte Jörn Großkopf von seiner Trainerbank aus mit aller Vehemenz, das Feuer bei seiner Elf zu entfachen. „Alle mehr hier!“, forderte er – und konstatierte lautstark: „Viel zu dünn! Keiner will den Ball haben!“ Der Druck war groß – und den Wilhelmsburgern durchaus anzumerken. Lange Zeit war der Auftritt im „Alles-oder-nichts-Spiel“ im Fernkampf um die Meisterschaft und den Oberliga-Aufstieg mit dem ASV Hamburg von der Nervosität geprägt. Der Klub Kosova verlangte Türkiye in den ersten 45 Minuten alles ab. Doch dann hatte der scheidende Chefcoach der Hausherren offenbar die richtigen Worte parat…
Die richtigen Worte für den Joker...
„Du hast gesehen, was in der ersten Halbzeit über rechts los war – nämlich gar nichts! Du schnappst dir jetzt den Ball, Eins-gegen-Eins – und los geht's“, waren die Worte von Großkopf in Richtung von Vitor Cadilhe Branco, der zur zweiten Halbzeit den angeschlagenen und weit unter seinen Möglichkeiten agierenden Kapitän Philip Pettersson ersetzte. Und der Joker war noch keine 30 Sekunden auf dem Platz, da öffnete er das Tor zur Oberliga mit dem erlösenden Führungstreffer. Das Tor, das zwingend erforderlich war, da Türkiye-Konkurrent ASV Hamburg in Düneberg sicher in Front lag. Cadilhe Branco vollendete einen Angriff über Marcel Rodrigues und Michel Netzbandt zum umjubelten 1:0 (46.)!
Netzbandt sorgt für Vorentscheidung, Krasniqi für Spannung
Michel Netzbandt (Mi.) dreht nach seinem Torerfolg jubelnd ab, eilt in Richtung Ersatzbank und herzt den verletzten Sahin Taflan. Foto: Ingo Brussolo
„Ich glaube, Sahin (Taflan, Anm. d. Red.), der auch nochmal auf die Jungs eingewirkt hat, und ich haben in der Halbzeit die richtigen Worte gefunden. Wir haben dann ganz anders Fußball gespielt, waren viel präsenter und haben zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht“, jubelte Großkopf, der wenig später ein zweites Mal vor Erleichterung die Faust ballen durfte. Der überragende Oguz Koras eroberte den Ball – und wieder war es Rodrigues, der für Netzbandt durchsteckte. Freistehend chippte der Torjäger die Kugel herrlich ins lange Eck (66.)! Türkiye schien durch und die Rückkehr in die Hamburger Beletage perfekt zu sein. Doch aus dem buchstäblichen Nichts sorgte Agonis Krasniqi nach Zuspiel von Albin Bektesi noch einmal für nervenaufreibende und dramatische Schlussminuten und sorgte auch beim an der Seitenlinie auf und ab tigendern Manager Klaus Klock für spürbare Nervosität (86.)!
"Wir sind aufgestiegen, weil wir ein Team sind!"
Zurück in der Oberliga: Grenzenloser Jubel beim FC Türkiye nach dem Sieg gegen Kosova und der errungenen Meisterschaft. Foto: Ingo Brussolo
Aber: Es reichte für den FC Türkiye! Auch dank Torjäger Netzbandt, der in 19 Einsätzen stolze 25 Buden erzielte. „Ein unglaubliches Gefühl gerade! Ich habe immer dran geglaubt. Zum Ende hin waren viele Jungs platt, verletzt und viele wichtige Spieler sind uns weggebrochen. Wie wir es dann geschafft haben, macht mich einfach nur glücklich“, so Netzbandt, der vor allem einen Aspekt hervorhob: „In der Mannschaft sind von vorne bis hinten geile Typen. Wir haben gute Fußballer, aber ich sage es immer wieder: Unser größter Vorteil war von Anfang bis zum Ende, dass wir als Team auf dem Platz standen, zusammen gewonnen und verloren haben – und deswegen sind wir aufgestiegen. Wir sind ein Team!“
Und als Team kämpfte man gemeinsam gegen sämtliche Widerstände an. „Ich habe manchen Spielern gesagt, dass sie sich vor dem Spiel in die Hosen geschissen haben. Aber als wir rausgegangen sind, habe ich den Jungs in die Augen geguckt – und gesehen, dass sie es endlich begriffen haben“, wusste der bei Concordia Hamburg mehr oder weniger vom Hof gejagte Goalgetter, dass der Druck in der ersten Halbzeit die Beine ein Stück weit gelähmt hat. Aber: „Geschafft ist geschafft. Und ich freue mich wirklich riesig für jeden Einzelnen! Viele verlassen den Verein, weil sie zu alt sind, aus beruflichen oder sonstigen Gründen. Das war ihr Geschenk – auch für den Trainer!“
"Für mich emotional der größte Aufstieg, weil die Truppe sensationell ist"
Und eben jener Trainer feierte einen besonderen Moment: „Ich bin schon ein paar Mal aufgestiegen, insgesamt fünfmal. Aber das war für mich emotional das Größte, weil die Truppe einfach sensationell ist! Ich werde heute jeden Einzelnen herzen, mich freuen und mit der Mannschaft feiern. Die Jungs haben es verdient! Ich war jetzt drei Jahre hier...“, kam Großkopf ins Schluchzen, ehe er anführte: „Das ist einfach geil! Es fällt mir auch schwer, die Jungs heute zu verlassen. Das muss ich ehrlich gestehen.“ Denn: Der 55-jährige Fußballlehrer wird den Oberliga-Rückkehrer verlassen und beim FC Alsterbrüder anheuern.
Auch Großkopf' neuer Club feiert Last-Second-Aufstieg
Unmittelbar nach dem Schlusspfiff drehte Jörn Großkopf noch eine kleine Ehrenrunde und zelebrierte seinen Abschied mit dem Aufstieg. Foto: Ingo Brussolo
Das einmalige Szenario: Durch einen 9:3-Sieg beim SC Sternschanze II schoben sich die punkt- und torgleichen Alsterbrüder in der Bezirksliga-Staffel 6 am ebenfalls siegreichen FC Teutonia 05 II vorbei. Grund: Die Mannen von der Kreuzkirche kassierten beim HFC Falke in der sage und schreibe fünften (!) Minute der Nachspielzeit den Gegentreffer zum 2:4-Endstand, der die Alsterbrüder zum Champion machte. Heißt für Großkopf: Ein Verein, zwei Aufstiege! Dennoch: „Heute ist der FC Türkiye meine Mannschaft. Ich werde mich aber natürlich informieren und hoffe, dass ich nachher doppelten Grund zur Freude haben werde“, wusste Großkopf unmittelbar nach dem anpfiff noch nicht, dass er künftig einen Landesligisten trainieren wird.
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