Bezirksliga Süd

„Elazig Spor 2.0“: Fatihspor will mit Sbou-Viererpack „gucken, wo das Limit ist“

24. November 2020, 13:11 Uhr

Erst heuerte er (erneut) beim Meiendorfer SV an, nun hat Youssef Sbou - wie auch seine drei Brüder - seine Zelte bei Fatihspor Hamburg aufgeschlagen. Foto: Bode

Der bis dato verlustpunktfreie Spitzenreiter war beim noch punktlosen Tabellenvorletzten zu Gast – was sollte da schon groß schiefgehen? Nicht viel, könnte man meinen – wenn da nicht etwas Unvorhergesehenes passiert. Sowohl auf als auch abseits des grünen Geläufs. In jenem Fall traf gleich beides zu. Denn „Kellerkind“ Fatihspor wartete gegen den HEBC II gleich mit einer dreifachen Überraschung auf und hatte noch einen Joker in der Hinterhand. All das führte dazu, dass der David dem Goliath ein Schnippchen schlug und das Feld als 2:1-Sieger verließ…

Zwischen 2016 und 2018 kickte der Oberliga-erfahrene Youssef Sbou (re.) bereits für den FC Elazig Spor an der Wendenstraße. Foto: Bode

Aber wie genau sah die Überraschung aus? Sie hörte auf die Namen Youness Sbou, Youssef Sbou und Morad Sbou. Als Joker hatte der „Underdog“ noch Tarik Sbou in der Hinterhand. Die vier Brüder haben ihre Zelte (erneut) an der Wendenstraße aufgeschlagen und bei Fatihspor Hamburg ihr neues sportliches Zuhause gefunden. Erneut deshalb, weil das Quartett einst für den ebenfalls an der Wendenstraße beheimateten FC Elazig Spor die „Buffer“ geschnürt hatte. Nach der Auflösung des Vereins schloss man sich dem Oststeinbeker SV an, ehe Youssef in diesem Sommer im Kader des Meiendorfer SV auftauchte. „Ich wollte nochmal richtig angreifen, Gas geben – und gucken, wo mein Limit ist“, verrät uns Youssef, Zwillingsbruder von Youness. „Meiendorf war für mich immer die erste Adresse. Das ist eine meiner Jugend-Mannschaften und ich habe schon immer einen guten Draht gehabt. Deshalb hat es gepasst, dass sich Mert (Kepceoglu, Sportlicher Leiter; Anm. d. Red.) und Gökhan (Acar, Trainer) sehr frühzeitig bei mir gemeldet haben.“

"Die machen wirklich brutale Arbeit"

Youness Sbou war schon zuvor bei Fatihspor und machte seinem Zwillingsbruder Youssef den Wechsel schmackhaft. Foto: Bode

Man habe trotz der Corona-Zeit eine gute und professionelle Vorbereitung absolviert, so Sbou, der vor allem vor dem Führungsduo Acar/Kepceoglu seinen Hut ziehe. „Die machen wirklich eine brutale Arbeit. Unter den Umständen holen die das Maximum raus.“ Er selbst merkte jedoch nach vielen Gesprächen mit seinem Zwillingsbruder Youness, dass er das gemeinsame Beisammensein – auch nach dem Training und nach den Spielen – vermissen würde. Zumal viele seiner damaligen Teamkollegen aus Elazig Spor-Zeiten inzwischen bei Fatihspor angeheuert haben. Ein weiterer Punkt: „Die Oberliga bringt zwar Spaß, ist aber heutzutage keine große Motivation mehr. Man kann sich zwar mit guten Spielern messen, aber im Endeffekt geht es um fast nichts mehr – für viele Vereine nur darum, die Klasse zu halten.“

"Früher hat jeder mitgeredet - jetzt gibt es eine klare Hierarchie"

Auch Morad Sbou (li.) ist bei Fatihspor sportlich Zuhause. Foto: Bode

Und so wechselte Youssef Sbou auf den letzten Drücker von Meiendorf zu Fatihspor. Die B75 hat er aber keineswegs im Schlechten verlassen und hofft darauf, dort auch weiter willkommen zu sein. Beim Süd-Bezirksligisten trifft er nun nicht nur auf viele langjährige Weggefährten und Freunde, sondern auch auf seine Brüder. „Das ist eine sehr interessante Aufgabe“, verspricht er sich viel davon. Nach der damaligen Abmeldung von Elazig Spor hätten viele Spieler aufgehört, einige haben sich Fatihspor angeschlossen – auch Trainer Hüseyin Aydin, der inzwischen das Ruder dort innehat. Der Unterschied zwischen beiden Clubs: „Früher hat jeder mitgeredet. Hier gibt es eine klare Aufgabenverteilung, eine Hierarchie, da ist Ordnung drin. Das, was bei Elazig falsch gemacht wurde, wird hier umgesetzt“, so Youssef Sbou, der bei der 1:3-Pleite bei Buchholz 08 II sein Debüt für den neuen Verein feierte – und im Anschluss überrascht darüber war, „dass seitdem immer 16 bis 19 Leute beim Training dabei waren. Alle haben konstant durchgezogen. Das gab es zu Elazig-Zeiten nicht. Das fand ich cool und hat mich motiviert, dass die Jungs so viel Gas gegeben haben, obwohl die Bedingungen mit Grandplatz und zwei Flutlichtmasten wirklich alles andere als gut sind.“

"Nächste Saison kann man gucken, wo das Limit ist"

Gleiches gilt für den Vierten im Bunde, Tarik Sbou. Foto: Bode

Dennoch weiß der 30-Jährige auch, dass die „Vorbereitung immer ganz klein geschrieben wird. Da geht es hauptsächlich um das Familiäre und darum, auf dem Platz alles zu geben – und dann zu gucken, wie es ausgeht.“ Mit seiner Vergangenheit, in der „viel geschrieben wurde“ und es zu „Vorkommnissen kam, die sich nicht gehörten“, hat Youssef Sbou abgeschlossen. Bei Fatihspor soll der Spaß in einem familiären Umfeld zurückkehren – und natürlich auch der Erfolg. Letzteres geht man jedoch ganz behutsam an. An die Landesliga, wie zu Elazig-Zeiten, ist „aktuell noch nicht zu denken“, meint Sbou. „Aber es gibt natürlich einen Plan. In zwei, drei Jahren könnten wir auf jeden Fall oben mitspielen.“ Doch so weit voraus will er noch gar nicht blicken. Denn in den vergangenen Wochen habe man aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt nicht trainieren können. Deshalb sei es zunächst einmal wichtig, „dass wir diese Saison, sollte sie noch weiter gespielt werden, gut zu Ende bekommen. Nächste Saison kann man dann gucken, wo das Limit ist, wenn man sich nochmal mit zwei, drei Leuten verstärkt.“

"Denke, dass da noch der eine oder andere Spieler kommen wird"

Youssef Sbou (re.) spielte unter anderem schon für Concordia, den TSV Sasel, Meiendorfer SV und Germania Schnelsen, ehe Stationen bei Elazig Spor und Oststeinbek folgten. Foto: Bode

Er selbst könne sich indes „sehr gut vorstellen“, länger bei Fatihspor zu bleiben. „Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste und irgendwann machen die Knochen nicht mehr mit. Wichtig ist mir, dass es leistungsbezogen ist.“ Da er selbst „immer nur gute Erinnerungen“ an die Elazig-Zeit und an das Umfeld hatte, mit Leuten wie Gökhan Ermis, Ramazan Güler, Lukasz Gesla oder Ridvan Akdemirci auch einige Leistungsträger aus der damaligen Zeit wieder an der Wendenstraße aktiv sind und der Kader zudem mit dem Landesliga-erfahrenen Francisco Daniel Alves Monteiro (ehemals Oststeinbeker SV und FC Türkiye) sowie Yasin Topal (RW Wilhelmsburg) verstärkt wurde, könne man auch mit ihm „noch ein paar Saisons“ bei Fatihspor rechnen. Und wer weiß, was die Zukunft noch so mit sich bringt? „Ich habe da schon zwei, drei gute Fußballer gesehen, die bei uns zugucken waren. Ich denke mal, dass da noch der eine oder andere Spieler kommen wird...“

Autor: Dennis Kormanjos