Kolumne

Entspricht das Schiedsrichterniveau noch den Erwartungen der Vereine und Zuschauer?

13. September 2023, 11:59 Uhr

Foto: Rüdiger Abend

Eines gleich vorab, es handelt sich hier nicht um eine Generalkritik an Schiedsrichtern oder Schiedsrichtergespannen. Mir ist die Wichtigkeit dieser Personalien absolut bewusst, denn ohne die Damen und Herren im schwarzen Dress ist unser geliebter Fußball nicht darstellbar. Aber genau da liegt für mich die Krux. Nur, weil wir ohne Schiedsrichter kein Spiel starten können, sollte und darf das kein Freifahrtschein für das Auftreten des Gespanns und das Auslegen von Regeln sein. Schiedsrichter fordern völlig zurecht Respekt ein, aber legen sie den Vereinen, Trainern, Offiziellen oder Spielern gegenüber den selbst eingeforderten und gleichen Respekt an den Tag?

Seit Saisonbeginn sehe ich zwei Spiele im Schnitt pro Woche. Von der Bezirksliga bis zur Regionalliga waren genug unterschiedliche Ligen dabei, um das Niveau und das Auftreten einschätzen zu können. Jeder Spieler und Vereinsverantwortliche, egal in welcher Spielklasse, wünscht sich für jede Partie einen kompetenten Spielleiter, der – trotz Autorität und klarer Linie – eine lockere Art an den Tag legt. Das Regelwerk gibt jedem Schiedsrichter eine klare Linie vor, dennoch werden Regeln auch in den höchsten Spielklassen immer mal wieder anders ausgelegt – zum Unmut der Betroffenen. Was sich aber für mein Empfinden häuft, ist, dass selbst die davon profitierenden Spieler und Vereine sich negativ über Entscheidungen äußern. Vor einigen Jahrzehnten wurde nach dem Spiel gemeinsam ein Bier getrunken und die Themen wurden aus der Welt geschafft. Heute sieht das anders aus.

Die Presse ist vor Ort und fängt die Stimmen der Trainer ein, auch zu Entscheidungen von Schiedsrichtern. Wenn der Spielbericht via Social Media erscheint, greifen einige zum Handy und wettern wild und wiederholt gegen die Referees. Diese Art von Feedback und Rückmeldung bringt natürlich die wenigstens weiter und verschärft eher die Fronten. Erst recht, wenn es sich noch um ehemalige Verantwortliche bzw. Trainer von leistungsorientieren Mannschaften handelt, die selbst durch unmögliches Verhalten rund um Spiele auffallen oder aufgefallen sind. Die wenigsten haben davon schon mal, abseits vom Trainingsspiel bzw. -betrieb, die Pfeife im Mund gehabt und eine Partie geleitet.

Aber nun zurück zum Thema. Das konstruktive Feedback an ein Schiedsrichtergespann ist unumgänglich. Oft und immer wieder sieht man, auf den Traversen und Tribünen der Sportanlagen, Schiedsrichterbeobachter, die fleißig notieren und aufmerksam den Auftritt des Gespanns verfolgen. Schaut man sich die Leistungskurve und das Niveau der Schiedsrichter in den letzten zwei, drei Jahren an, dann fällt auf, dass das Niveau sinkt. Es stellt sich also die Frage, werden die Gespanne richtig bewertet bzw. beurteilt oder gibt es im Nachgang einen allgemeinen standardisierten Austausch mit dem Beobachter, weil man ja froh ist, die Schiedsrichter zu haben. Wenn ich nicht gänzlich falsch liege, werden die Schiedsrichtergespanne nach einer Beobachtung nach einem System bewertet bzw. beurteilt. Das ist eine gute Basis, aber warum wird diese Beurteilung oder Bewertung im Nachgang nicht transparent veröffentlicht? Schaden würde das doch niemandem.

Die Situation würde sich dadurch sogar verbessen, denn eine weniger gute Bewertung würde den Vereinen, Spielern und Zuschauern auch aufzeigen, dass Leistungen kritisch beurteilt und bewertet werden. Ich glaube sogar, dass ein Schiedsrichter sich in dem Wissen der Veröffentlichung seiner Beurteilung noch mehr Mühe gibt und während der Partie leistungsstärker und präsenter ist.

Und was genau sind eigentlich die Kriterien für eine positive oder auch negative Bewertung? Ist es gut oder schlecht, wenn ein Unparteiischer in heiklen Phasen eines Spiels zugänglich ist und umstrittene Entscheidungen den Trainern oder Kapitänen gegenüber auf Nachfrage erläutert, um die Hektik rauszunehmen, anstatt die Stimmung mit einem Abwinken oder der Abstrafung von Ignoranz weiter aufzuheizen?

Bei aller Diskussionen um Schiedsrichter darf man nicht vergessen, dass jeder Fehler macht und Dinge anders betrachtet. Ein Schiedsrichter hat zudem auch immer einen anderen Blickwinkel auf Situationen als die Spieler, Trainer und Zuschauer. Dennoch sollte man die Leistungen der Referees mehr hinterfragen und sich auch in diesem Bereich weiterentwickeln. Das Headset ist sicherlich schon ein großer Schritt im Bereich Weiterentwicklung, aber auch das Thema Videoanalyse sollte ab der Landesliga mehr genutzt werden. Inzwischen haben unzählige Vereinen Kameras am Spielfeldrand stehen und liefern quasi das Material.

Viel wichtiger als das Gemeckere und Geschreie bei Fehlentscheidungen ist der Umgang untereinander danach. Die Schiedsrichter sollten offener für Kritik sein und sich nicht über alles stellen. Bei Verantwortlichen punktet man sicherlich mehr, wenn man auch Fehler eingesteht und darüber redet. Ist diesem Bereich hilft Kommunikation, am besten bei einem kühlen Bier und in etwas ruhiger Umgebung.

Jan Haimerl