Schleswig-Holstein
Ex-Hamburger mit Eichede vor dem Aus?
Der ehemalige Norderstedt-Angreifer Mats Facklam (li.) steht mit dem SV Eichede vor dem Aus. Foto: KBS-Picture.de
Auch der einstige Norderstedter und Condoraner Fynn Rathjen (re.) hat sein sportliches Zuhause inzwischen in Eichede gefunden. Foto: KBS-Picture.de
Mit Frank Ockens (zuletzt Wedeler TSV) hatte in der Saison 2013/14 ein bekannter Name aus dem Hamburger Raum die sportlichen Geschicke in Eichede inne. Auch Julian Barkmann und Eyke Kleine (beide TuS Dassendorf), Oberliga-Torjäger Marco Schubring, Arnold Lechler, Hamed Mokhlis (alle SVCN), Noor Al-Tamemy (HSV Barmbek-Uhlenhorst), Sebastiao Mankumbani (Hamm United FC), William Wachowski (Altona 93), Yannick Petzschke und Ian-Prescott Claus (SC Victoria) oder aber die Monteiro-Brüder Ridel (zurzeit vereinslos) und Eudel (AFC), um tatsächlich nur einige Akteure aus der jüngeren Vergangenheit zu nennen, hatten ihre zwischenzeitliche sportliche Heimat beim SVE gefunden. Doch nun stehen den „Bravehearts“ massive Probleme ins Haus.
Das wäre ein herber Schlag für die ganze Region, den Fußball in Schleswig-Holstein, wo der SV Eichede seit Jahren zu den absoluten Schwergewichten zählt, aber natürlich vor allem für den Verein selbst. Aus diesem Grund hat man eine „Kampagne für die Zukunft des SV Eichede“ ins Leben gerufen. Hier gibt’s alle Fakten im Wortlaut:
Um das Aus noch abzuwenden, hat der SV Eichede am Nachmittag des 30. November eine Kampagne über seine Social-Media-Kanäle und seine Internetseite www.sveichede.de gestartet. Unter dem Titel „Eine Zukunft für den SV Eichede“ informiert der Verein ab sofort mit täglich wechselnden Schwerpunkten über die Vielfalt seiner Mitglieder, seine gesellschaftliche Bedeutung, die sportlichen Erfolge, seine Geschichte und seinen Stellenwert für das Zusammenleben im Dorf. In Videoclips erklären aktive Mitglieder, ehrenamtliche Mitarbeiter*innen und Wegbegleiter, was den SVE einzigartig und für die Region unverzichtbar macht. Der SV Eichede setzt auch auf die Unterstützung der Fußball- und Sportverbände sowie der Politik und Zivilgesellschaft.
Erfolge auf Basis erstklassiger Nachwuchsarbeit
Anderthalb Jahre lang knipste Ian-Prescott Claus (re.) für den Club aus Stormarn - inzwischen netzt er für Vicky in der Oberliga Hamburg regelmäßig. Foto: Bode
Mit 556 Mitgliedern, darunter 226 aktiven Jugendspieler/innen sowie 41 Handicap-Fußballer/innen, ist der SV Eichede einer der größten Fußballvereine der Region. Sportliche Erfolge wie der wiederholte Aufstieg in die Regionalliga Nord der Herren und Junioren sowie die Qualifikation für den DFB-Pokal 2017 mit dem Erstrundenspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern basieren auf der Strategie konsequent erstklassiger Nachwuchsarbeit in allen Altersklassen.
Verein stünden wesentliche Haftungsrisiken bevor
Statt die sportlichen, vor allem aber auch gesellschaftlichen und integrativen Leistungen des SV Eichede anzuerkennen, will die Gemeinde Steinburg dem Verein nun wesentliche Haftungsrisiken unter anderem in Verbindung mit Verkehrssicherungspflichten sowie der Nutzung der gemeindeeigenen Sportanlage auferlegen, die ein gemeinnütziger Verein nicht leisten kann.
Letzte Regelung bestand anderthalb Jahrzehnte
Vorgelegter Vertrag inhaltlich nicht mit dem Verein abgestimmt
Marco Heskamp wechselte vor dieser Saison vom SV Eichede zu Regionalligist Altona 93. Foto: KBS-Picture.de
Laut dem von der Gemeinde zu einem großen Teil mit dem Verein inhaltlich nicht abgestimmten neuen Vertragsentwurf würde über eine Gesamtlaufzeit von nur viereinhalb Jahren die Bereitstellung von Mitarbeitern und Gerätschaften seitens der Gemeinde reduziert. Vorgesehen ist ferner, die finanzielle Beteiligung der Gemeinde (bisher pro Jahr 30.000 Euro) um zunächst 50 Prozent zu reduzieren und ab Sommer 2021 jährlich neu festzulegen. Der Betrag könnte von der Gemeinde damit einseitig auf null gesenkt werden. Der SV Eichede müsste indes weiterhin die volle Unterhaltung und Verwaltung der Sportanlage inklusive der Gebäude übernehmen.
Verein u. a. für Verkehrssicherungspflicht verantwortlich
SV Eichede beantragt Interimsvertrag bis 30.06.2021
Der SV Eichede hat die Gemeinde bereits davon in Kenntnis gesetzt, den Vertragsentwurf nicht zu akzeptieren, und beantragt für die letzte Sitzung der Gemeindevertretung in diesem Jahr eine Verlängerung des bestehenden Nutzungsvertrags bis zum 30. Juni 2021, um zumindest für die laufende Fußballsaison Planungssicherheit zu haben. Gleichzeitig muss ein verbindlicher Prozess für Neuverhandlungen eines langfristigen Vertrags mit Laufzeitbeginn am 1. Juli 2021 vereinbart werden.
SV Eichede würde die Auflösung drohen
Kommt es bis zum 31. Dezember 2020 zu keiner Einigung, kann der SV Eichede die Sportanlage nicht weiter nutzen, wie aus einer Mitteilung der Gemeinde hervorgeht. Weil die Anmietung alternativer Sportflächen, zumal kurzfristig, nicht realistisch erscheint, müsste der Vorstand den Mitgliedern dann womöglich die Auflösung des Vereins vorschlagen.
Schon in jungen Jahren jubelte Mats Facklam für den Stormarner Club - mittlerweile tut er es wieder. Foto: KBS-Picture.de
Olaf Gehrken (Erster Vorsitzender):
„Der SV Eichede leistet seit Jahrzehnten mit seiner Arbeit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag und legt seinen Fokus konsequent auf nachhaltige Jugendarbeit. Wir sind ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens und eine Bereicherung für die Region. Es gibt sicher nicht viele Vereine, die in der Lage sind, so viele engagierte Menschen zu begeistern und für Aufgaben im Vereinsleben ehrenamtlich zu gewinnen wie wir. Es geht uns nicht in erster Linie um finanzielle Unterstützung, sondern um eine vertrauensvolle und langfristige Partnerschaft mit der Gemeinde, um unsere sportliche Heimat weiter mit einem so bemerkenswerten ehrenamtlichen Einsatz pflegen und stetig verbessern zu können wie bisher. Umso größer ist unsere Enttäuschung, dass die Gemeinde die Verhandlungen über den Nutzungsvertrag erst immer wieder verzögert hat, um uns dann ein vom Ergebnis der Gespräche eklatant abweichendes Vertragsangebot zu unterbreiten, das ein verantwortungsvoll handelnder Vereinsvorstand nicht unterschreiben kann. Wir fordern jetzt, den bestehenden Vertrag vorerst um ein halbes Jahr zu verlängern, um im Januar neue Verhandlungen aufnehmen und den Fortbestand des SV Eichede sichern zu können.“
Dr. Tim Cassel (Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes):
„Der SHFV ist Mitte November vom SV Eichede über die brisante Situation informiert worden. Gemeinsam mit dem Landessportverband Schleswig-Holstein sind wir über einige Inhalte des Vertrages, den die Gemeinde Steinburg als „Zentraler Ort“ dem ehrenamtlich geführten SV Eichede zur Unterschrift vorgelegt hat, sehr verwundert. Ich bin überzeugt, dass es im Bereich des Sportes landesweit und darüber hinaus, aber auch in der Politik ein großes Interesse gibt, dass der SV Eichede seine außerordentlich geschätzte Arbeit im Bereich Nachwuchs-, Handicap- und Herren-Fußball langfristig fortsetzen kann. Der Schleswig-Holsteinische Fußballverband wird sich entsprechend einbringen, an einer Lösung mitzuwirken.“
Mats Facklam (Spieler Erste Herrenmannschaft):
„Hier in Eichede hatte ich die Möglichkeit, mich am besten weiterzuentwickeln. Die Trainer, die Gegebenheiten sind hier sehr gut. Wir haben eine sehr gute Mannschaft in der Oberliga, wollen in die Regionalliga aufsteigen. Das Aus wäre natürlich ein harter Schlag. Wir würden einfach etwas verlieren, den Spaß, hier in Eichede Fußball zu spielen.“
Lars Konietzko (Trainer Handicap-Fußball):
„Unser Handicap-Team ist seit der Gründung vor zwölf Jahren enorm gewachsen, von 15 auf 40 Mädels und Jungs. Das Aus für den SV Eichede und damit auch für uns kann ich mir gar nicht vorstellen. Für viele von uns ist der Fußball in Eichede mit zur Lebensgrundlage geworden. Wenn man uns das jetzt unter den Füßen wegreißen würde, wäre das dramatisch.“
Leon Tonder (Spieler U19):
„Wir haben hier ein sehr hohes Leistungsniveau, eine sehr gute Gemeinschaft, mit vielen Spielern spielt man schon über Jahre zusammen. Für mich würde das Aus des SV Eichede bedeuten, dass wir als Mannschaft auseinandergerissen werden und uns eine große Perspektive hier in der Region, im Kreis genommen wird.“