Landesliga 03

Fußball-Wahnsinn: Joker Keck macht „Trouble“ – und kontert Kortmann-Hattrick!

12. Februar 2022, 17:35 Uhr

Am Fuße des Millerntor-Stadions boten der SC Hansa 11 und BU II am Freitagabend ein wahrhaftiges Fußball-Spektakel. Foto: BU II/facebook

Fußball verrückt am Fuße des Millerntor-Stadions! „Ich versuche mal, so ein Spiel in Worte zu fassen, was gar nicht so einfach ist“, wich Michael Koss auch am Tag danach ein gewisses Schmunzeln nicht aus dem Gesicht. „Das Ergebnis zeigt es ja schon, dass es ein sehr wildes und ungewöhnliches Spiel war. Für den neutralen Zuschauer sicherlich super spannend und interessant. Aus Trainersicht ist ein 5:5 aber ein bisschen ‚too much‘“, so der Trainer des HSV Barmbek-Uhlenhorst II nach dem Zehn-Tore-Spektakel an der Feldstraße beim SC Hansa 11.

Auf der einen Seite das Millerntor, auf der anderen der Bunker: Besonderes Fußball-Flair am Freitagabend beim SC Hansa 11. Foto: BU II/facebook

„Das Spiel war eigentlich schon gelaufen“, befand Erkan Sancak. „Aber da ich nun mal eine relativ junge und noch unerfahrene Mannschaft habe“, so der Coach des SC Hansa 11, „haben die Jungs dann irgendwann angefangen, ein bisschen ‚rumzudaddeln‘, hier und da einen Tunnler zu schieben und die Konter nicht mehr vernünftig auszuspielen.“ Die Folge: Seine Mannschaft gab eine 4:2-Führung aus der Hand und lag urplötzlich mit 4:5 hinten, da Adrian Kortmann binnen sieben Zeigerumdrehungen einen lupenreinen Hattrick für die BU-Reserve erzielte (80., 82., 87.)! „Wir haben auf Dreierkette umgestellt und fast alles nach vorne geworfen“, verriet Koss, der mit seinen Mannen nun „das Momentum auf unserer Seite“ hatte.

"Vielleicht haben wir uns ein bisschen zu früh gefreut"

„Das waren richtig schöne Spielzüge, richtig gute Aktionen von uns. Der pure Wahnsinn, was da abgegangen ist!“ Und nicht nur Sancak hatte beim 4:2 das Gefühl, dass der Deckel bereits drauf sei, auch die Gäste dachten nach der späten Total-Wende „schon, dass das Ding vorbei ist und wir uns belohnt haben“, gab Koss unumwunden zu. „Vielleicht haben wir uns ein bisschen zu früh gefreut…“, deutete er bereits an, was in der Nachspielzeit folgte. „Ein Chip-Ball, zwei Spieler von uns gehen zum Kopfball“, und verspekulierten sich. So war Vico Keck auf und davon – und markierte tatsächlich noch den 5:5-Endstand (90. +1)! „Vico hat nach seiner Einwechslung für ordentlich ‚Trouble‘ gesorgt, viele Zweikämpfe gewonnen und insgesamt viel gemacht“, lobte Sancak seinen Joker, der bereits die zwischenzeitliche 3:2-Führung erzielte (66.).

"Wir sind nicht gut reingekommen, waren sehr träge und langsam"

Am Ende gab's ein spektakuläres 5:5-Spektakel zwischen beiden Teams. Foto: BU II

„Letztendlich kann man natürlich glücklich darüber sein, dass wir noch einen Punkt geholt haben. Aber wenn man das ganze Spiel betrachtet, dann haben wir zwei Punkte verloren“, bilanzierte der Hansa-Coach, der befand: „BU war sehr darauf bedacht, auf Konter zu lauern und lange Bälle zu spielen. Sie hatten zwei große Stürmer, die wirklich sehr gut waren und in der ersten Halbzeit gefühlt 99 Prozent aller Kopfballduelle gewonnen haben.“ Dabei machte er auch keinen Hehl daraus, dass BU II „verdient in Führung“ gegangen sei. „Wir sind gar nicht ins Spiel gekommen, waren sehr träge und langsam. Die haben das gut gemacht, das muss man ehrlich sagen.“

Mit dem Halbzeitpfiff: Keil kontert Meyer

Die Gäste beim Warmmachen vor der Partie. Foto: BU II

Winter-Neuzugang Paul Meyer, der für die SV Drochtersen/Assel bereits zwei Kurzeinsätze in der Regionalliga Nord absolvierte, war es, der die Barmbeker im ersten Abschnitt auf die Siegerstraße brachte (13.). Aber: „Wir sind die letzten zehn Minuten vor der Halbzeit immer besser ins Spiel gekommen“, konstatierte Sancak, dessen Mannen mit dem Pausenpfiff zum Ausgleich kamen. Tobias Keil schaltete nach einem Pfostenschuss am schnellsten und staubte zum 1:1 ab (45.). Für die Gäste natürlich ein denkbar „blöder Zeitpunkt“, musste auch Koss eingestehen. „Wir hatten eine Idee, wie wir Hansa 11 ärgern wollten“, erklärte er hinterher – und fügte an: „Wir wollten nach guten Umschaltmomenten auf dem engen Platz immer wieder unsere Möglichkeiten kreieren. Das haben wir auch sehr gut gemacht und Hansa bewusst den Ball überlassen“, fasste er die „normale“ erste Halbzeit zusammen.

"Wir hatten das Gefühl, gut drin zu sein"

Die Hausherren reagierten auf die ersten 45 Minuten mit einer Umstellung – und: „Wir wollten auch mehr über die Außen kommen. Allerdings kassieren wir dann mit der ersten Chance das 1:2, was es für uns natürlich umso schwerer gemacht hat“, tat erneut Meyer den Feldstraßen-Kickern enorm weh (59.). „Wir haben uns in der Halbzeit viel vorgenommen, weil wir das Gefühl hatten, gut drin zu sein. Folgerichtig machen wir ein richtig schönes Tor zum 2:1“, freute sich Koss – und meinte: „Bis dahin: so weit, so gut.“ Doch dann kam Keck – und die Wende.

"Ganz wilde" Minuten sorgen für Hansa-Hattrick

Das Millerntor am Fuße des Kunstrasenplatzes an der Feldstraße, wo Hansa 11 die "Zweite" von BU empfing. Foto: BU II

Auch, weil die Gäste nun „ganz wilde fünf bis zehn Minuten“ hatten und individuelle Fehler produzierten, „die nichts mit Mannschafts-taktischen Dinge“ zu tun hatten, so Koss. „Wir haben in der Phase einfach häufig individuell die falsche Entscheidung getroffen und nicht konsequent genug gespielt.“ Vor dem 2:2 sorgte ein im eigenen Strafraum quer gespielter Ball für eine Einladung an die Sancak-Schützlinge, die Andy Asare-Kumi Poku dankend annahm (64.). Keine 120 Sekunden später schenkte man einen schon sicher geglaubten Ball her, „anstatt ihn zu löschen“. Nutznießer war Joker Keck. Und der zumindest aus Hansa-Sicht krönende Abschluss der Drangphase war ein traumhafter Freistoß von Semir Demirovic in den Knick (69.)!

"Wir wussten nicht wieso, weshalb warum - das hat schon wehgetan!"

„Wir wussten nicht wieso, weshalb warum. Das hat schon wehgetan“, gab Koss zu Protokoll. Man habe sich „kurz geschüttelt und überlegt, wie wir der Mannschaft jetzt helfen können“. Mit einer Umstellung und einer Systemanpassung ging man nun volles Risiko, drehte das Geschehen komplett auf den Kopf – doch dann kam Keck. „Unser Minimalziel war, einen Punkt mitzunehmen. Das haben wir erreicht. Ich glaube aber, dass wir aufgrund des Spielverlaufs doch ein bisschen mehr verdient gehabt hätten. Aber so ist Fußball“, lautete das Fazit von Koss. Nichtsdestotrotz: „Ich bin mit dem, was die Jungs – auch auf mentaler Ebene – geleistet und abgeliefert haben, super zufrieden! Für mich fühlt sich das definitiv nicht an wie eine Niederlage. Wir sehen, dass wir uns entwickeln. Und man weiß: Es ist definitiv nicht einfach, dort zu spielen.“ In der kommenden Woche wolle man gegen das „Überteam“ vom ETV alles versuchen, „das Unmögliche möglich zu machen“.

"Wir müssen viel investieren, um überhaupt ein Tor zu schießen"

Foto: BU II/facebook

Sein Gegenüber sagte: „Aktuell ist es wirklich so, dass jede Chance für den Gegner auch gleich zu einem Tor führt. Und wir müssen so viel investieren, um überhaupt ein Tor zu schießen“, haderte Sancak. „Wenn man sich die 90 Minuten anguckt, haben wir zwei Punkte verloren. Aber wenn man mich jetzt fragt, sind wir zumindest glücklich über den einen Punkt – denn jeder Einwurf, jeder Standard, jeder lange Ball war gefährlich.“ Für den neutralen Beobachter war es jedenfalls ein Vergnügen!

Das zwischenzeitliche 4:2 von Semir Demirovic per Freistoß im Video

Autor: Dennis Kormanjos