Oberliga

Harnik und Kruse bald vereint? „Bei Max weiß man nie – da ist alles möglich“

19. Januar 2021, 15:06 Uhr

Profi-Fußball adé: Martin Harnik (Mi.) jubelt inzwischen in der Oberliga für die TuS Dassendorf. Foto: KBS-Picture.de

Er bereue die Entscheidung, die große Karriere hinter sich gelassen und die Profi-Stiefel an den Nagel gehangen zu haben, „nullkommanull“, gesteht Martin Harnik in der neuen Ausgabe des „kicker meets DAZN“-Podcasts. Eigentlich habe er stets das Ziel verfolgt, im Alter von 34 Jahren Schluss zu machen, verrät Harnik. Nachdem „Werder Bremen den ersten Schritt zu meinem Karriereende gemacht hat“, indem man dem heute 33-Jährigen mitgeteilt habe, nicht mehr mit ihm zu planen, und ein weiteres Engagement beim Hamburger SV, für den Harnik „gerne nochmal etwas gut gemacht hätte aus dem Vorjahr“, nicht zustande kam, war der Entschluss „alternativlos“.

Bei der TuS spielt Harnik (re.) an der Seite seines Schwagers Mattia Maggio (Mi.), der einst beim HSV aktiv war. Foto: KBS-Picture.de

Seine Leidenschaft und Liebe zum Fußball seien „ungebrochen und unverändert“, erzählt Martin Harnik im „kicker meets DAZN“-Podcast. „Das hat sich über all die Jahre Profi-Fußball überhaupt nicht abgenutzt“, führt er aus. Und so stand für den 68-maligen österreichischen Nationalspieler (15 Tore) und Deutschen Pokalsieger mit Werder Bremen (2008/09) schnell fest, dass er weiter gegen den Ball treten wird – wenn auch auf etwas überschaubarerem Niveau. „Ich habe mich natürlich schon mit Dassendorf beschäftigt, bevor ich da hingewechselt bin“, spricht Harnik auf die vielen Freundschaften und ehemaligen Teamkameraden aus gemeinsamen Jugendzeiten beim SC Vier- und Marschlande an. Einige dieser Jungs schnüren ihre Buffer inzwischen für die TuS Dassendorf. Sein Ex-Mitspieler Jean-Pierre Richter coacht den Hamburger Serienmeister, sein Schwager Mattia Maggio ist sein Sturmpartner.

"Ich vermisse es gerade regelrecht"

Harniks (Mi.) letztes Profi-Spiel war ein ganz bitteres: Durch die 1:5-Klatsche gegen Sandhausen setzte der HSV den Aufstieg endgültig in den Sand. Foto: KBS-Picture.de

Auch deshalb, weil er „den einen oder anderen schon kannte“, habe er sich am Wendelweg „schnell eingefunden“. Hinzu kommt, so Harnik, dass er ein Typ sei, „der schnell in einer Mannschaft ankommt“. Jener Prozess sei bereits abgeschlossen gewesen, noch bevor es zum Corona-bedingten Lockdown kam. Fast drei Monate sind inzwischen ins Land gegangen – und ans Fußballspielen auf Amateurebene ist noch immer kaum zu denken. Genießen tue er die Ruhe überhaupt nicht, betont Harnik – und meint: „Wenn ich’s hätte genießen wollen, dann hätte ich jetzt nicht sofort und nahtlos bei Dassendorf in der Oberliga weitergemacht. Ich vermisse es gerade regelrecht.“ All die Dinge, die den Amateursport ausmachen: „Mir fehlt dieses Rumalbern mit den Jungs, nach dem Training auch mal gemeinsam ein Bierchen zu trinken und noch etwas herum zu sitzen, aber natürlich auch das gemeinsame auf dem Platz stehen und spielen.“ Generell fehle ihm „die Bewegung, das Auskotzen und Ventile öffnen auf dem Platz – nicht im negativen Sinne, sondern auch mal eine Grätsche zu viel oder sich im Dreck suhlen.“ So eine lange fußballfreie Zeit habe er „noch nie im Leben gehabt – und es fällt mir schon schwer“, macht der gebürtige Hamburger keinen Hehl daraus.

Profi-Fußball: "Jede Woche komischer Freundschaftsspiel-Charakter"

Nun präsentiert Harnik seine Klasse auf den Oberliga-Plätzen dieser Stadt. Foto: KBS-Picture.de

Ganz anders verhält es sich mit dem Profi-Fußball. „Der fehlt mir überhaupt nicht“, entgegnet Harnik im Podcast – und begründet das damit, dass ohne Zuschauer etwas Wesentliches fehlen und „jedes Wochenende ein komischer Freundschaftsspiel-Charakter“ herrschen würde. Er verfolge die Bundesliga mittlerweile nur noch am Rande. „Selbst zu meiner aktiven Zeit habe ich in meiner Freizeit nie wirklich Fußball laufen gehabt, sondern mir lediglich die Highlights angeschaut. Ich könnte überhaupt nicht sagen, wer am kommenden Wochenende auf wen trifft.“

"Das war ein richtiges Debüt zum Vergessen"

Sein erstes Oberliga-Tor erzielte Harnik (li.) beim 4:0-Sieg seiner TuS über Concordia - und das zum wichtigen 1:0 per Hacke. Foto: KBS-Picture.de

Viel lieber würde er selbst schon möglichst bald wieder auf dem Platz stehen. So, wie er es bisher schon zweimal für die TuS Dassendorf getan hat. Wenngleich Harnik an seine Premiere im „Dasse“-Dress beim FC Süderelbe, wo er in der 58. Minute eingewechselt wurde und ohne Torerfolg beim 7:1-Kantersieg blieb, nicht die besten Erinnerungen hat: „Von kläglich vergeben über Innenpfosten und dann wieder raus: Das war ein richtiges Debüt zum Vergessen. Da war der Spaß auf den Rängen schon zu hören. Natürlich ärgere ich mich in so einer Situation – und sage mir: ‚Den Deppen da draußen gönne ich es eigentlich nicht, dass die sich über mich kaputtlachen.‘ Auf der anderen Seite nehme ich das nicht mehr mit nach Hause. Das ist das Schöne am Amateurfußball.“ Und während er „die Woche davor noch schön die Hundertprozentigen vergeben“ habe, machte er bei seinem ersten Startelf-Einsatz gegen Concordia (4:0) das so wichtige 1:0 – und das nicht irgendwie, sondern „in Abzocker-Manier“ und wunderschön mit der Hacke.

"Ich weiß selbst, dass ich in der Oberliga kicke"

Danach war der Jubel bei Harnik (re.) und seinen Teamkollegen groß. Foto: KBS-Picture.de

Nur zu gerne hätte Harnik in den Wochen darauf an die Leistungen angeknüpft und seiner TuS zu weiteren Siegen verholfen – doch Corona machte dies unmöglich. Dabei brauche er noch Zeit, um sich „in der Liga zurechtzufinden“, beteuert der Angreifer. Denn: „Dafür ist der Erfahrungsschatz in der Oberliga noch zu klein.“ Dass er dort vermutlich auch auf Spieler treffen wird, die gegen ihn als Ex-Bundesliga-Star besonders motiviert sein werden, mache ihm nichts aus. „Ich kann mit harten Einsteigen oder Übermotivation leben, sofern der Respekt bleibt. Ich weiß selbst, dass ich jetzt in der Oberliga kicke – das braucht man mir nicht zu sagen“, schmunzelt er – und betont: „Mir ist auch wichtig, dass keiner denkt, dass ich mich für etwas Besseres halte. Ich kann auch gerne mit `nem dicken Knöchel nach Hause kommen, Hauptsache es hat Spaß gemacht“, witzelt er.

Kruse zur TuS? "Wir haben schon drüber gesprochen"

Den Profi-Fußball vermisse er gar nicht, so Harnik, der in der Zukunft eventuell auch wieder mit SCVM-Teamkollege Max Kruse zusammenspielen könnte. Foto: KBS-Picture.de

Sein Engagement beim Dauer-Titelträger beruht hingegen nicht nur auf diverse Bekanntschaften, sondern rührt auch daher, dass er in Dassendorf sesshaft ist. „Ich bin nicht zum FC Bayern der Oberliga Hamburg gewechselt und habe jedes Mal 45 Minuten Fahrzeit, sondern ich bin zu meinem ersten Heimspiel mit dem Rucksack auf dem Rücken zu Fuß gegangen.“ Auch wenn er „nur“ noch in der Oberliga und nicht mehr in den großen Stadien dieser Welt unterwegs ist, strebt er nach wie vor „den maximalen Erfolg“ an. Und vielleicht wird die Riege der einstigen SCVM-Clique ja schon bald um einen weiteren äußerst prominenten Namen reicher: Max Kruse und Martin Harnik schossen die „Red Devils“ in der Jugend von Erfolg zu Erfolg und sich ins Rampenlicht. Während Harnik den ersten Schritt gemacht hat, könnte Kruse, der aktuell noch mit Union Berlin die Bundesliga unsicher macht, eines Tages folgen: „Wir haben schon drüber gesprochen“, lautet Harniks verheißungsvolles Geständnis. „Bei Max weiß man nie. Da kann alles möglich sein – von Japan über Amerika bis hin zu Dassendorf“, kann er sich im „kicker meets DAZN“-Podcast abschließend ein Lachen nicht verkneifen.