HSV siegt! Arslan-Chip unter Latte, Otremba wird zum Elferkiller

Turbulentes Spitzenspiel mit einem Tor, drei Elfern und zwei Platzverweisen

06. Mai 2015, 20:57 Uhr

Hamburgs Francis Adomah (r.) gegen Bremens Lukas Fröde. Foto: noveski.com!

Eine knappe Stunde lang konnte die U23 des Hamburger SV aus ihrer optischen Überlegenheit im absoluten Spitzenspiel der Regionalliga Nord gegen den Tabellenführer Werder Bremen II kein Kapital schlagen. Doch dann ging es richtig rund! Insgesamt hatte die Top-Partie, in der die „Rothosen“ unter den Augen der kompletten Führungsriege um Dietmar Beiersdorfer, Joachim Hilke, Bernhard Peters und Peter Knäbel ihre letzte Chance im Meisterschaftskampf witterten, ganze drei Strafstöße, zwei Platzverweise und einige äußerst kritische Schiedsrichter-Entscheidungen zu bieten – wohlgemerkt all das in der letzten halben Stunde.

Rothose Matti Steinmann (r.) mit vollem Einsatz gegen den späteren Unglücksraben Marcel Hilßner. Foto: noveski.com!

Zum viel umjubelten Matchwinner avancierte Hamburgs Torsteher Kevin Otremba. Der Schlussmann, der selbst zwei Jahre lang das Bremer Jersey trug, entschärfte in der 92. Spielminute einen Strafstoß von Marcel Hilßner auf spektakuläre Art und Weise und hielt damit den 1:0-Erfolg seines HSV fest! Dass es überhaupt soweit kam, hatte gleich mehrerlei Gründe. Einerseits schaffte es das Cardoso-Ensemble nicht, eine doppelte Überzahl konsequent auszuspielen und den Deckel aufs Spiel zu machen. Andererseits zog sich der Unparteiische Tim Skorczyk mit einigen strittigen Entscheidungen den Unmut beider Teams zu. Nachdem der Referee dem HSV zwei Strafstöße zusprach und ebenso viele Bremer vom Platz stellte, roch sein Elfmeterpfiff in der Nachspielzeit nach einer reinen Konzessionsentscheidung. Ashton Götz stellte seinen Körper vor Lukas Fröde. Statt einem Offensivfoul zeigte Skorczyk plötzlich auf den Punkt. Aber Otremba fischte den von Hilßner halbhoch getretenen Elfer aus dem linken Toreck!

Arslan chipt Elfer unter die Latte – Bremen zwei Mann weniger

HSV-Kapitän Sven Mende (l.) behauptet die Pille und machte ein starkes Spiel. Foto: noveski.com!

In der 62. Minute war hingegen der Ärger auf der anderen Seite groß: der HSV spielte eine Drei-gegen-Zwei-Situation zunächst schlecht aus, ehe Mende ein zweites Mal flanken durfte. Seine Hereingabe erreichte Ahmet Arslan am zweiten Pfosten. Dieser stand jedoch schon fast auf der linken Grundlinie und konnte die Kugel irgendwie mit dem Kopf nur noch in Richtung Bremer Gehäuse befördern. Am linken Pfosten stehend soll Marnon Busch das Spielgerät mit dem Arm abgewehrt haben. Da Busch bereits den gelben Karton gesehen hatte, zeigte ihm Skorczyk die Ampelkarte und zudem erstmalig auf den Elfmeterpunkt. Arslan selbst bewies Nerven aus Drahtseilen, indem er das Leder in so einem wichtigen Spiel beim Stand von 0:0 in bester Panenka-Manier unter die Latte schaufelte (64.)! Keine 180 Sekunden darauf, als Gideon Jung bereits eine Bremer Großchance durch Max Wegner vereitelt hatte, nachdem Sven Mende einen kapitalen Fehlpass spielte (66.), war der Spitzenreiter nur noch mit neun Mann auf dem Grün an der Hagenbeckstraße: Florian Grillitsch holte Merphi Kwatu auf dessen rechter Angriffsseite rustikal von den Beinen – glatt Rot! Eine durchaus vertretbare Entscheidung – insbesondere bei der kleinlichen Gangart, die Skorczyk ab der ersten Minute an den Tag legte.

„Marcel ist ein guter Freund, ich kannte seine Ecke“

Wirbelwind Christian Derflinger (r.) gab Bremens Argyris oft das Nachsehen. Foto: noveski.com!

Der Werder-Verfolger nun also in doppelter Überzahl. Man ließ den Ball in den eigenen Reihen laufen, spielte seine Angriffe jedoch schlecht und zum Teil grob fahrlässig aus, bis zur 86. Minute, als Götz von rechts quer passte und der eingewechselte Dominik Masek nach Mainkas Einsteigen gegen Arslan den sich bietenden Vorteil nicht zu nutzen wusste. Wieder gab es den Pfiff! Und erneut übernahm Arslan die Verantwortung. Nach seinem Chip unters Quergebälk guckte er sich diesmal das rechte Eck aus – doch Michael Zetterer war auf dem Posten und hielt den Schuss sogar fest! Urplötzlich bekam der HSV Angst vor der eigenen Courage und hielt den Nordrivalen im Spiel. Es folgte die zweite Minute der Nachspielzeit, in der Skorczyk einen ganz besonderen Einfall hatte. Die Köpfe der Cardoso-Elf hingen sehr tief – nur Kevin Otremba hatte seinen ganz weit oben. Während Elfer-Schütze Hilßner zu Boden sank. Eine Geschichte mit Vorspiel: „Ich habe zwei Jahre lang in Bremen gespielt und Marcel Hilßner ist ein guter Freund von mir. Wir haben es oft im Training geübt, ich kannte also seine Ecke und habe gehofft, dass er dabei bleibt. Deshalb hatte ich ein gutes Gefühl“, verriet „Elferkiller“ Otremba nach der Partie.

„Der Schiedsrichter war eine absolute Frechheit!“

Ein erleichterter und hochzufriedener HSV-Coach: Rodolfo Cardoso. Foto: noveski.com!

Werder-Routinier Florian Bruns, den viele sicherlich zu jenem Zeitpunkt als Schützen ausmachten, befand: „Es waren Emotionen auf beiden Seiten, aber was der Schiedsrichter heute hüben wie drüben gepfiffen hat, war eine absolute Frechheit! Wir haben schon einige schlechte Schiris gehabt, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Weder unser Elfmeter war einer noch deren beiden Strafstöße. Bei der ersten Roten Karte springt unserem Spieler der Ball an den Hüftknochen, beim zweiten Platzverweis kann man es sicherlich bei Gelb belassen. Es geht hier um so viel, es stehen viele junge Spieler auf dem Platz und dann bringt der Schiedsrichter so eine Hektik ins rein. Ich sage überhaupt nicht, dass wir verschaukelt wurden oder, dass einseitig gepfiffen wurde. Insgesamt betrachtet hat es nur keinem gut getan.“ HSV-Coach Rodolfo Cardoso bilanzierte derweil mit angeschlagener Stimme: „Es war ein völlig verrücktes Spiel, ein echtes Spitzenspiel. Wir habe unsere letzte Chance genutzt, haben schon vor dem 1:0 ganz klar das Spiel beherrscht. Das Ende war natürlich dramatisch, aber die Jungs haben sich für ihre Leistung belohnt – auch wenn ich bei dem Pfiff in letzter Minute wie paralysiert war. Jetzt steht uns ein heißer Endspurt bevor.“

Der LIVE-Ticker zum Spiel mit allen Höhepunkten.

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