Oberliga

„Ich musste feststellen, dass es gang und gäbe ist, andere Vorstandsmitglieder systematisch schlecht zu machen“

07. Mai 2020, 14:35 Uhr

Der FC Süderelbe kommt einfach nicht zur Ruhe. Foto: KBS-Picture.de

Er ist und bleibt weiterhin auf Tauchstation. Nachdem Matthias Nehls am Montag dieser Woche seinen Rücktritt als Erster Vorsitzender des FC Süderelbe vollzog (wir berichteten exklusiv), ist der Mann, der zwölf Jahre lang im Vorstand des Vereins vom Kiesbarg saß, schlichtweg nicht erreichbar. Etliche Versuche der FussiFreunde-Redaktion, den „Langen“, wie Nehls mit Spitznamen genannt wird, in den letzten Tage zu erreichen, liefen erfolglos ins Leere. Und so kann man nur spekulieren, was Nehls zum Rücktritt bewogen hat. Naheliegend ist dabei aber: Dem bisherigen FCS-„Boss“ dürfte es wohl ebenso wie den anderen zurückgetretenen Vorstandskollegen und dem bisherigen Team-Manager Tobias Annuß an der Lust und Laune gefehlt haben, in der aktuellen Konstellation weiter an Bord zu bleiben.

Dies jedenfalls lassen die Äußerungen vermuten, mit denen Annuß und Till Wedel – neben Szymon Gosciniak bislang der zweite Zweite Vorsitzende, der sein Amt niederlegte – ihren jeweiligen Rückzug aus den bisherigen Ämtern erklären. „Ich habe den Vorstand vor 14 Tagen darüber informiert. Persönlich habe ich mit niemanden ein Problem. Es sind aber einige Sachen anders gelaufen, als sie zuvor besprochen waren. Man ist natürlich mit Herzblut dabei. So leicht opfert man das alles nicht. Aber man macht auch nicht weiter, wenn es keinen Spaß mehr macht“, begründete Annuß seinen Rücktritt gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ und wird nun künftig als Ligamanager beim FTSV Altenwerder tätig sein und dort dem neuen Trainer „Momo“ Tan, dessen Wechsel zum Hansa-Landesligisten wir mehr als einen Monat vor der offiziellen Presse-Mitteilung des FTSV in bereits Mitte März exklusiv veröffentlicht hatten (siehe Bericht), zur Seite stehen.

Annuß: „Man macht nicht weiter, wenn es keinen Spaß mehr macht“

Der bisherige FCS-Team-Manager Tobias Annuß. Foto: Knötzsch

Der ebenfalls zurückgetretene Till Wedel geht sogar noch einen Schritt weiter als Annuß. In seinem Rücktrittsschreiben an den Rest-Vorstand und die Mitglieder des FCS, das der FussiFreunde-Redaktion vorliegt, erklärt Wedel: „Ich musste leider mit Bedauern feststellen, dass es in unserem Vorstand noch immer gang und gäbe für einige Vorstandskollegen ist, andere Vorstandsmitglieder systematisch schlecht zu machen beziehungsweise schlecht darzustellen. Dies dient nur dem Zweck, seine eigene Person in den Vordergrund zu spielen und dem Versuch, das sogenannte 'Zepter' an sich zu reißen.“ Dies sei aus seiner Sicht „nicht der Sinn und Zweck eines Vereinsvorstandes. So macht das Arbeiten als ehrenamtlich, gesetzlicher Vorstand geringen bis keinen Spaß, wodurch mir die Zusammenarbeit in solch einem Kontext sehr schwerfällt. Ich bin an den Punkt gelangt, an dem ich die notwendige Kraft und Energie verliere“, so Wedel.

Desweiteren konnte er sich „mit bestimmten Handlungen und Aktivitäten einiger Vorstandskollegen zu keinem Zeitpunkt identifizieren und kann deren Meinungen in keinem Fall mittragen“, heißt es in der Erklärung Wedels. „Der Hauptgrund für meine Wahl in den Vorstand war ganz klar das Ziel, gewisse Streitereien aus der Welt zu schaffen und folgerichtig die langersehnte, notwendige Ruhe in den Verein zu bringen sowie das Essenzielle wieder aufzubauen: Das Vertrauen zu den Mitgliedern. Leider muss ich heute mit Bedauern verkünden, dass dies unter der momentanen Konstellation nicht möglich ist“, heißt es in dem Schreiben des ehemaligen Zweiten Vorsitzenden vom 1. Mai 2020, dem Freitag der vergangenen Woche.

Wedel: „Ich bin an den Punkt gelangt, an dem ich die notwendige Kraft und Energie verliere“

Der zurückgetretene bisherige Erste Vorsitzende Matthias Nhels war für eine Stellungnahme tagelang nicht erreichbar. Foto: KBS-Picture.de

Was Wedel damit meint, dürfte naheliegend sein: Bereits bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung war Nehls' Vorgänger als Erster Vorsitzender, Joachim Stoltzenberg, der seit 2018 im Amt war, von seinem Posten zurückgetreten. Nehls hatte bis zuletzt immer wieder betont, der Schritt Stoltzenbergs habe ausschließlich „gesundheitliche Gründe“ gehabt. In der Folgezeit jedoch hatten sowohl diverse Spieler als auch Ex-Trainer Timucin Gürsan durch ihre öffentlichen Aussagen bestätigt, dass Stoltzenberg nicht gewillt gewesen sei, in der neuen Besetzung des Vorstands sein Amt weiter zu bekleiden, weil er mit Teilen der neu gewählten Vorstandsmitglieder – dabei soll es sich namentlich um den Zweiten Vorsitzenden Klaus Ulbricht handeln, der auch einer der Befürworter war, mit Stefan Arlt den Trainer der „Zweiten“ zur neuen Saison zum Nachfolger Gürsans als Coach der Ligamannschaft zu machen – nicht zusammenarbeiten wollte.

In Folge der Arlt-Inthronisierung, die im zu diesem Zeitpunkt bereits gespalteten Vorstand nicht bei allen auf Gegenliebe stieß (Nehls: „Er ist kein einfacher Typ“), hatte anschließend mit Isaak Hoeling ein Spieler des aktuellen Süderelbe-Kaders bei uns exklusiv erklärt, die gesamte Mannschaft werde in der kommenden Spielzeit nicht mehr für den FCS auflaufen, sondern den Club vom Kiesbarg geschlossen verlassen. Unter anderem hatte Hoeling Arlt öffentlich attackiert, weil dieser nicht mit Leistungsträgern über eine Vertragsverlängerung gesprochen habe und attestierte dem künftigen Coach: „Er wird dafür verantwortlich sein, dass der FC Süderelbe komplett untergeht.“ Stefan Arlt hatte seinerzeit auf Anfrage uns gegenüber erklärt, er werde sich zu den Anschuldigungen nicht äußern, weil er keine öffentliche Schlammschlacht wolle.