Der Amateur-Blog

Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!

17. März 2021, 08:31 Uhr

Mit seinem eigenen Blog "Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!" gibt Osdorf-Capitano Bennet Krause (re.) einen Einblick in das Leben eines Amateurfußballers. Foto: noveski.com

25 Jahre TuS Osdorf – Bennet Krause hat gerade erst ein ganz besonderes und in der heutigen Zeit fast schon einmaliges Jubiläum hinter sich. Der Kapitän der „Blomkampler“ hat in diesem Vierteljahrhundert alles rund um den Verein miterlebt – vom Aufstieg aus der Kreisklasse bis in die höchste Hamburger Amateurliga und zu einem der angesehensten Vereine in Hamburg. In all den Jahren hat sich „BK4“ den Ruf erarbeitet, alles für seinen TuS auf dem Platz zu geben und zu lassen – mit allen Mitteln, am Rande des Erlaubten und oft auch zum Leidwesen der gegnerischen Teams. Nun hat der 33-Jährige seine philosophische Ader entdeckt und wird uns künftig mit seinem eigenen Blog „Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!“ in das Leben eines Amateurfußballers einweihen…

Blog 03: Eine Hommage für die „rote Asche“

Bennet Krause mit seiner Hommage an die "rote Asche". Foto: Bode

Um 05:50 Uhr klingelte mich der Wecker aus dem Tiefschlaf. Ohne die Augen zu öffnen, tastete ich orientierungslos den Nachtschrank nach meinem Handy ab. Samstag stand auf dem Display. In knapp zwei Stunden wartet der Dozent mit dem Zweitversuch zum Thema Bilanzierung auf mich. Ich befand mich im Endspurt meines berufsbegleitenden Studiums und bekam beim Gedanken an steuerliche Gewinnermittlung einen Schweißausbruch. Zudem dröhnte mir der Kopf. Ich hasste mich dafür, es gestern nicht bei nur einem Bier belassen zu haben.


In der WhatsApp-Gruppe „La Familia“ blinkten Nachrichten auf. Offensichtlich waren einige Mannschaftskollegen noch immer unterwegs. Ich überlegte kurz, ob man sich vor der Klausur noch bei Ditsch auf einen Kaffee treffen könnte, verwarf den Gedanken glücklicherweise aber umgehend. Nachdem ich in Zeitraffer nachgelesen hatte, was ich in der Nacht alles verpasste, entdeckte ich in der Gruppe den Spielbericht vom Vorabend.

"Wenn der Zeugwart die Trikots in Gallseife einlegen musste, sind wir meistens als Sieger vom Platz gegangen", so Krause. Foto: Bode

„Ausnahmezustand – Der Blomkamp ist um eine Historie reicher!“, titelte FussiFreunde (HIER). „Der Tus Osdorf dreht am Blomkamp einen nicht mehr für möglich gehalten Rückstand.“ Die Zeile „B. Krause mit der Brustabnahme und der Bogenlampe in den Knick (54.)“, ließ mich schmunzeln. Nach 0:3 und 1:4 fegten wir den Wedeler TSV auf roter Asche in den letzten 25 Minuten buchstäblich noch vom Platz.

Ich streckte mich ein letztes Mal und rollte mich aus dem Bett. Mein rechter Fuß hatte bereits Bodenkontakt. Als ich das linke Bein nachziehen wollte, erreichte mich ein brennender Schmerz, der immer unangenehmer wurde. Was war denn jetzt passiert? Die Haut meines Oberschenkels klebte am Bettlaken fest. Warum sollte der Morgen auch mal anders beginnen? Wenig Schlaf, dröhnender Kopf und einen halben Oberschenkel weniger – der Klassiker eines jeden Hartplatzhelden.

Wer auf Asche grätscht, grätscht überall

Das legendäre Derby gegen den Wedeler TSV wird auch für Bennet Krause (li.) unvergessen bleiben. Foto: noveski.com

Zugegeben: Rund 20 Jahre Fußball auf Grand waren nicht immer das größte Vergnügen. Nach unzähligen Blutgrätschen könnte ich meine geschundenen Knie im Museum für Naturkatastrophen ausstellen. Auf Asche gewann seltener die Mannschaft, die den schöneren Fußball spielte, sondern häufig die Mannschaft, die mehr investierte. Wieviel du investiert hattest, zeigte dir nach Abpfiff der Wäschekorb in der Kabine. Wenn der Zeugwart die Trikots in Gallseife einlegen musste, sind wir meistens als Sieger vom Platz gegangen.


Die Spielgeschwindigkeit auf Grand ist deutlich langsamer, als die auf Rasen. Grund dafür ist, dass die Bälle relativ hoch abspringen und dadurch an Tempo verlieren. 

Auf dem damaligen Grandacker am Blomkamp kämpften beide Teams um jeden Zentimeter. Foto: noveski.com

Das Spiel auf Sand ist kräftezehrend und physische Fußballer können ihre Stärken auf Asche sehr viel besser zur Geltung bringen. Wegen der erhöhten Verletzungsgefahr wurden die Hartplätze oft kritisiert. Schürfwunden und Prellungen gehörten genauso zum Grandplatz wie die „Kaiser 5“ an die Füße. Bei trockener Witterung staubte der Belag. Bei starkem Regen sind die Spiele ausgefallen. Wer auf Grand ein Zeichen setzte, musste sich sicher sein, zuhause im Badezimmerschrank noch genügend Babypuder parat zu haben.

Missen möchte ich die Zeit auf Grand jedoch nicht. Schließlich hat auch die rote Asche dazu beigetragen, mit dem TuS Osdorf von der Kreisklasse bis in die Oberliga zu marschieren. Die Anzahl der Grandplätze in Hamburg und Umgebung wurde von Jahr zu Jahr weniger. Irgendwann waren wir in der Staffel die einzige Mannschaft, die ihre Heimspiele überhaupt noch auf diesem Geläuf austrug. Für mich war es immer amüsant, wenn sich der Gegner bereits vor Anpfiff über die Platzverhältnisse auskotzte.

TuS-Captain Krause (Mi.) erzielte an jenem 27. März 2015 das zwischenzeitliche 2:4 - und leitete damit die unglaubliche Aufholjagd ein. Foto: noveski.com

Rafael Nadal gewann im letzten Jahr zum 13. Mal das Sandplatzturnier der French Open. 100 von 102 Spielen in Paris hat er gewonnen. Wer einmal ein Spiel live gesehen hat, der erkennt schnell, mit wieviel Leidenschaft man auf Sand spielen kann. Ich bekomme Gänsehaut, wenn Nadal in einen Angriffsball des Gegners reinrutscht und ihn mit einem Slice oder Lob so derart entschleunigt, dass er wieder mitten im Ballwechsel ist. Die French Open haben nichts mit Fußball zu tun. Weil mich die rote Asche aber an meine Kindheit erinnert und es sonst nirgendwo mehr Grandplätze zu bestaunen gibt, schaue ich so gerne zu. Rafael Nadal ist ohne Frage der beste Sandplatzspieler aller Zeiten. Jedes Mal, wenn er am Ende des Finals die Trophäe in die Höhe stemmt und sich die rote Asche im Pokal spiegelt, fasse ich mir an meine Knie und lächle mit schmerzverzerrtem Gesicht.

Bennet Krause