Der Amateur-Blog

Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!

28. Mai 2021, 08:38 Uhr

Mit seinem eigenen Blog "Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!" gibt Osdorf-Capitano Bennet Krause (re.) einen Einblick in das Leben eines Amateurfußballers. Foto: noveski.com

25 Jahre TuS Osdorf – Bennet Krause hat gerade erst ein ganz besonderes und in der heutigen Zeit fast schon einmaliges Jubiläum hinter sich. Der Kapitän der „Blomkampler“ hat in diesem Vierteljahrhundert alles rund um den Verein miterlebt – vom Aufstieg aus der Kreisklasse bis in die höchste Hamburger Amateurliga und zu einem der angesehensten Vereine in Hamburg. In all den Jahren hat sich „BK4“ den Ruf erarbeitet, alles für seinen TuS auf dem Platz zu geben und zu lassen – mit allen Mitteln, am Rande des Erlaubten und oft auch zum Leidwesen der gegnerischen Teams. Nun hat der 33-Jährige seine philosophische Ader entdeckt und wird uns künftig mit seinem eigenen Blog „Krauses Kapitel: Schiri, der hat schon Gelb!“ in das Leben eines Amateurfußballers einweihen…

Blog 05: Endlich wieder kicken

Der Blomkamp öffnet (endlich) wieder die Pforten. Foto: Malte Krause

Mit dem Rad fahre ich die Auffahrt zur Sportanlage hinauf. Am frisch gestrichenen Kassenhäuschen kommt mir eine grölende Gruppe Jugendlicher entgegen. Während sie mich grüßen, kann sich der Kleinste aus dem Schwitzkasten seines Kumpels befreien. Die strahlenden Augen der Jungs sind nicht zu übersehen. Die gute Laune ist ansteckend und sorgt bei mir für Vorfreude auf das, was mich heute noch erwartet.


 Aus der Ferne höre ich bereits das vertraute Geräusch von klirrenden Ballfangzäunen. Ich durchquere die Pforte und stelle mein Rad in den Fahrradständer, ohne dem Spielfeld einen Blick zu würdigen. Ich atme einmal tief aus und drehe meinen Kopf. Vor mir befindet sich ein mit Hütchen und Kappen abgesteckter Fußballplatz. Der Trainer verschiebt ein Mini-Tor. Meine Mannschaftskollegen laufen quer über das Feld. Ein Bild, an das ich mich erst wieder gewöhnen muss. Ein Szenario, auf das ich lange verzichtet habe.

Osdorf-Coach Philipp Obloch (re.) hält die erste Ansprache an seine Jungs - und bittet zum Aufgalopp. Foto: Malte Krause

Überall wurden Stehtische mit Desinfektionsmittel aufgestellt. Rot-weiß gestreifte Absperrbänder sind Teil des Hygienekonzepts. Heute schmücken sie die Sportanlage. Der Blomkamp hat sich herausgeputzt. Vorbereitet. In Schale geworfen, wie er es sonst nur tut, wenn Eintracht Norderstedt zu Gast ist.

Der erste verbale Austausch mit meinem Mannschaftskollegen folgt bereits zwischen Eckfahne und Barriere. „Gibt es das Trikot auch eine Nummer größer?“, möchte ich von ihm wissen. „Die Altliga trainiert erst nächste Woche“, ist nicht die Antwort auf meine Frage, hinterlässt bei mir aber ein Schmunzeln. Lobende Worte gibt es dafür vom Platzwart. „Endlich hast du es verstanden, dein Fahrrad nicht vor meinem Büro zu parken.“ Ach, wie sehr habe ich sie doch alle vermisst. 

Noch ein wenig verhalten: Die ersten Kontakte im Team mit dem Ball. Foto: Malte Krause

Auf dem weiteren Weg zur Kabine stelle ich fest, dass ich meine Fußballkleidung bereits anhabe. Seit Samstag ist das Training mit zehn Personen, ohne Abstandsregel, und mit Körperkontakt zwar wieder möglich, dennoch bleibt der Kabinentrakt weiterhin geschlossen. Eine Einschränkung, mit der ich leben kann, solange wir endlich wieder kicken können.

Meine Sachen lege ich auf die Sitzschalen am Seitenrand. Auf dem Asphalt schnüre ich mir die Fußballschuhe. Die ersten Schritte auf dem Kunstrasen fühlen sich gut an. Die Begrüßung der Mannschaftskollegen ist herzlich aber distanziert. Keiner weiß so richtig, wie er sich zu verhalten hat. Der erste Flugball lässt nicht lange auf sich warten. Jetzt bloß keine Blamage. Der erste Kontakt muss sitzen. Der Ball muss an meinem Fuß kleben, wie der Käse auf der Pizza. Geschafft. Das Selbstvertrauen ist zurück. 

Endlich wieder grätschen

Endlich wieder Training! Auch Papa Ndiaye steht die Freude ins Gesicht geschrieben. Foto: Malte Krause

Der Coach ruft uns zusammen. Es folgen einleitende Sätze. Das Dauergrinsen nimmt uns allen allmählich die Aufregung. Zehn erwartungsvolle Gesichter, die den Worten des Trainers lauschen. Alle warten nur auf die Passage, wann gegeneinander gespielt wird. In den letzten Wochen wurden wir paarweise immer mal wieder belastet. Wir sind nicht ganz aus der Übung. Passübungen in Dauerschleife und Schusstraining auf eine Torwand waren nette Alternativen. Der wichtigste Teil des Spiels konnte jedoch lange nicht simuliert werden: der Zweikampf. 

Die Erwärmung unter Anleitung des Co-Trainers fällt kurz aus. Ein paar Läufe. Ein paar Stabilisationsübungen. Dann endlich werden die Leibchen verteilt. Heute frisch gewaschen und nach Weichspüler duftend. Die Freude, einen Gegenspieler auszustanzen. Die Gier auf einen Ballgewinn. Die Genugtuung, den Gegenspieler abzuräumen, steht jetzt allen ins Gesicht geschrieben. Knapp 220 Tage mussten wir auf ein stinknormales Trainingsspiel warten. Eine lange Zeit, die für viele zu einer psychischen Bewährungsprobe geworden ist. Jetzt endlich kann es wieder losgehen. 

Der Blick aus der Vogelperspektive: Endlich wieder Fußball am Blomkamp - wenn auch noch mit Einschränkungen. Foto: Malte Krause

Die Spielform läuft reibungslos, die Bewegungen sind noch etwas lethargisch. Wir kämpfen um jeden Ball. Wir grätschen, stehen wieder auf. Wir lachen und sind glücklich. Während des Trainings vergessen wir die Zeit. Die Kräfte reichen nur für eine kurze intensive Einheit. Schluss. Das Training ist beendet. Gemeinsam wird der Platz abgebaut. Hinter Auswechselbänken und Würstchenbude suchen wir die letzten Bälle. Der Trainer holt uns noch einmal zusammen. Er will die Euphorie nicht bremsen, warnt jedoch vor falschem Ehrgeiz nach der langer Pause und dem anfänglichen Risiko, sich zu verletzen. Die ersten Mitspieler ziehen ihre Schuhe aus. Ich überlege, mich auf die Blackroll zu legen. Das Ploppen eines Kronkorkens unterbricht meine Gedanken. Heute braucht es erstmal ein Bier. Wir haben schließlich einen Grund zum Feiern. Endlich wieder Fußball.




Fotogalerie