LOTTO-Pokal/Regionalliga Nord

„Lünes“ Appell: „Man darf nicht vergessen, dass Fußball nicht das Wichtigste auf der Welt ist“

10. August 2020, 13:59 Uhr

Erzielte das goldene Tor an der "Kreuze" und fand im Anschluss deutliche Worte zur Corona-Thematik: Norderstedt-Torjäger Jan Lüneburg. Foto: KBS-Picture.de

„Natürlich“, machte Jan Lüneburg überhaupt keinen Hehl daraus, dass es „nach so langer Zeit etwas ganz Besonderes war, mal wieder ein Spiel zu machen“. Mit seinem Kopfballtreffer entschied der Torjäger des FC Eintracht Norderstedt das LOTTO-Pokal-Viertelfinale beim FC Teutonia 05 zugunsten der Garstedter (1:0 - HIER geht's zum Spielbericht). „Letztlich ist es so, dass ich mich darüber freue, wieder Fußball zu spielen. Aber man muss da immer ein bisschen differenzieren. Sicherlich dürfen wir sehr viele Sachen schon machen. Da jetzt eine Sonderregelung für den Amateurfußball zu finden, finde ich – und ich spiele mein Leben lang und sehr, sehr gerne Fußball – extrem schwierig, weil man auch viele Menschen hat, denen es durch die Corona-Situation nicht so gut geht“, wich die anfängliche Euphorie der Vernunft.

Kurz vor seinem Siegtreffer scheiterte Lüneburg (li.) - im Duell mit Ex-Teamkollege Marcus Coffie - nur knapp. Foto: KBS-Picture.de

„Auch wenn ich sehr, sehr gerne und mit voller Leidenschaft Fußball spiele und das mein großes Hobby ist, muss ich sagen: Diese ganze Situation und das ganze Gerede um den Pokal tun dem Fußball nicht gut“, zog er ein deutliches Fazit – und stellte dabei unmissverständlich klar: „Unabhängig davon, dass ich natürlich weiß, dass jetzt jeder sagen wird: ‚Der hat gut reden, weil es irgendeine Statute gibt, die besagt, dass Norderstedt das Ding unter den Umständen gewinnen würde.‘ Aber so ist es überhaupt nicht und darum geht es mir auch nicht, sondern es ist einfach so, dass man nicht vergessen darf, dass es am Ende des Tages auch nur Fußball ist. Wir sind natürlich alle froh, dass wir das unter gewissen Auflagen machen dürfen“, so Lüneburg, der aber ohne Umschweife anfügte: „Wenn ich lese, dass der HFV diese Pokalspiele gerne als Präsentation für den Senat haben will, um zu zeigen, dass alles funktioniert und ich dann hier die Gegebenheiten sehe, dann kann ich gleich sagen: Das funktioniert so nicht! Bei uns im Stadion oder an der Hoheluft wäre es sicherlich wesentlich einfacher, das durchzusetzen“, sprach er auf die Begebenheiten an der Kreuzkirche an. „Das muss man dem Otto-Normalbürger erklären können.“

"Der Verband hätte nichts falsch gemacht, wenn er seinen Statuten gefolgt wäre"

Lüneburg (Mi.) entwischt Gegenspieler Jeffery Volkmer (li.) und nickt zum 1:0 für die Eintracht ein. Foto: KBS-Picture.de

Dabei gehe es ihm „keinesfalls um das Geld“, das Norderstedt im Falle, dass der Pokal-Wettbewerb kein sportliches Ende finden würde, als klassenhöchster Teilnehmer und damit verbundener Sieger, wie die Statuten des HFV besagen, zugesprochen werden würde. „Der Hamburger Fußball-Verband ist meines Wissens nach einer der einzigen Verbände, der diesbezüglich eine klare Regelung hat. Unabhängig davon, dass man über Wochen nichts gesagt bekommt, ist es ja so, dass der Verband nichts falsch macht, wenn er seinen Statuten folgt. Das Geld soll man meinetwegen unter den letzten acht Vereinen aufteilen – darum geht’s gar nicht. Aber man hätte sich sehr viel Stress ersparen können. Auch für die Spieler ist es nämlich eine sehr bescheidende Situation, nicht zu wissen, ob man nun mit voller Mannschaftsstärke oder eben nur mit fünf Mann trainieren darf.“

"Man sollte nicht vergessen, dass Fußball nicht das Wichtigste auf der Welt ist"

Anschließend hatte "Lüne" (re.) allen Grund zum Jubeln. Foto: KBS-Picture.de

Hinzukommen würde das Thema „Fairplay“, das Lüneburg auf eine gewisse Weise für scheinheilig hält – denn: „Ich bin immer für einen sportlichen Wettkampf, aber wenn ich dann höre: Hamburg hat entschieden, dass gespielt werden kann, wir aber aus Schleswig-Holstein die Ansage bekommen würden, dass das eben nicht der Fall ist, was ja durchaus legitim gewesen wäre – dann wären HR, Rugenbergen und Norderstedt raus gewesen. Das ist doch auch kein Fairness-Gedanke!“ Grundsätzlich, so der 29-Jährige, habe „man es sich schwerer gemacht, als es notwendig war“. Dabei betont „Lüne“ auch: „Wenn man ein Modell für den Amateursport hat, dann sollte man es versuchen und durchziehen. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass Fußball nicht das Wichtigste auf der Welt ist. Klar ist es für uns alle geil und schockt, aber es gibt in der aktuellen Zeit sehr viele Dinge, die wichtiger sind – und die man auch nicht vergessen sollte. Es muss der Gesellschaft gegenüber einfach erklärbar sein – und das ist es oft nicht“, lautete sein Fazit.

"Soweit ich weiß, ist Anfang/Mitte September angepeilt"

Nach seinem "Luckypunch" und dem Weiterkommen seiner Eintracht sprach Jan Lüneburg Klartext. Foto: KBS-Picture.de

Bei der Eintracht trainiere man „ja eigentlich nur auf Basis des Pokals und dadurch jetzt glücklicherweise auch in voller Mannstärke“. Letzteres ist bei Teutonia 05, BU (2:5 n. E. beim TSV Sasel), der SV Halstenbek-Rellingen (2:4 gegen Rugenbergen) und dem ASV Hamburg (0:4 gegen Altona 93) nun nicht mehr der Fall. In Norderstedt möchte man das Training mit der gesamten Mannschaft jedoch möglichst lange hinauszögern und „im Saft bleiben“, wie Lüneburg meint. Denn: „Soweit ich weiß, ist Anfang/Mitte September der Saisonstart angepeilt. Wenn wir möglichst weit kommen, ist es ja auch nicht mehr allzu lange hin bis September“, herrscht auch im Edmund-Plambeck-Stadion nach wie vor absolute Ungewissheit, wann und wie es weitergeht.

Autor: Dennis Kormanjos