Nach „Run“ an die Spitze – Beyer sucht Ruhe bei Wellensittichen!

Torwart zeigt sich von seiner besten Seite und hält den Sieg fest

17. April 2016, 20:12 Uhr

An ihm war kein Vorbeikommen: Kosova-Keeper Sebastian Menzel hielt alles, was zu halten war und am Ende auch die Null fest! Foto: noveski.com

Was war das für eine spannende Partie?! Das Derby verlor Dersimspor vor heimischer Kulisse trotz starker Leistung vor 286 Zuschauern nur knapp mit 0:1 gegen den Klub Kosova – und das, obwohl die Mannschaft von Trainer Theodore Fici mehr Spielanteile besaß. Selbst nach einem Platzverweis gaben sie sich nicht auf und rannten die letzten 20 Minuten mit Biss auf das Gehäuse des Klub Kosova an, hatten aber auch in einigen Situationen das Glück, nicht noch höher in Rückstand zu geraten. Auf Kosova-Seite freute man sich über eine bärenstarke Leistung des Keepers und über die Momentaufnahme, vorerst die Tabellenspitze übernommen zu haben.

Schoss das entscheidende Tor, Agonis Krasniqi (links). Hier im Duell mit Dersims Emrecan Tutak. Foto: noveski.com

Die Begegnung, in der die Gäste von Beginn besser ins Spiel kamen, wurde beiderseits schnell geführt, so dass der Spielablauf meistens an oder in einem der Sechzehner zu bestaunen war. Kosovas Schlussmann Sebastian Menzel zeigte über 90 Minuten eine hervorragende Leistung und war maßgeblich am Auswärtssieg seiner Mannschaft beteiligt, was Dersim-Coach Fici auch so sah und anerkannte: „Ein riesen Kompliment an den Torwart des Gegners. Ich denke, dass er heute die drei Punkte für sein Team festgehalten hat!“ Der Klassenbeste des heutigen Tages umschrieb seine Leistung dennoch recht zurückhaltend: „Wenn man den ersten Ball hält, ist das ganz gut für das Selbstvertrauen. Heute war ein Tag, der ganz gut war für mich und auch für uns“, sagte Menzel und fügte mit einem Lächeln an: „Normalerweise kann ich mich darauf verlassen, dass wir mehr als ein Tor schießen. Aber wenn wir nur einen Treffer machen, müssen wir halt auch mal zu Null spielen!“

Und dieser eine Treffer fiel in der 20. Spielminute: Im Duell um eine hohe Hereingabe an der Strafraumgrenze setzte sich Amir Ukshini gegen seinen Nebenmann durch und legte per Kopf auf Agonis Krasniqi ab, der durch die Defensive sprintete und den Ball im Lauf mitnahm. Lediglich Dersims Torwart Fitra Rijono machte sich vor dem Angreifer noch groß, was ihm aber nichts nützte, da Krasniqi gekonnt rechts an ihm vorbei zur Führung vollstreckte! In der Folge fanden die Hausherren immer besser ins Spiel und fingen an, auf den Ausgleich zu drängen. Nur ein paar Augenblicke nach dem Rückstand wäre ihnen dieser auch fast gelungen, doch der starke Menzel streckte sich bei einem Distanzschuss von Ahmad Daoud Raji und lenkte die Pille mit den Fingerkuppen um den Pfosten (29.). Ebenso machte der Schlussmann eine weitere große Gelegenheit von Dersim zunichte, als er bei einem direkten Freistoß von Benjamin Thiel super reagierte und den Schuss letztlich im Nachfassen fest in seinen Händen hielt (38.).

„Konnten gegen die individuelle Klasse von Dersim nur verteidigen"

Onur Bektas beruhigte sich auch nach seinem Platzverweis kaum. Foto: noveski.com

Unverändert begannen beide Teams den zweiten Abschnitt. Allerdings musste Dersimspor bereits in der 25. Minute reagieren, als Emrecan Tutak für Deniz Bekler kam. Voll motiviert wie eh und je gingen die Gastgeber im zweiten Durchgang weiter in die Offensive und erspielten sich durch Onur Bektas (53.), Serhat Cayir (54.), Thiel (56.) und abermals Bektas (60.) eine Chance nach der anderen, scheiterten aber meistens an Teufelskerl Menzel. Kosova konnte nur noch reagieren und konterte, fuhr die Angriffe aber nicht gut genug aus. „Wir haben in den ersten 25 Minuten hervorragenden Fußball gespielt und sind auch verdient in Führung gegangen. Danach konnten wir gegen diese individuelle Klasse von Dersimspor nur noch verteidigen und haben unsere Konter ein bisschen schlecht ausgespielt“, befand Beyer. Stattdessen drängten die Harburger weiter auf einen Ausgleichstreffer, wurden aber eine Viertelstunde vor Ultimo in ihrer Mannschaftsstärke dezimiert. Kult-Schiedsrichter Ralph Vollmers pfiff einen Freistoß für Dersimspor, woraufhin sich binnen Sekunden ein Rudel bildete, in der Bektas einen Kosova-Spieler tätlich anging. Der Referee brachte schnell und souverän Ruhe in die aufgehitzten Gemüter und besprach den Vorfall mit seinem Assistenten. Die Folge: Platzverweis für die Gastgeber!

„Wir müssen noch einen Schritt machen"

Kosova-Coach Thorsten Beyer freute sich über den Sieg, die Momentaufnahme an der Tabellenspitze und auf sein Vogelzimmer. Foto: noveski.com

Aber wie auch schon nach dem Rückstand, ließ sich die Fici-Elf davon ebenso wenig beeindrucken und spielte weiter nach vorne, so dass die Schlussphase richtig spannend wurde. Bereits drei Zeigerumdrehungen nach dem Feldverweis prüfte abermals Thiel den gegnerischen Torwart durch einen stramm getretenen Freistoß, bezwang ihn allerdings wieder nicht, da Menzel abermals eine Glanzparade hinlegte und damit den Einschlag verhinderte! Die Pille wollte während des Spiels einfach nicht am Schlussmann vorbei in die Maschen, egal wie oft der Versuch gestartet wurde. Nach 90 Minuten zeigte Referee Vollmers eine fünfminütige Nachspielzeit an, in der Kosova noch einmal zu einer Gelegenheit kam, als Patrick Smereka einen Konter einleitete, zentral Berat Ademi bediente und kurz vor dem Strafraum die Kugel wieder zurückbekam. Mit dem Ball am Fuß rannte er auf den Kasten zu, Rijono kam ihm entgegen und verunsicherte dabei den Wilhelmsburger, dessen Nerven während des Abschlusses versagten und er schließlich rechts neben die Bude schoss (90.+1).

Das war es dann an erspielten Chancen und die „Klubberer" gewannen „glücklich und knapp“, wie Beyer das Ergebnis umschrieb und hinzufügte: „Wichtig ist, dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben, weil wir im Hinspiel ziemlich chancenlos waren und überhaupt nicht mitspielen konnten. Heute hatte ich zumindest den Eindruck, dass wir wenigstens in der Defensive die richtige Antwort auf viele Angriffe hatten. Und auch Sebastian Menzel verdient heute mal das Lob des Trainers.“ Nach diesem Auswärtserfolg kletterte Kosova erstmal auf den ersten Tabellenplatz in der Hansa-Staffel, was Coach Beyer gar nicht so bewusst war: „Das ist jetzt wohl so. Ich habe das gar nicht so richtig mitbekommen. Aber Poppenbüttel hat zwei Spiele weniger, von daher nehmen wir das als Moment einfach mal mit, müssen aber noch einen Schritt machen.“ Auf die Frage, ob der Sturm an die Spitze ordentlich gefeiert wird, antwortete der Trainer lachend: „Ich bin in dem heutigen Spiel um drei Jahre gealtert. Deshalb bin ich jetzt zu alt, um zu feiern. Ich freue mich darauf, wenn ich nachher in meinem Wellensittich-Zimmer sitze und den Vögeln zugucken kann, um Entspannung zu finden.“ Des einen Freud ist des anderen Leid! Dieses Sprichwort trifft bei Übungsleiter Fici nur in Bezug auf das Ergebnis zu, da er ansonsten sehr zufrieden mit der Leistung seiner Spieler war: „Jeder der heute am Platz war, hat gesehen, welche die bessere Mannschaft gewesen ist. Ich kann meinen Jungs gar keinen Vorwurf machen. Wir haben sehr gut gespielt und waren sogar nicht nur 'klar', sondern 'ganz klar' das bessere Team! Sie haben wirklich alles gegeben und wenn die Chancen besser verwertet worden wären, hätten wir das hier mit mindestens 3:1 gewonnen. Aber so ist das im Fußball: da gewinnt leider nicht immer die bessere Mannschaft.“

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Autor: Mathias Merk