Oberliga

Nitsch ein „Fremdkörper“, „Zorro“ bleibt makellos - und Bein liefert die Argumente!

04. Februar 2023, 00:05 Uhr

Die Spieler des USC Paloma bejubeln ihren Siegtorschützen Tom Bein (3. v. li.). Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

Wachablösung beim USC Paloma? Während Co-Trainer Zoran Nestorovic mit lautstarken „Zoran“-Sprechchören gefeiert wurde, erntete Chefcoach Marius Nitsch von seiner eigenen Equipe Buhrufe. „Ich starte“, eröffnete er den Mannschaftskreis - und bekam ordentlich Gegenwind von seinen Schützlingen, ehe er anfügte: „Dann hat ‚Zorro‘ das letzte Wort.“ Die Spieler der „Tauben“ machten sich einen Spaß daraus, dass ihr „Chef“ die Partie nicht auf der Trainerbank erleben konnte und durfte, sondern hinter der Bande und neben der Bank Platz nehmen musste. Der Grund: Die Gelb-Rote Karte von Nitsch in der Vorwoche beim Spiel gegen Altona 93 (0:4), die eine Sperre im Gastspiel beim TuS Osdorf (alle Highlights im LIVE-Ticker) nach sich zog.

Gedion Wedemeyer (li.) - hier im Duell mit Colin Blumauer - hätte Osdorf auch in Führung bringen können. Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

„Das muss ich nicht nochmal haben. Da bin ich ganz ehrlich - das war fürchterlich“, gestand Nitsch anschließend. „Ich wusste schon beim Aufwärmen nicht, wo ich hingehen soll.“ Zwar habe er „die Ansprache vor dem Spiel noch ganz normal“ abgehalten, „aber wenn man nicht auf den Platz und in die Coachingzone darf, dann fühlt man sich wie ein Fremdkörper“, musste sich der Übungsleiter der Uhlenhorster an die aus seiner Sicht hoffentlich einmalige Konstellation gewöhnen. Aber: „Die Abläufe waren besprochen - und für die Jungs hat sich nichts geändert.“

Ganz im Gegenteil. Auch ohne ihren „Boss“ triumphierte der Tabellenfünfte und sorgte für süffisant gemeinte Kommentare im feierlichen Teamkreis. Ein Beispiel: „Er sägt am Stuhl“, war einer der flapsigen Sprüche in Richtung Zoran Nestorovic, der seine makellose Bilanz fortsetzte. Schon in der vergangenen Saison vertrat der „Co“ den zu diesem Zeitpunkt in Corona-Quarantäne befindlichen Nitsch erfolgreich beim 3:1-Sieg über Niendorf. Nun sorgte Tom Bein dafür, dass der USC mit drei Punkren im Gepäck die Heimreise antreten konnte. Keine 15 Sekunden nach Wiederanpfiff verwertete der Mittelstürmer einen Chip-Ball vom gerade eingewechselten Lion Mandelkau zum goldenen Tor des Spiels (46.)!

"Tore geben einem immer Vertrauen, Sicherheit und Recht"

Haron Sabah (re.) durfte von Anfang an ran und vergab in den ersten 45 Minuten einen "Tausendprozenter" zur USC-Führung. Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

„Das zeichnet ihn aus“, lobte Nitsch seinen Angreifer - und machte auch gar keinen Hehl daraus, dass die Präsenz von Bein „sicherlich auch das war, was uns zuletzt etwas gefehlt hat. In Curslack kommt er rein und macht direkt das Tor. Gegen Altona ist uns so ein bisschen der Killerinstinkt vorne abhanden gekommen oder eben jemand, der diese Torgefahr ausstrahlt. Auch wenn er vielleicht mal nicht die Aktion hat, ist er immer heiß für den einen Moment und ein Tor. Und Tore geben einem immer auch Vertrauen, Sicherheit - und Recht.“ Denn: „Wenn man zweimal zum wichtigen 1:0 trifft, dann hat man viele Argumente auf seiner Seite“, so Nitsch, der unter anderem auf Tom Wohlers und Soleiman Kazizada verzichten musste und auf einigen Positionen rotierte.

"Ich fand, dass es für Blomkamp-Verhältnisse nicht lichterloh brannte"

Während Incheol Choi (li.) dieses Mal kaum in Erscheinung trat, hatte Moritz Niemann nach einer guten Stunde Glück, dass er nicht vom Platz flog. Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

Aber die „zweite Garde“ machte „Druck auf die Arrivierten“ und am Ende habe man „mit mannschaftlicher Geschlossenheit das Ding mit 1:0 weggerotzt“, bilanzierte Nitsch - und fügte an: „Ich würde schon von einem verdienten Sieg sprechen, weil ich uns in der ersten Halbzeit seit ordentlich fand und wir schon gut darauf vorbereitet waren, was wir hier heute kriegen. Man hat gesehen, dass Osdorf zuletzt gute Spiele gegen Türkiye und Sasel gemacht hat, so dass die Tabellenposition vielleicht auch ein bisschen täuscht.“ Und: „Es ist immer eklig am Blomkamp. Man muss sich auch darauf einstellen, dass es mal eine hektischere Schlussphase geben kann. Aber ich habe jetzt auch nichts extrem Zwingendes an Chancen gegen uns gesehen. Natürlich gibt es ein paar Standards, die da reinsegeln. Aber letztendlich fand ich, dass es für Blomkamp-Verhältnisse nicht lichterloh brannte.“

Niemann im Glück, Osdorf im Pech: "Da kann man schon Rot kassieren"

Palomas Lasse Blöcker (re.) behält die Lufthoheit. Der goldene Torschütze Tom Bein (li.) spekuliert auf die Kopfballverlängerung. Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

Allerdings gab der gesperrte Paloma-Coach auch unumwunden zu, dass man vor allem in einer Szene „ein bisschen Schwein“ hatte. Genau eine Stunde war vorüber, als Georg Demircan USC-Kapitän Moritz Niemann zu Fall brachte. Dieser revanchierte sich mit einer Tätlichkeit, die Referee Murat Yilmaz (FC Türkiye) aber nicht mit dem roten, sondern mit dem gelben Karton ahndete. Sehr zum Unverständnis und Unmut der einmal mehr überzeugenden und tapfer kämpfenden Hausherren. „Er hakelt nach - das ist schon unnötig“, konstatierte selbst Nitsch. „Wenn man da vielleicht einen anderen Schiedsrichter hat, kann man da schon mal eine Rote Karte kassieren. Aber am Ende haben wir das Glück gehabt, dass er nicht runtergeflogen ist und wir so wechseln konnten.“ 


Denn eigentlich wollte Nitsch seinen „Capitano“ unmittelbar darauf vom Platz nehmen. „Aber dann hat sich ‚TJ‘ Pahl verletzt. Aufgrund dessen haben wir es riskiert. Aber ich habe natürlich schon gemerkt, dass sich der Gegner so ein bisschen auf ihn eingeschossen hat und er bei der nächsten Aktion hätte runterfliegen können.“ Flog Niemann aber nicht - und die Gäste überstanden die turbulente Schlussphase ohne Gegentor.

"Würde gerne mal wieder ein Spiel an der 'Bruckner' gewinnen"

Ein Torerfolg war Youngster Gedion Wedemeyer (li.) am Freitagabend nicht vergönnt - trotz guter Aktionen in der ersten Halbzeit. Foto: Christoph Hellwig/USC Paloma

Trotz aller Freude über den Auswärtsdreier haderte Nitsch mit der etwas „zu wilden und hektischen“ zweiten Halbzeit seiner Mannen. „Da würde ich mir wünschen, dass wir das ein bisschen besser beruhigt bekommen. Aber man muss den Jungs auch zu Gute heißen, dass da heute viele drin waren, die zuletzt wenig gespielt haben. Da kann man dann auch nicht von uns erwarten, dass wir den Gegner hier 90 Minuten an die Wand spielen“, bekundete Nitsch auch unmittelbar nach Schlusspfiff seinen Respekt vor dem TuS - und gab einem niedergeschlagenen Bennet Krause einige positive und aufbauende Worte mit auf den Weg. Eine sehr sportliche Geste!

Und während sich Nestorovic im Pulk „mega stolz“ zeigte, befand auch Nitsch: „Es gibt genug Gründe für Kisten“, ehe er den Blick nach vorne richtete: „Ich musste heute lesen, dass wir seit vier Monaten kein Heimspiel mehr gewonnen haben. Ich würde ganz gerne auch mal wieder ein Spiel an der ‚Bruckner' gewinnen!“ 

Autor: Dennis Kormanjos