Oberliga

Noor, Tor, vier Plätze vor: Al-Tamemy schießt BU an die Tabellenspitze

20. Oktober 2020, 23:16 Uhr

Torschütze Noor Al-Tamemy (re.) und Vorbereiter Pascal El-Nemr (Zweiter v. re.), der seinen Assist-Punkt mit einer besonderen Geste feiert, freuen sich über den Treffer zum 1:0. Foto: noveski.com

Die Emotionen mussten einfach heraus. Als Schiedsrichter Furkan Cevdet Vardar (RW Wilhelmsburg) irgendwann nach Ablauf der regulären 90 Minuten pfiff, gab es bei Pascal El-Nemr kein Halten mehr. Der ausgewechselte Offensivspieler des HSV Barmbek-Uhlenhorst sprang von der Bank auf, rannte aufs Feld und jubelte – dabei hatte der Referee das BU-Heimspiel gegen Concordia (Hier gibt's den Live-Ticker zum Nachlesen) noch gar nicht final beendet, sondern nur ein Vergehen auf dem Feld gepfiffen. El-Nemr musste noch ein paar Augenblicke warten, dann war tatsächlich Feierabend und er und seine Teamkollegen durften sich freuen. Über den Sieg gegen Cordi – und den Sprung an die Spitze der Tabelle.

Es war nicht der erste Moment an diesem Abend, an dem Pascal El-Nemr von den Emotionen gepackt wurde. Nachdem der 27-Jährige zum Ende der ersten Hälfte den einzigen Treffer des Abends vorbereitet hatte, jubelte er auf ganz besondere Weise in Richtung seines Ex-Vereins, für den er in der vergangene Saison noch gespielt hatte: Die Hände hinter den Ohren, so als wolle er die Lauscher spitzen, um ganz genau wahrnehmen zu können, wie Cordi auf den Treffer reagiert. „Ich wollte einfach nochmal genau hinhören, ob ich richtig verstanden habe, dass man auf Seiten von Concordia zuletzt negativ über mich gesprochen hat“, erklärte El-Nemr die Geste nach dem Spiel vielsagend.

El-Nemr: „Ich wollte einfach nochmal genau hinhören…“

Er war's: Torschütze Al-Tamemy (re.) deutet mit dem Finger in Richtung Vorlagengeber El-Nemr. Foto: noveski.com

Die Geschichte der ersten Halbzeit auf dem Kunstrasen an der Dieselstraße ist relativ schnell erzählt – schließlich gab es unterm Strich nur ein einziges Highlight, das zu etwas Zählbarem führte. Und das ereignete sich just in dem Moment, als sich die meisten der 236 Zuschauer wohl schon mit dem torlosen Remis zum Gang in die Pause abgefunden hatten. Doch dann timte Julian Pötzinger seinen Ball auf den halbrechts startenden El-Nemr ideal, dieser schlug einen Haken, sein Gegenspieler rutschte ins Leere und El-Nemrs Hereingabe fand Noor Al-Tamemy, der aus 13 Metern unten rechts vollendete. Zuvor hatte es auf beiden Seiten nette Offensiv-Szenen gegeben, bei denen aber die Torerfolge ausblieben und beispielsweise Fatih Umurhan einen Schuss von Cordis Michel Netzbandt auf der Linie klärte (15.) oder aber Cordi-Keeper Tim Burgemeister nach 24 Minuten aus seinem Kasten eilte und vorm heranstürmenden Elias Saad den Ball erreichte und wegschlug.

Al-Tamemy: „Ob für die Tabellenführung noch 'ne Kiste fällig ist, weiß ich jetzt gar nicht“

Im vierten Spiel für seinen neuen Verein gelang Al-Tamemy (li.) sein erster Treffer. Foto: noveski.com

Nach dem Seitenwechsel hätte Steven Lindener früh ausgleichen können (48.), wenn ihm nach einer abgewehrten Ecke von Onur Saglam nicht BU-Schlussmann Johannes Höcker mit einer Glanzparade im Weg gestanden hätte. Danach allerdings verflachte das Niveau der Partie doch merklich. Lindener fehlte bei seinem Kopfball nach 59 Minuten jegliche Spannung, El-Nemr scheiterte an Burgemeister (61.) und Al-Tamemy zielte vorbei (66.), so dass die Gelb-Rote Karte für den erst drei Minuten zuvor verwarnten Abdullah Yilmaz nach 87 Zeigerumdrehungen die eigentlich nennenswerteste Szene der Schlussphase blieb. Kurz vor Ultimo sorgte eine Rudelbildung nach einem Foul von Louis Mandel an Lindener nochmal für Aufregung. Mehr aber auch nicht.

Haimerl: „Es hätte keiner gedacht, dass wir nach fünf Spielen mit zwölf Punkten dastehen“

Vier Fäuste zum Schlusspfiff: BU-Coach Jan Haimerl (re.) und Betreuer Kay Harries bejubeln den Sieg und den Sprung auf Platz eins. Foto: noveski.com

Dann war Schluss – und der Mann, der zum Matchwinner geworden war, musste erst einmal nachdenken. „Ich muss für mein erstes Tor für BU eine Kiste Bier ausgeben. Und eine dafür, dass ich zum ersten Mal auf dem Cover der Stadionzeitung war. Ob für die Tabellenführung noch 'ne Kiste fällig ist, weiß ich jetzt gar nicht“, lachte der erst Anfang Oktober verpflichtete Al-Tamemy und erklärte: „Ich fühle mich bei BU sehr wohl, habe direkt das Vertrauen des Trainers bekommen und wollte schon in einem meiner ersten drei Spiele gerne treffen, jetzt war’s halt beim vierten Einsatz so weit. Ich habe mir das Tor erarbeitet und bin froh, dass es geklappt hat.“ Sein Coach Jan Haimerl gab derweil zu Protokoll: „Das war ein ekliger Sieg, Wir sind mit einer schmeichelhaften Führung in die Halbzeit gegangen. Am Ende des Tages können wir uns nicht beschweren, wenn letztlich ein Ding reinrutscht und es ein Unentschieden wird.“ So aber seien es „nette drei Punkte“, sagte Haimerl und fügte hinzu: „Vor sechs Wochen hätte keiner gedacht, dass wir nach fünf Spielen mit zwölf Punkten dastehen.“

Pieper-von Valtier: „Wir müssen mindestens einen Punkt mitnehmen“

Ein Foul mit Folgen: Cordis Abdullah Yilmaz (li.) bringt Elias Saad zu Fall und sieht dafür kurz vor Schluss die Gelb-Rote Karte. Foto: noveski.com

Und der Unterlegene? „Wir müssen hier definitiv nicht verlieren“, kontatierte Frank Pieper-von Valtier nach der Begegnung. „Wir haben in den ersten 20 Minuten gut begonnen, dann haben wir auf dem Platz von der 30. bis zur 45. Minute mal Dinge, die besprochen waren, geändert – obwohl wir sie gar nicht ändern wollten“, fügte der Trainer des gestürzten Tabellenführers hinzu und analysierte: „Bis zum 0:1 hatten wir das Spiel in die Richtung gelenkt, in die wir es haben wollten. Wir wollten BU unter Druck setzen, zu langen Bällen zwingen und uns selbst vorne festsetzen.“ Auch in den zweiten Durchgang sei sein Team „vernünftig reingekommen, so der Cordi-Coach, „es war ein enges Ding. Wir müssen unsere Möglichkeiten reinmachen. Entscheidend ist: Es war kein schlechtes, sondern ein gutes Spiel von uns. Wir hatten Möglichkeiten, zu gewinnen und müssen mindestens einen Punkt mitnehmen.“

Jan Knötzsch 

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