LOTTO-Pokal

Paloma kontert HEBC verbal und fußballerisch: „Trashtalk und Hektik sind nach hinten losgegangen!“

08. August 2021, 15:06 Uhr

Lasse Blöcker (re.) bejubelt seinen Führungstreffer zusammen mit dem heraneilenden Tom Bein. Foto: Olaf Both

Im Offensivbereich fehlten dem HEBC unter anderem Torjäger Janosch Rinckens und Neuzugang Toni Rohrbach – das viel größere Problem machte sich aber in der Defensive bemerkbar. So mussten Innenverteidiger Dario Ivanko (LV) und „Sechser“ Piet Oldag (RV) als Außenverteidiger aushelfen, da man „zurzeit nicht einen einzigen Flügelspieler“ habe, wie Trainer Özden Kocadal monierte. „Die haben sich letztes Wochenende komischerweise alle eine Zerrung zugezogen“, beklagte er vor dem Pokalduell gegen Oberliga-Kontrahent USC Paloma einige Ausfälle (alle Highlights - fußballerisch und verbal - im LIVE-Ticker).

Der Ball liegt im Tor! Während HEBC-Keeper Nils Ortner geschlagen am Boden liegt, bricht Torschütze Lasse Blöcker in Jubelstürme aus. Foto: Olaf Both

Der Liga-Start steht unmittelbar bevor – und die dafür nötige Intensität legten beide Teams von der ersten Minute an den Tag. Auch die Bänke gingen voll mit und waren lautstark dabei. Jubeln durften zunächst die Gäste, die nach feiner Vorarbeit von Soleiman Kazizada auf die Siegerstraße abbogen. Kevin Lohrke ließ die Hereingabe in den Rücken der Abwehr passieren, Lasse Blöcker schloss trocken ab (24.). Den Eimsbüttelern fehlte es nach vorne an der nötigen Durchschlagskraft – und hinten musste man mit dem Pausenpfiff das 0:2 schlucken, weil Tom Wohlers eine Fackel auspackte und diese im rechten Kreuzeck einschlagen ließ (45.). „Die Jungs wollten, dass wir auch nach der Pause weiter unbedingt Angriffspressing spielen. Das zeichnet die Truppe einfach aus, dass wir uns nach einer Führung nicht zurückziehen, sondern weiter Bock auf Tore haben“, befand USC-Übungsleiter Marius Nitsch.

Zabihi-Einwechslung bricht HEBC endgültig das Genick

Was ein Strich! Tom Wohlers (li.) lässt die Kugel mit seinem Hammer zum 2:0 im rechten Winkel einschlagen. Foto: Olaf Both

Aber: Waren die ruhenden Bälle, die zahlreich vorhanden waren, im ersten Durchgang noch ein riesengroßes Manko des HEBC, brachte der erste Standard des zweiten Abschnitts tatsächlich den erwünschten Erfolg und erhofften Ertrag für die Gastgeber. Ausgerechnet der soeben eingewechselte Johann Buttler war es, der einen Freistoß von Fabian Lemke schulbuchmäßig in die Maschen nickte (51.). „Da brechen dann vielleicht auch einige Mannschaften zusammen. Aber wir hatten immer noch den Mut, nach vorne zu spielen“, ließen sich die Gäste nicht beirren. Die Partie wurde fortan immer hitziger, turbulenter und unruhiger. Es kam zu Rudelbildungen und kleineren Provokationen, die das Nitsch-Ensemble den „Veilchen“ mit Toren aufs Brot schmierte. Vor allem die Einwechslung von Jassin Zabihi brachte offensiv nochmal Schwung. Erst legte er ein Zuspiel von Wohlers für Kevin Lohrke ab. Dessen 17-Meter-Schuss konnte Nils Ortner nur noch aus dem Gehäuse fischen (64.). Es war der Beginn einer einseitigen Geschichte.

"Natürlich war Jassin vor dem Spiel enttäuscht"

Dementsprechend groß fiel Wohlers' Jubel nach dem herrlichen Treffer aus. Foto: Olaf Both

Und insbesondere Zabihi sorgte für mächtig Wirbel. „Es ist schwer, so eine Entscheidung zu treffen. Und natürlich war Jassin vor dem Spiel enttäuscht. Aber wenn man sieht, wie er sich nach seiner Einwechslung präsentiert hat, das zeigt dann schon, wie wir zusammengewachsen sind“, lobte Nitsch seinen Joker, der Taten sprechen ließ. Über Kazizada und den ehemaligen Concorden kam die Kugel zu Wohlers, der keinerlei Mühe mehr hatte (69.). Auch dem Treffer zum 5:1-Endstand durch Moritz Niemann, der aus 17 Metern ganz überlegt mit der Innenseite finalisierte, ging eine feine Einzelaktion von Zabihi voraus (81.). Da passte es ins Bild, dass Maximilian Schulz in der Schlussminute noch mit einem an Max Priebe verursachten Foulelfmeter an Thor-Arne Höfs scheiterte (89.).

"Es ist hoch, aber auch in der Höhe nicht unverdient"

Johann Buttler (4. v. re.) brachte den HEBC nach seiner Einwechslung mit einem schulbuchmäßigen Kopfball zurück. Foto: Olaf Both

„Ich bin natürlich mega zufrieden mit dem Auftreten“, strahlte Nitsch unmittelbar im Nachgang und noch voll im Adrenalinrausch. „Es war genau das Spiel, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir wussten, dass viel Hektik reinkommt, sie physisch gut sind und uns in Zweikämpfe verwickeln wollen. Das haben die Jungs super angenommen, waren richtig gut im Umschalten und hatten viel Tempo auf dem Platz. Was wichtig war: die Charakterstärke und Mentalität am Reinmüller anzunehmen – auch gegen das viele Pushen von außen und die ganzen Widerstände“, so Nitsch. „In der Phase nach dem 2:1 geht man natürlich nicht davon aus, dass wir am Ende noch 5:1 gewinnen. Es ist hoch, aber ich finde es auch in der Höhe nicht unverdient“, konstatierte er – und machte aus seiner Freude keinen Hehl: „Es macht tierisch großen Spaß, weil die Jungs brennen und einfach Bock haben“. Und das, obwohl mit Dennis Thiessen, Stephan Vujcic (beide im Urlaub) sowie Michel Blunck, den Nitsch schonen konnte, noch drei Leistungsträger fehlten.

Reinmüller brennt - aber nur kurz

Im Anschluss wurde es zwischen beiden Lagern richtig hitzig und ging ordentlich zur Sache. Foto: Olaf Both

HEBC-Trainer Kocadal zeigte sich nicht überrascht von der Stärke Palomas, sondern erklärte hinterher: „Wir haben uns schon auf etwas gefasst gemacht und wussten, dass Paloma bockstark ist und mit Marius jemanden bekommen hat, der eine andere Ordnung reingebracht hat. In den ersten 22 Minuten waren wir die schlechtere Mannschaft. Unser Plan hat nicht funktioniert“, gestand er und stellte um. „Wir haben deren System gespiegelt und waren dann auch besser drin – trotz Rückstand.“ Zudem habe man auch „ein wenig Trashtalk reinbekommen“ und wusste, „dass wir etwas Hektik verbreiten müssen“. Aber: „Am Ende ist das nach hinten losgegangen“, gab Kocadal unumwunden zu. Nichtsdestotrotz: Das Ziel vom Anschlusstreffer konnte in die Tat umgesetzt werden. „Wir wussten, dass der Reinmüller dann brennen wird. Das war auch so. Aber leider kam postwendend die Antwort.“ Und das gleich in mehrfacher Ausführung.

"Es war nichts unter der Gürtellinie - von beiden Seiten nicht"

In der Schlussminute parierte USC-Keeper Thor-Arne Höfs noch einen Strafstoß der Hausherren. Foto: Olaf Both

„Das Problem ist, dass wir vier Tore nach dem gleichen Muster kassiert haben“, wusste Kocadal genau, dass ihm auf den Außenverteidiger-Positionen die Alternativen fehlten. Zu oft sind die „Tauben“ über die linke Seite durchgebrochen. „Das hat uns das Genick gebrochen, ist aber trotzdem keine Ausrede. Denn die Zuspiele in den Rücken der Abwehr müssen auch besser verteidigt werden. Wir haben es einfach nicht geschafft, die Abschlüsse schwieriger für den Gegner zu gestalten. Das ist natürlich bitter, trotzdem habe ich auch gute Sachen gesehen“, wollte er nicht alles schwarzsehen. „Wir haben Paloma oft zu langen Bällen gezwungen und gewisse Spielprinzipien haben gegriffen.“ Man werde „die richtigen Lehren daraus ziehen und ich finde es wichtig, dass man auch so etwas mal hinnimmt. Denn bisher ging es immer nur bergauf. Da gehört so ein Dämpfer auch mal dazu. Wichtig ist, die richtigen Schlüsse zu ziehen – denn nur so wird man besser“, richtete Kocadal den Blick bereits nach vorne.

Dass seine Equipe in der Schlussphase sogar mit etwas Häme überschüttet wurde, nahm er ebenfalls sportlich: „Natürlich ist das bitter, aber das gehört dazu. Das weiß man, wenn man vorher austeilt. Dann muss man auch bereit sein, einzustecken. Nach dem 1:2 waren wir ja auch kurz davor und es wurde ziemlich hektisch. Aber es ist einfach nach hinten losgegangen. Das ist auch völlig in Ordnung. Denn es war ja nichts unter der Gürtellinie – von beiden Seiten nicht. Das gehört zum Reinmüller einfach dazu.“

Autor: Dennis Kormanjos

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