Pfosten-Pingpong und goldenes Trainer-Händchen: Süderelbe "mit Tempo" zum Erfolg

Rabenhorst: "Das tut doppelt weh und ist extrem ärgerlich"

04. November 2017, 00:50 Uhr

Ian-Prescott Claus (re.) markierte den Führungstreffer, vergab einige Großchancen - und bereitete den Siegtreffer vor. Foto: Christian Küch

Michael Ulbricht konnte nicht mehr an sich halten. Voller Wut trat er die gestapelten Hütchen an der Seitenauslinie in die Ersatzbank hinein. Es folgte noch ein Frustschrei obendrauf. Erneut hatte der Hamburger SV III ordentlich dagegengehalten, aber wieder stand man nach dem Abpfiff mit leeren Händen da. „Das ist jetzt das dritte oder vierte Spiel – Dassendorf und Vicky mal ausgenommen –, wo wir uns einfach nichts davon kaufen können, wenn man sagt: vernünftig gespielt, aber du stehst erneut mit null Punkten da. Natürlich tut das doppelt weh und klar ist es ärgerlich“, zog auch Marcus Rabenhorst ein ernüchterndes Fazit.

24 Punkte nach 15 Spielen: der FC Süderelbe sorgt weiter für Positiv-Schlagzeilen und steht deutlich besser dar, als von vielen Experten vor der Saison prognostiziert. „Wir waren Abstiegskandidat Nummer eins, zwei oder drei, keiner hatte uns auf dem Zettel und jetzt haben wir 24 Punkte und noch zwei Spiele in der Hinrunde zu absolvieren. Damit können wir sehr zufrieden sein“, zog Trainer Markus Walek ein absolut zutreffendes und glückliches Zwischenfazit nach dem umkämpften 2:1-Erfolg beim Schlusslicht HSV III. Ein Sieg, an dem der Übungsleiter keinen unwesentlichen Anteil hatte. Erst brachte Walek eine Viertelstunde vor Schluss mit Jonathan Paulo da Silva Matthes eine frische Offensivkraft. Dann kam mit Blerim Murtezani keine sieben Zeigerumdrehungen darauf ein kopfballstarker Spieler – und das bei einem Einwurf für die Gäste. Diesen verlängerte eben jener Murtezani in den Lauf von Ian-Prescott Claus, der die HSV-Defensive zum wiederholten Male ganz schlecht aussehen ließ und bis zur linken Grundlinie runter marschierte. Von dort legte er quer – und in der Mitte hatte ausgerechnet da Silva Matthes keine Mühe mehr, das Runde ins verwaiste Eckige zu befördern (82.). Das 2:1 für Süderelbe – gleichzeitig auch der Siegtreffer! „Wir haben richtig gewechselt und ein glückliches Händchen gehabt“, wollte Walek seinen Anteil am Triumph nicht allzu hoch hängen. „Bei uns ist die Marschroute: wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen. Wenn du einen einwechselst und der macht den entscheidenden Fehler, dann bist du der Buhmann. Es ist immer ein schmaler Grat. Wir gucken immer, wer uns in welcher Situation gut helfen könnte“, fügte er an.

Zwei Rothosen-Treffer für die Katz - Claus mit Pfosten-Pingpong

Völlig unbedrängt durfte Torben Wacker zum zwischenzeitlichen 1:1 einköpfen. Foto: Christian Küch

Während Walek mit seinen Wechseln alles richtig machte, lief sich auf der anderen Seite Jendrik Bauer noch immer hinter dem Tor warm. Der Stürmer, der allein schon von der Statur her nochmal für ein wenig Gefahr im Süderelbe-Strafraum hätte sorgen können, wurde erst in der 90. Minute eingewechselt. „Das sind Entscheidungen, die man in dem Moment so trifft. Im Nachhinein kann man immer darüber philosophieren: was wäre wenn gewesen? Wir haben uns dafür entschieden, so weiterzumachen“, begründete Rabenhorst hinterher. Sein Team fand nach einem frühen Aussetzer von Marko Augustinovic, der den Ball direkt in die Füße von Max Hartmann spielte, woraufhin dieser Claus in Szene setzte, der aber knapp verzog (5.), gut ins Spiel – und erzielte auch zwei Tore: erst brachte Marko Augustinovic den Ball im Tor von Yalcin Ceylani unter (16.), dann war es nur 120 Sekunden später Kristijan Augustinovic, der nach toller Stafette über Damian Ilic und Dimitrij Rikspun einschob (18.). Beide Male war jedoch die Fahne des Assistenten oben – die Treffer zählten nicht! Stattdessen schlugen die Fischbeker zu – und wie: Christopher Mann sah gegen Jan Luka Segedi ganz und gar nicht gut aus. Letztgenannter steckte daraufhin genau im richtigen Moment für Claus durch. Aus halbrechter Position machte er es diesmal besser, als noch in den Anfangsminuten – wenngleich auch eine Menge Glück dabei war. Denn die Kugel kullerte vom linken an den rechten Pfosten und huschte dann über die Linie – 0:1 (20.)!

"Wir haben nach dem 1:1 das Fußballspielen eingestellt"

Die „Rothosen“ waren um eine Antwort bemüht. Über Ulbricht, Ilic und Yasar kam der Ball erneut zu Damian Ilic, der relativ ungehindert aus zehn Metern jedoch zu ungenau zielte (27.). Kurz nach Wiederanpfiff war es dann aber soweit. Timo Trefzger zirkelte einen Freistoß – von Höhe der Süderelbe-Bank – auf den Kopf von Torben Wacker, der sich keinerlei Gegenwehr gegenübersah und vor Ceylani einköpfte (49.)! Aber dann: „Wir haben nach dem 1:1, wo wir eigentlich gut im Spiel waren, das Fußballspielen eingestellt haben. Die ersten zehn Minuten danach ging es noch, aber dann haben wir erst wieder damit angefangen, als der Gegner das Tor macht“, bemängelte Rabenhorst, dessen Mannen vor allem in der Rückwärtsbewegung immer wieder zu nachlässig agierten. Und vorne drin war, man muss es so deutlich sagen, Kristijan Augustinovic ein Totalausfall. Mehrfach musste er sich die Meinung seiner Teamkollegen anhören, weil die Laufwege nicht stimmten und weil er zu oft die falschen Entscheidungen traf. Und hinten? Da wirkte die Abwehrzentrale häufig etwas zu hüftsteif. „Wir haben viel über die außen gespielt, weil wir gesehen haben, dass sie dort anfällig sind. Mit dem Tempo kamen sie nicht klar“, konstatierte Walek. Claus hätte unmittelbar nach dem Ausgleich wieder für die Süderelbe-Führung sorgen können, scheiterte aber an Heuers Fingerspitzen (51.), ehe der Angreifer rechts im Sechzehner Wacker vernaschte und mit seinem Querpass die Hacke von Patrick Hinrichsen fand. Von dort trudelte das Spielgerät an den linken Innenpfosten und dann in die Hände von Heuer (64.). Die Gäste waren dem 2:1 nun deutlich näher, kamen zu weiteren Chancen durch Martin Sobczyk (74.) und wiederum Ian-Prescott Claus, der erneut um Haaresbreite am langen Eck vorbei schoss (78.). Und urplötzlich hatte der eingewechselte Andy Akoteng-Bonsrah nach einem starken Solo die große Gelegenheit, die Hausherren jubeln zu lassen – doch Yalcin Ceylani hatte was dagegen (81.). Wenige Augenblicke darauf kamen die FCS-Joker und entschieden die Partie.

"Haben den HSV ein bisschen länger leben lassen, als es notwendig war"

Tolle Ballbehandlung von Jan Luka Segedi (re.), der die Führung einleitete, gegen Dimitrij Rikspun (li.). Foto: Christian Küch

„Da musst du einfach abgewichster sein und zumindest einen Punkt zu Hause behalten“, saß der Frust bei Rabenhorst tief. Dennoch befand er: „Ich glaube, dass wir heute gezeigt haben, wenn der Saisonstart anders verlaufen wäre, müsste man hier nicht ganz unten um jeden einzelnen Punkt kämpfen.“ Sein Gegenüber pflichtete ihm teilweise bei, sagte: „Der HSV hat ein sehr gutes Spiel gemacht, das muss man sagen.“ Aber: „Ich denke dann doch, dass wir in der zweiten Halbzeit die eine oder andere Möglichkeit hatten, um das zweite Tor zu machen. Wir haben den HSV ein bisschen länger leben lassen, als es notwendig war“, so Walek, der anfügte: „So kurz vor Schluss den Luckypunch zu setzen, freut mich natürlich umso mehr.“ Abschließend betonte er: „Vicky hat hier knapp gewonnen, Dassendorf hat hier knapp gewonnen – also können auch wir uns mit diesem knappen Sieg zufriedengeben.“


Autor: Dennis Kormanjos