Aufstiegs-Hinspiel

Schramm steht stramm – aber HR muss trotz Sieg „auf das richtige Wunder“ hoffen!

17. Mai 2023, 09:14 Uhr

Zunge raus! Mit zwei Toren und einer Vorlage war Marvin Schramm (Mi.) der überragende Mann beim 3:2-Sieg im Relegations-Hinspiel von HR gegen Düneberg. Foto: KBS-Picture.de

„Wir sind jetzt in diese Situation reingerutscht. Ob BU das gut oder schlecht gemacht hat, ist scheißegal. Am Ende geht es darum, wer auf Platz zwei steht“, wollte Heiko Barthel nach dem abschließenden Saisonspiel seiner SV Halstenbek-Rellingen gegen den SC Poppenbüttel (3:0) „zum Ausdruck bringen, dass wir intern besprechen müssen, wie es jetzt weitergeht. Das haben Verein und Mannschaft gemacht. Wir haben uns zusammengesetzt und alle gesagt: Wir treten an. Und das Allerwichtigste ist: Wir wollen uns sauber verkaufen. Und ich glaube, das haben wir gegen eine richtig, richtig gute Mannschaft, die eine bombastische Saison gespielt hat und es verdient hätte, aufzusteigen, getan.“ Und weiter: „Uns ging es nur darum, die Hammonia-Staffel würdig zu vertreten und zu zeigen, dass HR – auch wenn man im ersten Moment vielleicht gar nicht so sehr dort reinwollte – mithalten kann.“

Der Anhang des Düneberger SV sorgte für eine eindrucksvolle Kulisse und Stimmung am Lütten Hall - und trieb den Hansa-Vize-Meister nach vorne. Foto: KBS-Picture.de

Vor allem dank eines Mannes trug der Hammonia-Vize-Meister vom Lütten Hall im Relegations-Hinspiel gegen Hansa-Zweiten, den Düneberger SV, einen 3:2-Sieg (alle Highlights im LIVE-Ticker) davon: Marvin Schramm. „Letzte Woche hat er sich fast die Füße gebrochen, als er ohne Ball über den Platz gelaufen ist“, witzelte Barthel – und gestand: „So gut habe ich ihn noch nicht gesehen!“ Ein Umstand, der jene Tatsache umso überraschender machte: „Er kam direkt aus einer Corona-Erkrankung und meinte, dass heute der erste Tag ohne Schnupfen war“, verriet Barthel – und scherzte mit einem breiten Grinsen: „Ich weiß nicht, ob er sich irgendwas gespritzt hat. Wenn nicht, bekommt er von mir jetzt nur noch den Virus geballert. Das ist ja unfassbar.“

"Das darf nicht passieren, wenn du in die Oberliga willst – nicht mit so einer Klasse"

Vor dem 1:0 hielt Schramm (li.) den Ball im Spiel, setzte sich gegen Shabane Sanni durch und schweißte dann trocken ein. Foto: KBS-Picture.de

Den Anfang machte Schramm nach einem scheinbar etwas zu steil geratenen Zuspiel von Pascal Haase, als er das Spielgerät auf Höhe der rechten Grundlinie noch erreichte, gen Rückraum und Mitte zog, um anschließend ins lange Eck zu vollstrecken (14.)! Kurz vor der Pause dann der Doppelschlag, weil Düneberg in Sachen Rückwärtsbewegung eklatante Lücken offenbarte: Ungehindert konnte Schramm eine Haase-Flanke zum 2:1 einnicken (40.), ehe er seinen kongenialen Partner Haase in einer Kontersituation perfekt in Szene setzte und dieser mit einem herrlichen Chip über Nic Fischer hinweg zum 3:1 veredelte (43.)!

„Wir sind nicht gut reingekommen ins Spiel und haben zu einfache Gegentore kassiert. Das darf nicht passieren, wenn du in die Oberliga willst – nicht mit so einer Klasse“, haderte DSV-Trainer Dennis Tornieporth, der zumindest den zwischenzeitlichen Ausgleich durch Mert Akkus nach einer super Stafette über Tarik Cosgun und Corvin Behrens bejubeln durfte (30.). Apropos Akkus: In der 65. Minute erwies der Torschütze seinem Team einen absoluten Bärendienst, als er einem viel zu langen Ball hinterherjagte und HR-Keeper Knut-Ole Mohr zwar unbeabsichtigt, aber mit offener Sohle am Kiefer und Halsbereich traf. Referee Gerhard Alexander Ludolph zückte sofort den roten Karton!

"Wir müssen eigentlich auch in Unterzahl das 3:3 machen"

Marvin Schramm (2. v. li.) dankt Vorlagengeber Pascal Haase (2. v. re.) nach dem Führungstreffer. Foto: KBS-Picture.de

Bitter für die Gäste, die wenige Augenblicke zuvor – erneut nach einem Angriff über Cosgun und Behrens – durch Arwid Dykier auf 2:3 verkürzten. Der 16-Meter-Schuss des Jokers sprang vor Mohr noch einmal tückisch auf und fand den Weg ins lange Eck (59.). Der mehr als hochverdiente Anschlusstreffer für die von der Spielanlage her klar überlegenen und besseren Düneberger, die vom zahlreichen Anhang lautstark nach vorne getrieben und gepusht wurden. Die Fans der Geesthachter sorgten für eine super Atmosphäre am Lütten Hall!

Nicht nur das. Auch ihre Mannen auf dem Platz hatten trotz der numerischen Unterzahl weiterhin die Oberhand. Das Geschehen spielte sich nahezu ausschließlich in der Halstenbeker Hälfte ab. Und wenn die Hausherren mal umschalten konnten, wurden diese Situationen haarsträubend ausgespielt. „Ich glaube, in der zweiten Halbzeit kam von HR nichts mehr. Wir müssen eigentlich auch in Unterzahl das 3:3 machen. Wenn wir Elf gegen Elf gespielt hätten, dann steht es meiner Meinung nach auf jeden Fall am Ende 3:3. Davon bin ich fest überzeugt“, so Tornieporth.

Barthel ganz ehrlich, Tornieporth hadert mit zwei Szenen

Ohne jede Gegenwehr kommt Marvin Schramm (Mi.) zum Kopfball - und schädelt zum 2:1 für den Hammonia-Vize-Meister ein. Foto: KBS-Picture.de

Während Barthel konstatierte: „Wenn die Rote Karte nicht gekommen wäre, glaube ich, dass wir richtig Probleme bekommen hätten, weil wir komplett auf dem Zahnfleisch gegangen sind. Wenn du sechs Wochen lang nicht richtig trainierst, dann merkt man das einfach. Nach 30 Minuten war ein erster Bruch drin. Wir konnten die Wege nicht mehr gehen und das Umschaltspiel war nicht mehr da. Hätten wir heute diese Wiese nicht gehabt, dann hätten die uns auch mit einem Mann weniger zerlegt. Aber hier muss man gegen uns erstmal gewinnen.“

Und so rettete der Hammonia-Zweite den knappen Sieg über die Zeit. Auch, weil Tornieporth „zwei unglückliche Entscheidungen gegen uns“ wahrnahm. „Das Tor in der ersten Halbzeit muss zählen“, sprach er auf den Kopfballtreffer von Joscha Behrens an, als Mohr nach einer Flanke am Ball vorbeisegelte und Referee Ludolph auf Stürmerfoul entschied (27.). „Genauso wie die vier Minuten Nachspielzeit. Deren Betreuerin war in der zweiten Halbzeit häufiger auf dem Feld, als der Ball im Spiel war. Das ist in so einem wichtigen Spiel zu wenig. Daran lag es nicht, aber es ist ein blöder Nebenaspekt“, befand „Tornie“. Nichtsdestotrotz: „Die Jungs haben in der zweiten Halbzeit alles gegeben und waren auch mit einem Mann weniger dominant. Jetzt freuen wir uns auf Samstag, auch wenn wir heute enttäuscht sind. Aber zu Hause sind wir eine Macht.“

"Ein paar Reisende am Vatertag" - HR geht im Rückspiel am Stock

Es folgte der für Schramm (Mi.) typische Jubel mit herausgestreckter Zunge... Foto: KBS-Picture.de

Hinzu kommt ein Umstand, der Düneberg wohl klar in die Favoritenrolle bringt. Denn Barthel verriet unmittelbar nach Schlusspfiff: „Was jetzt kommt, ist ein Spiel am Samstag, wo ich nicht weiß, ob Helge (Köpcke, Co-Trainer; Anm. d. Red.) oder ich Nummer zehn und elf im Team sind. Deshalb war das heute wichtig und emotional. Wir wollten ein klares Statement setzen, es allen zeigen – und das haben wir bewiesen. Denn wir haben am Vatertag ein paar Reisende, die am Samstag nicht da sein werden.“

Aus dem aktuellen Kader habe er für das Rückspiel lediglich zehn (!) Mann zur Verfügung – darunter Ersatztorwart Niklas Marten, der als Feldspieler zum Einsatz kommen könnte. „Bis jetzt habe ich Munzel und Sottorf aus den Alten Herren. Und dann komme schon ich ins Spiel“, so der HR-Coach. Aber: „Wir fahren da jetzt nicht hin und sagen: Wir wollen einstellig verlieren.“ Dennoch gab er zu: „Wenn der zweite Platz gegen BU ein Wunder war, dann würde ich sagen: Jetzt käme das richtige Wunder.“

Düneberg geht mit "viel Optimismus" ins Rückspiel

... und der Dank des Doppeltorschützen (li.) an Flankengeber Pascal Haase (re.), der ebenfalls an allen drei Toren direkt beteiligt war. Foto: KBS-Picture.de

Dass der Gegner vermutlich arg gebeutelt in das zweite Duell gehen wird, spielte für Tornieporth auf Nachfrage „gar keine Rolle“, ehe er anfügte: „Wir spielen zu Hause unser Spiel – ganz egal, ob der Gegner ETSV Hamburg, Meiendorf oder Halstenbek-Rellingen heißt. Wir können auf unserem Kunstrasen nochmal einen anderen Fußball spielen, als dass hier heute möglich war. Deswegen gehen wir mit viel Optimismus ins Spiel.“ Zumal seine Mannschaft „einfach eine brutale Moral und Mentalität“ habe und sich auch vom Abgang des „Erfolgsmachers“ sowie zweier wichtiger Leistungsträger – Top-Torschütze und Kapitän Corvin Behrens sowie Shabane Sanni folgen Tornieporth zum Lüneburger SK Hansa – überhaupt nicht beirren oder beeindrucken lassen.

"Beim Aufwärmen hatte ich arge Bedenken"

Ein Tor, zwei Vorlagen: Pascal Haase (li.) - hier im Duell mit Paul Jürß - spielte seine Routine und höherklassige Erfahrung aus und trug wesentlich zum Hinspiel-Sieg von HR bei. Foto: KBS-Picture.de

Die Stärke des Gegners erkannte auch Barthel neidlos an: „Gefühlt haben die fünf Spieler, die mehr Tore erzielt haben, als wir alle zusammen. Aber heute haben wir aus wenig Chancen viel gemacht.“ Dabei hatte der 48-Jährige „beim Aufwärmen arge Bedenken“, wie er unumwunden zugab, „als ich gesehen habe, wie wir und wie die sich warmgemacht haben – und ich die Ansprache von meinem Kollegen mitbekommen habe“. Da man „nicht jedes Jahr ein Aufstiegsspiel zur Oberliga“ bestreitet, habe er seinen Jungs gesagt: „Genießt es – und knallt heute einfach alles raus. Was morgen und Samstag ist, das ist scheißegal! Heute zeigen wir, dass wir es verdient haben, Zweiter zu sein. Ob wir das irgendwann nicht mehr wollten, mussten oder konnten – das spielt keine Rolle.“

Autor: Dennis Kormanjos