Oberliga

Stier: „Die Enttäuschung ist riesengroß!“

18. Oktober 2022, 10:14 Uhr

Marco Stier macht aus seiner Enttäuschung über das geplatzte Engagement beim SV Curslack-Neuengamme keinen Hehl. Foto: KBS-Picture.de

In zwei Jahren formte er den HSV Barmbek-Uhlenhorst zu einem Oberliga-Spitzenteam. Zu einer Mannschaft, die aufgrund der sportlichen Leistungen nach Höherem schielte. Zu hoch für den Vorstand. Und so kam es zwischen dem Hamburger Traditionsverein und Marco Stier zum großen Knall. Nach fast zweieinhalb Jahren, in denen es relativ ruhig um den Ex-Profi war, sorgte die Meldung, dass der 38-Jährige den SV Curslack-Neuengamme übernehmen und vor dem Abstieg retten soll, für ein riesengroßes Echo. Doch am Montagabend gab der Oberliga-Letzte in einer Pressemitteilung bekannt, dass Stier nun doch nicht an den Gramkowweg kommen würde!

In zwei Jahren formte Marco Stier den HSV Barmbek-Uhlenhorst zu einem Spitzenteam. Nun wollte er Curslack vor dem Abstieg retten. Foto: KBS-Picture.de

Eine fast schon peinliche Posse, die ein Stück weit zur sportlichen Situation des SVCN passt. Vor allem aber eine Situation, die auch Stier „wirklich unangenehm“ ist, wie er uns mitteilt. Genauer gesagt: „Es ist mir fast schon peinlich, über so etwas reden zu müssen.“ Über etwas, „was für einen Trainer das Normalste der Welt“ sei, wie er erklärt. Dabei macht er auch überhaupt keinen Hehl daraus, dass er „extrem enttäuscht darüber“ sei, „wie das alles abgelaufen ist“.

Rollen wir die Situation mal von vorne auf. „Die Gespräche waren zu Beginn sehr positiv. Ich habe in Robert (Liga-Manager Mimarbachi, Anm. d. Red.) einen Menschen gesehen, der genau wie ich tickt und Feuer und Flamme für die Sache ist. Einer, der für die Aufgabe brennt“, so Stier, dem, wie er selbst sagt, „ganz kalr versichert wurde, dass alles dafür getan wird, damit wir mit dem Verein die Liga halten werden, dass ich mich als Trainer voll und ganz auf die Mannschaft und die Arbeit mit den Jungs konzentrieren und fokussieren kann, dass mir der Rücken komplett freigehalten wird“. Doch: „Letztendlich ist es an einem der normalsten, selbstverständlichsten und kleinsten Punkte, der für einen Trainer ein Muss ist, um die Mannschaft zu entwickeln - und das nicht nur in der Situation, in der sich der Verein befindet -, gescheitert. Das hat mich sehr enttäuscht!“

"Ich wäre auch kompromissbereit gewesen"

Da Stier dreimal die Woche nur einen halben Platz zum Training zur Verfügung gehabt hätte, zog er die Reißleine. Foto: KBS-Picture.de

Damit bestätigt Stier unseren Informationen, wonach die Trainings-Problematik der hauptausschlaggebende Grund für die geplatzte Zusammenarbeit sei. Am Mittwoch sollte er seine erste Einheit mit der neuen Mannschaft leiten. Zwei Tage vorher wurde ihm mitgeteilt, dass er nur einen halben Platz zur Verfügung hat - und das an sämtlichen drei Trainingstagen in der Woche. „Ich wäre da auch kompromissbereit gewesen. Aber nicht einmal den kompletten Platz zu haben, um wichtige Abläufe einzustudieren, das funktioniert einfach nicht“, stellt Stier unmissverständlich klar. „Ich bin jetzt seit neun Tagen im Urlaub. Ein Urlaub, der eigentlich keiner war, da ich mir täglich Gedanken über die neue Aufgabe gemacht habe. Alle Trainingseinheiten für die nächsten drei Monate, die allesamt aufeinander aufgebaut waren, um die Mannschaft zu verbessern und Punkte zu holen, waren bereits erstellt. Ich habe zu sämtlichen Spielern Kontakt aufgenommen, viele Gespräche geführt“, brannte er bereits für die neue Aufgabe.

"All das kann man nicht machen, wenn man ein Handballfeld zur Verfügung hat"

„Ich denke, ich bin ein Trainer, der eine Mannschaft mit professionellen Trainingsmethoden schnell weiterentwickeln und nach vorne bringen kann, der auch sehr viel im taktischen Bereich macht. Und es ist einfach ein Fakt: Wenn man am Wochenende erfolgreich sein möchte, dann muss man den Jungs auf einem ganzen Platz erklären können, was sie im taktischen Bereich machen und wie sie sich in gewissen Situationen verhalten müssen. Die Jungs müssen Spielabläufe auf ihren Positionen und die Laufwege, wann und wie man anläuft, wo man die Balleroberungen haben will, verinnerlichen. Zudem sind mannschafts-, aber auch gruppentaktische Elemente von großer Bedeutung. All das kann man nicht machen, wenn man dreimal die Woche ein Handballfeld zur Verfügung hat und am Wochenende Höchstleistungen bringen und Spiele gewinnen soll“, so Stier. „Da bin ich der Meinung, dass ich der falsche Trainer dafür bin und dem Verein dann auch nicht weiterhelfen kann“, vermutet er, dass der Verein „den Ernst der Lage noch nicht erkannt“ habe.

"Bin der 100-prozentigen Überzeugung, dass wir Curslack in der Liga gehalten hätten"

Dass sein Engagement beim SVCN nun vorzeitig geplatzt ist, tut Stier vor allem für seinen Co-Trainer Marcel Meyer und die Spieler leid. Foto: KBS-Picture.de

„Die Enttäuschung ist sehr groß! Ich hätte mir einfach ein bisschen mehr Unterstützung erhofft und erwartet - und empfinde das auch als sehr unprofessionell. Mir tut es für meinen Co-Trainer Marcel Meyer leid. Wir standen während meines Urlaubs im regelmäßigen Austausch. Er hat sich bereits riesig auf die erste Station im Trainerbereich gefreut und war schon genauso heiß, wie ich."


„Vor allem aber tut es mir auch für die Jungs leid, mit denen ich bereits im Kontakt stand. Die Vorfreude war auf beiden Seiten groß“, griffen auch viele Spieler nach dem berühmt-berüchtigten letzten Strohhalm. Und in der Tat: Auch unseren Informationen zu Folge war die Mannschaft bereits heiß auf einen Neuanfang unter Marco Stier. Doch dazu wird es nun nicht kommen. „Wichtig ist mir aber auch, zu betonen, dass wir nicht im Streit auseinandergegangen sind. Man war halt unterschiedlicher Meinung. Ich wünsche dem Verein, dass er einen Trainer findet, der den Karren aus dem Dreck ziehen kann“, sieht sich Stier dazu gezwungen, seine Sicht der Dinge darzulegen, um nicht als der „Dumme“ dazustehen. Abschließend betont er: „Ich bin zu 100 Prozent der Überzeugung gewesen, dass wir Curslack in der Liga gehalten hätten!“

Autor: Dennis Kormanjos