LOTTO-Pokal-Finale

Toksöz: „Wir haben keinerlei Druck und wollen den riesengroßen Favoriten ärgern“

20. August 2020, 17:04 Uhr

Für Deran Toksöz (li.) wird das Pokalfinale mit dem TSV Sasel gegen seinen Ex-Club aus Norderstedt "etwas ganz Besonderes". Foto: KBS-Picture.de

Fast fünf Jahre lang war das Edmund-Plambeck-Stadion sein sportliches Zuhause. Als sein Wechsel im Januar 2014 offiziell vermeldet wurde, schien es so, als hätte Eintracht Norderstedt den neuen Heilsbringer verpflichtet. Und schnell avancierte Deran Toksöz, der damals von Drittligist Holstein Kiel zum Regionalligisten kam, zu einem unverzichtbaren Fixpunkt. Zu einem nicht mehr wegzudenkenden Leistungsträger bei den Garstedtern. Nach 160 Pflichtspielen, 31 Toren und zwei Pokalsiegen verabschiedete sich Toksöz im Winter 2019 von der Eintracht und heuerte beim ambitionierten FC Teutonia 05 an. Ein nicht ganz geräuschloser Abgang – doch das ist für den inzwischen 32-Jährigen „längst vergessen“.

Im Pokal-Viertelfinale gegen BU warf Toksöz (Mi.) - trifft hier per Kopf zum 1:0 - bereits seinen ehemaligen Teamkollegen Johannes Höcker (re.) raus. Foto: KBS-Picture.de

Vielmehr steht nun die Vorfreude auf den kommenden Samstag im Mittelpunkt. Denn: Mittlerweile ist Deran Toksöz beim TSV Sasel angekommen – und wie! Seinen ersten Auftritt für das neue Team hatte der Mittelfeldakteur im LOTTO-Pokal-Viertelfinale gegen BU. Beim 5:2-Erfolg nach Elfmeterschießen erzielte Toksöz zunächst den wichtigen Führungstreffer in der regulären Spielzeit, um nach dem später folgenden Ausgleich der Barmbeker den entscheidenden „Elfer“ zum Triumph zu verwandeln. Auch im Halbfinale trug Toksöz seinen Anteil zum 3:0-Sieg beim SV Rugenbergen dabei – und damit trifft er im Endspiel ausgerechnet auf seinen Ex-Club aus Norderstedt. „Natürlich ist es etwas Besonderes. Ich habe dort immer noch viele Freunde“, gesteht der Edel-Techniker, dessen Vorfreude auf den kommenden Samstag (14:45 Uhr, bei uns im ausführlichen LIVE-Ticker) dementsprechend groß ist: „Einerseits natürlich darauf, ein Finale zu spielen, aber auch darauf, einige Freunde wiederzusehen und sportlich zu versuchen, den riesengroßen Favoriten zu ärgern.“

"Ich hatte zuvor noch keine Adresse..."

Erst traf Toksöz in der regulären Spielzeit, dann verwandelte er den entscheidenden Elfmeter. Foto: KBS-Picture.de

Denn klar ist: Als Regionalligist geht Norderstedt als Favorit in den Showdown. „Wir sind absoluter Außenseiter, haben überhaupt gar nichts zu verlieren und keinerlei Druck“, weiß Toksöz. „Wir haben eine sehr, sehr junge Mannschaft“, betont er. Eine Mannschaft, die mit seiner Person und einem weiteren ehemaligen Norderstedter, Marin Mandic, jede Menge Erfahrung dazu bekommen hat. Ein Aspekt, von dem die „Parkwegler“ enorm profitieren dürften. „Das Geile ist, dass die Jungs fast alle aus Sasel kommen“, hebt Toksöz eine weitere Besonderheit hervor – und verrät: „Ich hatte zuvor noch keine Adresse, wo die jungen Spieler so extrem zugehört und versucht haben, es besser zu machen, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Das ist schon besonders.“ Die Jugendlichkeit sorgt auch dafür, dass sich Toksöz sicher ist: „In den nächsten drei Jahren werden viele der Jungs einigen etablierten Spielern den Rang ablaufen.“

"Da sehe ich Sasel vorne"

In Norderstedt war Toksöz (re.) fünf Jahre lang absoluter Leistungsträger. Foto: KBS-Picture.de

Zieht man Parallelen zu seinem Ex-Verein, sieht Toksöz die Eintracht von der gesamten Kaderstärke im Vorteil, betont aber auch: „Von der Lernwilligkeit, dem Ehrgeiz und dem grundsätzlichen Teamkern sehe ich Sasel vorne.“ Dennoch sei die Favoritenrolle klar verteilt – denn: „Es ist immer noch eine Liga Unterschied – und eine Liga ist viel.“ Natürlich, so Toksöz, sei es oft so, „dass gewisse Kleinigkeiten einen Spieler zu einem besseren Spieler machen“, aber als „Underdog“ wolle man vor allem „Spaß haben“.

"Vor gefühlt 40 Kameramännern zu spielen, hat einen Testspielcharakter"

Spaß, der angesichts der besonderen Umstände und Rahmenbedingungen jedoch ein wenig getrübt wird. Da das Finale vor lediglich 200 Zuschauern, die zu einem wesentlichen Teil aus den Teams, Funktionären und Pressevertretern bestehen, an der Hagenbeckstraße stattfindet, beschleicht nicht nur Toksöz aufgrund dessen und der diversen Hygienevorschriften „ein ganz komisches Gefühl, auf alles achten und selbst beim Jubeln aufpassen zu müssen. Ohne Zuschauer macht es auch keinen Spaß. Für Fans, Verantwortliche und Spieler ist so ein Finale immer ein Highlight. Insbesondere dann, wenn man vor 5000 Zuschauern spielt. Dass wir jetzt gefühlt vor 40 Kameramännern spielen, hat leider einen gewissen Testspielcharakter“, unterstreicht Toksöz – und beteuert: „Für mich ist es nach wie vor unverständlich, dass es so gehandhabt wird – und ich wünsche mir, dass es endlich gewisse Lockerungen gibt.“

"Lasse mich auch gerne in der zwölften Minute auswechseln, wenn wir gewinnen"

Zweimal gewann Toksöz (li.) mit der Eintracht den Pokal - nun will er selbigen mit dem TSV Sasel gewinnen. Foto: KBS-Picture.de

Doch zurück zum sportlichen Teil. Für Toksöz kommt es darauf an, „wer motivierter sein wird“. Und auch wenn seine Saseler als „klarer Außenseiter“ ins Finale gehen, macht er gar keinen Hehl aus seinem Ziel: „Natürlich will ich gewinnen!“ Darum, seine ehemaligen Teamkollegen ganz besonders zu ärgern oder dem Verein eins auszuwischen, geht es ihm aber keineswegs, wie Toksöz betont. So entgegnet er auf die Frage, welche Schlagzeile er nach dem Finale gerne lesen würde: „Der TSV Sasel gewinnt den Pokal.“ Und das vielleicht sogar durch ein Toksöz-Tor? „Ich bin noch nie ein Spieler oder Mensch gewesen, der gerne im Mittelpunkt steht oder gestanden hat. Ich lasse mich auch gerne in der zwölften Minute auswechseln, wenn wir das Finale als Mannschaft gewinnen. Es geht überhaupt nicht um mich, sondern um den TSV Sasel!“

Autor: Dennis Kormanjos