Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

Tolle Teutonen, Corona-Kommunikation und ein Lob für Ehrenamtliche und (Eigen-)Initiative

21. September 2020, 15:34 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

In unserer Kolumne „Abpfiff“ greifen wir die wichtigsten Themen der vergangenen Woche im Hamburger Amateur-Fußball auf und kommentieren diese. In dieser Woche geht es um den Oberliga-Start in die Saison 2020/2021, das leidige Thema Corona und seine Folgen sowie die ersten Auftritte des FC Teutonia 05 in der Nord-Staffel der Regionalliga Nord.

Endlich. Endlich hat er uns wieder – und wir haben ihn zurück: Die Rede ist natürlich vom Pflichtspielbetrieb im Hamburger Amateurfußball. Erinnern Sie sich noch, liebe Leser: Es war der 13. März 2020 – ausgerechnet übrigens ein Freitag (ein Schelm, wer hier nun Böses denkt!) –, als Corona erst einmal alles lahmlegte und man am nachfolgenden Wochenende als Anhänger, Kenner oder Beteiligter im Fußball-Kosmos der Hansestadt erst einmal gar nicht so richtig etwas mit sich anzufangen wusste. Spielbesuche, der nette Schnack am Seitenrand. Shake-Hands mit Leuten, die man über Jahre nahezu jedes Wochenende gesehen hatte – von heute auf morgen wie weggeblasen. Wie lange wir auf die Rückkehr in den Spieltrieb würden warten müssen, dass die Saison 2019/2020 abgebrochen werden würde, dass der LOTTO-Pokalsieger erst nach dem 30. Juni im August 2020 ermittelt werden sollte – das alles wussten wir damals noch nicht.

Es bleibt zu wünschen, dass der HFV die Flexibilität zeigt, die er sich selbst von den Vereinen wünscht

Lobenswert I: Wie sich Ahrensburg-Trainer Matthias Nagel als Urheber der Initiative für die Punkte-Mitnahme einsetzt. Archivfoto: Knötzsch

Und hätten es wohl auch nicht wissen wollen. Die „Leiden“, die Corona rein fußballtechnisch über uns gebracht hat, waren auch so hart genug. Wobei man allerdings sagen muss: All dieses Ungemach ist nichts gegen andere, noch schwerere Schiskale wie Corona-Tote und -Erkrankungen, Verdienstausfall, Jobverlust, Kurzarbeit, Lockdown oder was auch immer diese Pandemie in den letzten Wochen und Monaten über manchen gebracht hat. Der (Amateur-)Fußball ist da eine nette Abwechslung, eine willkommene Ablenkung – und wenn man so will: auch ein erster Schritt zurück in die Normalität. Auch, wenn eigentlich noch gar nichts wieder normal ist. Der Modus in dieser Saison 2020/2021 ist anders – das ist bekannt. Dass es so kommen würde, dass wir keine komplette Saison mit Hin- und Rückrunde spielen würden – es sollte jedem klar gewesen sein. So ist die Idee, es bei einer einfachen Hinserie zu belassen und daran anschließend eine Meister- und Abstiegsrunde zu spielen, hervorragend – wenn ihr nicht der Irrsinn inne wohnen würde, dass nach der Hinserie alle Punkte verfallen sollen. Man kann der von Matthias Nagel (Ahrensburger TSV) angeregten Initiative, die sich für eine Mitnahme von Punkten nach der Hinserie einsetzt, nur wünschen, dass sie nicht nur Gehör beim Spielausschuss findet, sondern auch, dass der Hamburger Fußball-Verband (HFV) selbst die Flexibilität beweist, die man seit Corona von den Vereinen verlangt und er das jetzige Prozedere doch nochmal abändert. Im Nachhinein etwas zu korrigieren und verbessern, ist nichts Schlimmes. Im Gegenteil: Es wäre ein Zeichen von Größe, gelebter Demokratie mit den Vereinen und würde dazu beitragen, dass der – nach von der Basis aufgrund mangelnder Kommunikation – mehrfach kritisierte Verband sein angekratztes „Standing“ zumindest ein bisschen aufpoliert.

Die Prognose, dass diese beiden Fälle nicht die einzigen bleiben werden, ist nicht unbedingt die gewagteste

Lobenswert II: Wie sowohl der Oberligist TuS Osdorf und Manager Cemil Yavas als auch Landesligist Inter Eidelstedt in Sachen Corona-Infektionen kommunizierten. Foto: KBS-Picture.de

Apropos Kommunikation: So sicher wie die Tatsache, dass wir in einem neuen Modus die neue Spielzeit bestreiten werden, war eigentlich auch, dass Corona uns weiter begleiten wird. Das Virus ist selbstredend nicht von heute auf morgen weg, nur, weil wieder Fußball gespielt wird. Es wird noch lange da sein – nicht nur im Fußball-Leben, sondern auch abseits des Platzes. Entsprechend musste und muss man also (leider) damit rechnen, dass es corona-bedingte Ausfälle geben wird. Dass und wie schnell diese in der vergangenen Woche von den betroffenen Vereinen an die Öffentlichkeit kommuniziert wurden, ist gut. Auch die Art und Weise: Keiner der Infizierten wurde – weder bei Inter Eidelstedt noch beim TuS Osdorf – namentlich genannt. Eine Stigmatisierung blieb den Betroffenen damit erspart. So sehr man sich auch wünscht, dass es nicht so wäre: die Prognose, dass diese beiden Fälle nicht die einzigen bleiben werden, ist nicht unbedingt die gewagteste. Es wird uns vermutlich nicht erspart bleiben, auch in Zukunft über den einen oder anderen infolge von Corona-Infektionen abgesagten Kick zu informieren. Umso wichtiger sind und bleiben die Hygienekonzepte der Vereine – auch wenn sie den Clubs und den vielen Ehrenamtlichen Unmengen an Arbeit im Vorfeld der einzelnen Spiele einbringen. Umso mehr gilt es, hier eine Lanze für eben jene zu brechen: Stark, dass ihr mit eurem Einsatz möglich macht, dass im Hamburger Amateufußball wieder gekickt werden kann. Lasst uns dieses Gut nicht vorschnell mit Füßen treten, sondern weiter mit viel Vorsicht verfahren – so nervig Zuschauerbeschränkungen oder Maskentragen auch sein mögen.

Chapeau, wer bei viel Kritik so ruhig bleibt und die (beste) Antwort auf dem Platz gibt

Lobenswert III: Wie Trainer Achim Hollerieth (re.) und sein Assistent Jan-Philipp Rose mit Teutonia 05 bislang in der Regionalliga Nord auftreten. Foto: KBS-Picture.de

Als „nervig“ dürfte der eine oder andere an der Kreuzkirche in den letzten Monaten seit der Trennung vom damaligen Trainer Sören Titze an eben jenem März-Wochenende, als Corona über den Hamburger Fußball hineinbrach, vielleicht auch die kritische Berichterstattung über den FC Teutonia 05 empfunden haben. Nun: Wer in dieser Tabellenkonstellation seinem Trainer den Stuhl vor die Tür setzt und in der Folge wenig auskunftsfreudig ist, kann sich ein solches Echo zumindest ausmalen. Aber – und das muss man den Verantwortlichen lassen: An der „Kreuze“ hat man seine Hausaufgaben gemacht – nicht nur in Sache Außendarstellung, die sich verbessert hat. Nein, vielmehr auch, was das Gesicht und die Zusammenstellung des Kaders für die langersehnte erste Saison in der Regionalliga Nord angeht. Der Umbruch im Sommer war immens. Man hätte dem neuen Coach Achim Hollerieth und seiner Spieler-Ansammlung durchaus gestattet, auch mal den einen oder anderen Rückschlag hinzunehmen – schließlich fordert es seine Zeit, zum einen die Neuzugänge zu integrieren, und zum anderen der Mannschaft als neuer Trainer, der dank Corona vorher kein einziges Pflichtspiel außer im LOTTO-Pokal gegen Eintracht Norderstedt erlebte, seine Fußball-Philosophie quasi erfolgreich zu injizieren. Und was machen Hollerieth, sein „Co“ Jan-Philipp Rose und „T05“? Sie strafen mal eben alle Skeptiker Lügen, gewinnen zwei Regionalliga-Spiele, kämpfen sich im dritten nach einem zweifachen Rückstand mit viel Fortune und einem coolen „Elfer“-Schützen Sinisa Veselinovic noch zu einem Remis und sind mit sieben Punkten aus drei Spielen erstmal Hamburgs bester Regio-Vertreter. Auch, wenn's nur eine Momentaufnahme ist: Chapeau, wer bei viel Kritik so ruhig bleibt und die (beste) Antwort auf dem Platz gibt!