Landesliga Hansa

Über „drei Werte“ zurück zur Basis – und zur Nachhaltigkeit: Altenwerder schlägt den „anderen Weg ein“

01. April 2021, 08:47 Uhr

Urgesteine als Vorbilder

Beim FTSV geht es darum, dass Prioritäten gesetzt werden – „und der Fußball steht ganz am Ende der Kette. Wir versuchen, die Jungs bei allem anderen zu unterstützen“, berichtet Lembke. Auch während der Corona-Zeit, die sich laut Tans „rechter Hand“ durchaus positiv gestaltet hat. Der Grund: „Unsere Spieler laufen freiwillig. Das ist sensationell“, gerät Lembke ins Schmunzeln, ehe Tan anfügt: „Bis vor einen Monat hatte ich noch die Angst, dass die Jungs aufhören, Fußball zu spielen und sich stattdessen irgendwo bei einer Laufgemeinschaft anmelden. Wir sind unheimlich positiv überrascht.“ Aber: „Wir haben eben auch genau diese gewissen Charaktere und die filtern wir uns heraus. Die Spieler müssen zur Mannschaft passen. Und die Jungs, die wir haben – das sind richtige Typen. Auf die kannst du dich verlassen.“ Vor allem „die Altgesottenen ziehen die Jungs voll mit“, spricht Annuß auf die Vereins-Urgesteine Stefan Janietz, Christian Carlsen oder auch Alexander Kübler an. Letztgenannter geht im Sommer in die Alten Herren, würde aber im Notfall immer noch parat stehen. Doch Janietz und Carlsen halten der Landesliga-Equipe weiter die Treue. „Als ich Stefan angerufen habe, war seine Antwort: ‚Du glaubst doch nicht, dass ich mich so verabschieden werde?!‘ Und Christian Carlsen hat mich nur gefragt, warum ich ihn denn anrufe – ich würde ja seine Antwort kennen. Das sind die Jungs, die vorangehen und die Truppe mitziehen. Solche Typen brauchst du“, weiß Annuß um die Bedeutung der Routiniers.

"Dann würden wir uns ja selbst widersprechen"

Seit Jahr und Tag ein eingespieltes Gespann: Momo Tan (li.) und Peter Lembke. Foto: Brussolo

Insgesamt 19 Spieler haben den Verantwortlichen auf Anhieb ihre Zusage gegeben. Man sehe sich „gut aufgestellt“ und habe „gezeigt, dass wir in der Landesliga mithalten können. Das gesicherte Mittelfeld sollte drin sein. Aber: Wir sind in der Breite vielleicht nicht so stark besetzt wie andere Vereine“, sieht Tan auf sich und das Team noch viel Arbeit zukommen. Allerdings stellt er auch unmissverständlich klar, dass es keinen Grund geben würde, große Veränderungen vorzunehmen: „Dann würden wir uns doch selbst widersprechen. Denn das würde ja heißen, dass wir zu Beginn der letzten Saison einen völlig verkehrten Kader zusammengestellt haben. Wir sind überzeugt, dass wir mit dem Fundament, was wir geschaffen haben, gut aufgestellt sind. Wir haben unheimlich tolle Jungs in der Mannschaft, haben an ein, zwei Stellschrauben gedreht. Und jetzt kann es meinetwegen sofort wieder losgehen!“

"Haben keinen Bunker wie Donald Duck"

Zumindest hat man, das bestätigt uns Annuß, sowohl für eine Fortsetzung des unterbrochenen LOTTO-Pokal-Wettbewerbs als auch für eine Teilnahme am angedachten HFV-Modus vom freiwilligen Freundschaftsspielbetrieb gemeldet – und das vom Herren- bis zum Jugendbereich runter. Annuß: „Man muss ja auf ein Ziel hinarbeiten.“ Ob es dazu aber kommen wird, scheint mehr denn je in den Sternen zu stehen. Schuld daran ist die aktuelle Corona-Situation. „Wir haben das Problem, was zurzeit sicher viele Vereine haben. Auch uns ist das eine oder andere Mitglied abhandengekommen“, verrät der Liga-Manager. „Finanziell stehen wir gut da, aber wir können auch keine Bäume ausreißen.“ Und weiter: „Man muss keine Angst um den Verein haben, aber es ist auch nicht so, dass wir wie Donald Duck den Bunker haben, wo wir in die Münzen reinspringen können“, so Annuß, der vor allem im Jugendbereich beim FTSV Nachholbedarf sieht. Man habe keine A-, sondern nur eine B-Jugend. Dabei wolle man vermehrt Leute aus dem eigenen Nachwuchs ranholen.

"Das sind der Verein und die Mannschaft uns wert"

Yilmaz Dulu (re.) unterstützt - wie bereits in Buxtehude - Altenwerder-Coach Tan als Betreuer. Foto: Brussolo

Doch zurück zur Liga-Mannschaft. Die will Momo Tan „nach Ostern unter strenger Beachtung der Corona-Richtlinien wieder auf den Platz zurückholen“, wie er uns bestätigt. „Wir werden hier mit drei Trainern stehen und immer Individualtraining mit zwei Spielern gleichzeitig machen – eine Dreiviertelstunde intensives Training.“ Denn Fakt ist auch: „Wir müssen langsam mal wieder auf den Platz kommen. Es wird ja nicht besser. Wichtig ist, dass wir die Corona-Verordnung einhalten und einfach wieder den direkten Zugriff auf die Mannschaft haben wollen.“ Für das Trainer-Gespann ein überaus zeitintensives Unterfangen. „Definitiv. Aber das sind uns der Verein und vor allem die Mannschaft wert! Und wenn ich fünfmal die Woche hier stehen muss. Bei dem Engagement, dem Durchhaltevermögen – da bist du als Trainer auch ein Stück weit gerührt. Und das über einen Zeitraum von fünf Monaten. In so eine Truppe investiert man gerne Zeit“, ist die Arbeit für den Chefcoach eine regelrechte Herzensangelegenheit.

Tans Wunsch: "Altenwerder ist den richtigen Weg eingeschlagen"

Einsam, verlassen - und mit Absperrband versehen: Der Platz des FTSV Altenwerder am Jägerhof in diesen Tagen. Foto: Kormanjos

Und es sind keine leeren Worte, sondern klare Vorstellungen, die der äußerst sympathische Übungsleiter mit seiner Elf verfolgt: „Wir wollen die Zeit nicht ändern. Aber wir wollen bei Altenwerder unseren eigenen Weg gehen. Wir wollen wieder zurück zur Basis, Loyalität und Identifikation – dafür stehen wir. Wir wollen nichts auf Teufel komm‘ raus, sondern nachhaltig etwas aufbauen“, macht Tan keinen Hehl aus seinen Ambitionen – und hat einen großen Wunsch: „In fünf Jahren irgendwo zu lesen: ‚Altenwerder ist damals den richtigen Weg gegangen und lebt nun davon.‘ Wenn wir als Trainer- und Funktionsteam unseren Teil dazu beitragen können, wäre es natürlich umso schöner.“

Autor: Dennis Kormanjos