Oberliga

„Unser Ziel kann nur der Klassenerhalt sein – und den guten Ruf des MSV wiederherzustellen“

05. August 2020, 08:00 Uhr

Meiendorf-Coach Gökhan Acar spricht im FussiFreunde-Interview über seine neue Aufgabe. Foto: MSV

Schon als der Meiendorfer SV in der Winterpause nach dem Ausscheiden des damaligen Coaches Baris Saglam als Nachfolger Can Ersen verpflichtete, machte der Sportliche Leiter Mert Kepceoglu das Trainergespann für die neue Saison klar: Gökhan Acar, so teilte der Club damals mit, wird ab dem Sommer Cheftrainer, als sein Assistent übernimmt Peter Iwosa. Nun, einige Monate später steht fest, dass der MSV dank des Corona-Abbruchs auch in der neuen Spielzeit Oberligist sein wird – und Acar und sein Assistent haben ihre Arbeit beim Club aus der Flens-Arena aufgenommen. Am vergangenen Wochenende stand der „neue MSV“ erstmals in einem Spiel auf dem Rasen. Für uns Anlass genug, uns mit Acar über diesen Auftritt, seine neue Aufgabe, die Zuammenarbeit mit seinem „Co“, die Neuzugänge und die Ziele in der Spielzeit 2020/2021 zu unterhalten. 

Gökhan, am Wochenende habt ihr euer erstes Testspiel absolviert und euch von Altona 1:1 getrennt. Wie sehr hat dich das Ergebnis überrascht?

Gökhan Acar: Mit dem Ergebnis hatte ich in dieser Form so nicht gerechnet. Ich habe den Jungs vorher gesagt, sie sollen das Spiel ein bisschen wie ein Training sehen: Viel laufen, diszipliniert auftreten, eine taktische Disziplin an den Tag legen und zudem versuchen, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Sie sollten nach fast einem halben Jahr ohne richtigen Fußball einfach wieder Spaß bekommen. Zunächst lief das Spiel wie erwartet, wir hatten vielleicht 25 oder 30 Prozent Ballbesitz, haben tief und kompakt gestanden und Mittelfeld-Pressing gespielt. Das haben die Jungs echt gut gemacht. Nach vorne hat uns ein bisschen der Mut gefehlt, aber das war zu erwarten, weil wir gerade mal zwei Wochen im Training sind. Nach der Halbzeit lief es dahingehend dann besser. Nachdem wir in der ersten Hälfte nach rund 30 Minuten in Rückstand gegangen sind und ansonsten gut verteidigt haben, hat Ibrahim Özalp dann kurz vor Schluss nochmal zu einem langen Sprint angesetzt. Keine Ahnung, wo er die Kraft hergenommen hat – eigentlich waren bei uns alle tot. Im Strafraum ist er dann gefoult worden und wir haben den Elfmeter in der 88. Minute zum Ausgleich genutzt.

Wie ist insgesamt bisher dein Eindruck von deiner neuen Mannschaft?

Im ersten Testspiel sah Gökhan Acar ein Meiendorfer 1:1 gegen Altona 93. Foto: Bode

Acar: Was das Training angeht, haben wir bislang nur mit dem Ball gearbeitet. Intensive Laufgeschichten machen keinen Sinn, da wir nicht wissen, wann die Saison anfängt und die Jungs eine lange Pause hatten. Der Körper und die Muskeln müssen sich wieder an Fußball gewöhnen. Wir müssen als Trainer extrem darauf achten, da wir sonst viele Spieler mit muskulären Problemen haben würden. Also arbeiten wir lieber mit dem Ball – auch das sind intensive Einheiten. Wir arbeiten wegen der Corona-Regeln mit zwei Gruppen zu je zehn Spieler. Eine Gruppe betreue ich, die andere mein Co-Trainer Peter Iwosa. Wir tauschen dann aber auch mal durch. Bis jetzt sind wir sehr zufrieden. Die Jungs ziehen gut mit, sie hören zu und zeigen, dass sie wollen. Wir haben uns gezielt mit drei, vier erfahrenen Spielern verstärkt, die die ansonsten junge Mannschaft einfach benötigt. Ich habe das extra mal nachgerechnet: Wir haben trotzdem einen Altersdurchschnitt von 23,3 Jahren. Das ist schon ziemlich jung. Aktuell halten wir auf dem Transfermarkt die Augen offen, ob und was noch möglich ist. Aber: Wir haben bewusst junge Spieler geholt, weil wir diese weiterentwickeln wollen. Wir wollen eine Anlaufstelle für junge Spieler sein. Natürlich brauchst du trotzdem ein paar erfahrene Spieler so wie Gökhan Iscan zum Beispiel, der die jungen Spieler auf dem Platz führt.

Bislang habt ihr 15 Neuzugänge geholt. Wie schwer macht es das, eine schlagkräftige Mannschaft zu formen?

Acar: Natürlich wäre es mir als Trainer auch lieber, wenn wir eine eingespielte Mannschaft wären, in die man nur drei oder vier Neue zu integrieren hätte. Aber wir wussten vorher, dass dies in Meiendorf nicht der Fall sein wird, sondern dass es hier nach der vergangenen Saison einen großen Umbruch geben wird. Wir trainieren fünf Mal in der Woche – das heißt, wir sehen uns derzeit sehr oft, was aber kein Problem ist. Wir müssen es ja so machen, weil es schwer ist, Testspiele zu finden. Unser Plan stand und wir hatten die Hoffnung, dass es vielleicht schon so weit sein würde, dass man in Hamburg spielen kann. Nachdem klar war, dass das nicht so ist, haben wir bei einigen Vereinen aus Niedersachsen angefragt. Aber auch das ist schwierig, weil die ihre Pläne eben auch größtenteils gemacht haben und schon andere Gegner haben. Training ist das eine, Testspiele sind etwas anderes – das ist richtiger Wettbewerb, den du eben im Training nicht hast, aber bei einer neu formierten, noch nicht eingespielten Mannschaft eigentlich benötigst.

Dennoch hast du dir ja sicher überlegt, wie du die Aufgabe angehst. Was darf man vom MSV spielerisch in der neuen Saison erwarten?

Neu-Coach Acar muss mit Assistent Peter Iwosa jede Menge Zugänge integrieren. Foto: Bode

Acar: Wer meine bisherigen Trainerstationen zusammen mit Dennis Kreutzer verfolgt hat, der weiß, dass wir sowohl bei V/W Billstedt als auch beim FC Türkiye Angriffs-Pressing gespielt haben. Das wird in Meiendorf nicht der Fall sein. Wir wollen variabel sein. Dabei werden wir uns sicher auch mal daran orientieren, wie der Gegner auftritt. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht verraten (lacht). Man soll die Konkurrenz ja auch nicht zu sehr in seine Karten schauen lassen...

Mit Peter Iwosa hast du einen Co-Trainer an deiner Seite, den du dir explizit ausgesucht hast. Warum fiel die Wahl auf ihn?

Acar: Ich kenne Peter schon sehr lange. Als ich noch in Billstedt gespielt habe, war er bei Cordi. Man läuft sich also schon mal öfter über den Weg (lacht). Als die Idee reifte, in Meiendorf die Aufgabe zusammen mit Dennis Kreutzer zu übernehmen, wurde schnell klar, dass Dennis aus beruflichen Gründen zu sehr eingebunden sein würde, um wie früher ein Trainer-Duo zu bilden. Wir haben dann überlegt, wie das Trainerteam stattdessen aussehen könnte und sind direkt auf die Idee mit Peter gekommen. Ich sehe ihn auch nicht als Co-Trainer, sondern vielmehr als meinen Partner. Er passt hier in Meiendorf absolut rein. Da es seine erste Rolle in einem Trainergespann ist, wird er sicher lernen. Aber er war schon früher als Kapitän so eine Art Trainer auf dem Platz. Peter ist ein kumpelhafter Typ, ruhig und sachlich. Er hat eine tolle aktive Karriere gehabt – angefangen von seiner Zeit in der Jugend beim HSV und St. Pauli bis zum Ende bei Paloma. Er hat jede Menge Ahnung vom Fußball. Es klappt bisher genau so, wie ich mir das vorgestellt habe.

Letztlich seid ihr nur wegen des Corona-Abbruchs nicht abgestiegen. Wäre es leichter gewesen, den MSV als Landesligist zu übernehmen, der oben hätte mitspielen wollen!?

Der 39-Jährige hat nicht nur vom Saisonziel, sondern auch vom Spielstil seiner neuen Equipe klare Vorstellungen. Foto: KBS-Picture.de

Acar: Ja, definitiv. Als ich unterschrieben habe, sah die Situation so aus, dass wir für die Landesliga geplant haben und da dann oben mitspielen wollten. Dementsprechend haben wir nach Spielern gesucht und diese dann auch unter dieser Prämisse angesprochen. Es ist ein Wahnsinn, wie viele Gespräche ich und Mert Kepceoglu (Meiendorfs Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) geführt haben. Wir hatten bestimmt 50 oder 60 Spieler auf der Liste, mit denen wir uns beschäftigt haben. Wir wussten, dass es schwierig wird. Es gab Spieler, die ganz klar gesagt haben: Wir kommen nur für die Oberliga. Insofern hat es uns in die Karten gespielt, dass nach dem Abbruch die Nachricht kam, dass es keine Absteiger geben wird und wir in der Liga bleiben. In den Gesprächen war vielfach die erste Frage oft, wie es in Meiendorf mit dem Geld aussieht. Der schlechte Ruf, den der Verein zuletzt hatte, war ein Thema. Wenn wir in die Landesliga gemusst hätten, dann hätten wir – da bin ich mir sicher – einen Kader gehabt, der ganz anders aussehen würde, als es der jetzige tut. Als Oberligist war es für uns leichter, Spieler ranzuholen.

Was ist mit den vielen Neuzugängen und dem Vorzeichen fehlender Testspiele denn euer Saisonziel?

Acar: Unser Saisonziel kann nur der Klassenerhalt sein. Wir wollen so früh wie möglich nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben. Und wir wollen den guten Ruf des MSV wieder herstellen. Über Meiendorf soll wieder positiv geredet werden – das ist das Ziel. Nicht nur die Spieler sollen wieder Spaß haben, wenn sie auf dem Platz stehen, sondern auch die Zuschauer auf der Tribüne sollen wieder gerne zum Meiendorfer SV kommen, weil es dort guten Fußball zu sehen gibt.