Vickys „Not-Elf“ macht's nach Chancenwucher spannend!

Kosova-Coach total bedient, SCV mit Bajramovic

04. August 2015, 23:47 Uhr

Marius Ebbers traf zum zwischenzeitlichen 2:0, ließ abr auch etliche Großchancen ungenutzt. Foto: KBS-Picture.de

Es war schon äußerst seltsam, was sich am Abend an der Dratelnstraße abspielte. Der Favorit vom SC Victoria gastierte in der zweiten Runde des Oddset-Pokals beim klassentieferen Klub Kosova und gab sich anfangs überhaupt keine Blöße. Es spielte nur eine Mannschaft und das war der Oberliga-Vizemeister, der sich allein in den ersten 20 Minuten ganze fünf Hundertprozentige Torchancen erspielte, woraus zumindest zwei Tore resultierten. Nichtsdestotrotz nahm die Partie eine nicht für möglich gehaltene Wende und wurde hintenraus tatsächlich noch einmal spannend.

„Wir wollten das Spiel gewinnen – doch das habe ich meiner Mannschaft, zumindest in der ersten Halbzeit, in keinster Art und Weise angesehen“, war Thorsten Beyer, Übungsleiter des Klub Kosova nach dem Abpfiff noch immer bedient. Seine Mannschaft fand im ersten Durchgang überhaupt keinen Zugriff auf Spiel und Gegner, ließ diesen schalten und walten, wie er wollte. Gerade einmal acht Zeigerumdrehungen brauchte der stark ersatzgeschwächte SCV, bei dem Co-Trainer Jasmin Bajramovic in der Innenverteidigung aushalf (!), um bei strömendem Regen die Führung zu erzielen: Gary Voorbraak mit dem langen Ball von halblinks. Keiner fühlte sich für Jungspund Danial Jadidi verantwortlich, der im ersten Versuch noch an Sebastian Menzel scheiterte, aber den Abpraller locker im Kasten der Hausherren unterbrachte – 0:1! Marius Ebbers (11.), Vincent Boock (13.) und Jadidi (16.) hätten den Vorsprung längst ausbauen müssen, als der ehemalige St. Paulianer ein Boock-Zuspiel mit all seiner Routine verarbeitete, einen Gegenspieler aussteigen ließ und locker-leicht ins rechte untere Toreck einschoss (20.)!

Hoffnung nach Anschlusstreffer wehrt nur wenige Sekunden

Von Spannung bis zu diesem Zeitpunkt nicht den hauch einer Spur. „Es kann hier schon 0:6 stehen – jetzt setzt mal endlich etwas dagegen“, schimpfte Beyer an der Seitenlinie. So langsam, aber wirklich ganz langsam, begann Kosova, sich zu wehren – auch, weil Vicky nun einen Gang zurück schraubte. Die Partie plätscherte vor sich hin, als Kosova urplötzlich wieder mitten im Geschehen war: einen harmlos anmutenden Freistoß von Kirill Schneider, den dieser rechts um die Mauer herum zog, ließ Keeper Krister Finnern nach vorne abklatschen – Onur Tüysüz bedankte sich artig und drosch das Leder unter die Latte (43.)! Die Hoffnung war zurück – allerdings nicht einmal für 30 Sekunden. Im direkten Gegenzug ging es ganz schnell, zu schnell für Kosova. Thiessen bediente Ebbers, der leitete mit der Hacke weiter und Len Aike Strömer stellte den alten Abstand wieder her (44.)! „Das war für mich die entscheidende Szene. Ganz bitter, da uns dasselbe bereits am Wochenende gegen Lohbrügge passiert ist“, so Beyer.

Voorbraak fliegt – Kosova fightet zurück

Der Hansa-Ligist legte im zweiten Abschnitt eine ganz andere Körpersprache an den Tag, wirkte aggressiver und setzte den Gegner früher unter Druck. „Das Wichtigste war mir, dass wir an die Chance glauben. Genau das haben wir in den ersten 45 Minuten gar nicht gemacht. Das war ein Klassenunterschied, ganz einfach, weil der Wille gefehlt hat“, nahm Beyer seine Mannen ins Gebet und die hörten. Nachdem Marius Ebbers von Marcel Rodrigues in Szene gesetzt wurde und völlig freistehend arg versemmelte (67.), sorgte Gary Voorbraak wieder für Spannung: der „Aushilfs-Linksverteidiger“ riss als letzter Mann Burhan Bedrolli zu Boden – nachdem zuvor Jadidis Pass auf Thiessen misslang. Schiedsrichter Markus von Glischinski zückte völlig zurecht den roten Karton (72.)! „Die Rote Karte war korrekt, allerdings stand der gefoulte Spieler zuvor im Abseits“, kritisierte Lutz Göttling. In Überzahl witterte Kosova seine Chance und kam tatsächlich zum Anschlusstreffer. David Eybächer zu ungestüm gegen Amir Ukshini – Elfmeter! Kirill Schneider lief an und schob die Kugel ins rechte untere Toreck – 2:3 (79.)!

„Ärgere mich über die verschenkte erste Halbzeit“

Die Devise war nun klar: immer wieder wurde der Ball ins Zentrum gepasst, wo „Standard-Spezi“ Schneider als Abnehmer parat stand, um das Spielgerät lang und weit an den gegnerischen Sechzehner zu befördern. Der Erfolg blieb jedoch aus! Stattdessen vergab Ebbers keine Hundert-, sondern fast schon eine Tausendprozentige zur endgültigen Entscheidung (90. +1). Ein letzter Freistoß von Schneider wurde vom eingewechselten Torben Wacker aus der Gefahrenzone bugsiert – danach war Schluss! „Wir haben uns vorgenommen, nach der Pause ein anderes Gesicht zu zeigen, das haben wir getan und standen sogar kurz vorm Ausgleich. Mit einem Mann mehr und der Spieldominanz, ist es schon ärgerlich, dass wir das Spiel in der ersten Halbzeit verloren haben“, konstatierte Beyer und wurde noch deutlicher: „Ich vermute, dass der Respekt zu Beginn zu groß war. Eine andere Erklärung hab ich dafür nicht, dass der Gegner machen konnte, was er wollte. Ich ärgere mich sehr über die verschenkte erste Halbzeit. Wenn wir hier 1:7 untergehen, aber alles probiert hätten, wäre es hinnehmbar, aber so nicht. Wir haben überhaupt kein Zweikampfverhalten an den Tag gelegt, daraus müssen wir jetzt die richtigen Schlüsse ziehen“, überwog beim KK-Coach die Enttäuschung.

Sein Gegenüber, Lutz Göttling, gab anschließend zu Protokoll: „Wir haben es schlichtweg versäumt, aus den unzählig vielen Torchancen – ich glaube, allein in der ersten Viertelstunde waren es drei, vier weitere Tausendprozentige – die Führung auszubauen. Normalerweise musst du hier zur Pause 6:0 führen. Stattdessen kommt der Gegner mit seiner ersten Aktion in Richtung Tor zum Anschlusstreffer. Die zweite Halbzeit war dann ein bisschen unsortiert, da hat der Gegner aber auch mehr riskiert und offener gespielt. Bei uns hat die Kraft nachgelassen, da wir wirklich mit dem allerletzten Aufgebot angereist sind und die letzten 20 Minuten auch noch in Unterzahl agieren mussten. Mit dem Ergebnis bin ich absolut zufrieden, über die Art und Weise wird noch zu reden sein.“

Der LIVE-Ticker zum Spiel mit allen Höhepunkten zum Nachlesen: