Vor 1113 Zuschauern: Leuthold sorgt mit Volley-Hammer in seinem "Wohnzimmer" für Falke-Freudentaumel!

Dobirr: "Es wäre eine Frechheit, wenn die nicht hochgehen sollten"

20. Mai 2017, 17:48 Uhr

Die ganze Mannschaft, alle Verantwortlichen und Mitwirkenden des HFC Falke feiern die errungene Meisterschaft mit ihren treuen Fans, die während der 90 Minuten für eine unvergessliche Atmosphäre sorgten. Foto: Heiden

„Wenn man vor dem Spiel dieses Stadion betritt, das ich ja noch aus früheren Zeiten kenne, und das dann in meinem Alter in solch einem Rahmen nochmal erleben darf, dann ist das genau das, weshalb ich mich vor drei Jahren für diesen Verein entschieden habe“, brachte Christopher Dobirr das auf den Punkt, was wahrscheinlich ein ganz großer Teil der 1113 Zuschauer auf der alt-ehrwürdigen Adolf-Jäger-Kampfbahn dachte. 1113 Schaulustige wollten sich den großen „Endspiel-Showdown“ um die Meisterschaft in der Kreisliga 2 zwischen der U23 von Altona 93 und dem HFC Falke nicht entgehen lassen. Mehr noch: Diese 1113 Besucher sorgten für einen neuen deutschlandweite Rekord. Denn noch nie hat es bei einem Spiel der achthöchsten Spielklasse mehr Zuschauer gegeben! „Das ist eine Kulisse, die selbst in der Oberliga etwas ganz Besonderes wäre“, so Tobias Leuthold.

Tobias Leuthold feiert seinen Volley-Hammer zur Führung. Foto: Heiden

All die Anwesenden bekamen sämtliche Tugenden zu sehen, die ein Fußballspiel ausmachen – vor allem aber jede Menge Emotionen. Freudestrahlende Helden auf der einen, aber auch niedergeschlagene Protagonisten auf der anderen Seite. Und bei jeglicher Rivalität beider Lager, waren die Worte, die insbesondere Christopher Dobirr im reinsten Freudentaumel fand, von großem Respekt geprägt: „Ich habe eben nach dem Abpfiff zu Marco Schiavone gesagt: ‚Wenn ihr am Ende tatsächlich nicht hochgehen solltet, wäre das eine Frechheit.‘ Ich würde es auch brutal schade finden, weil ich die Jungs echt gut fand. Sie waren in beiden Spielen gegen uns besser und steigen, wenn’s ganz doof läuft, vielleicht doch nicht auf.“ Ein Lob, mit dem auch AFC-Coach Ralph Kainzberger nicht gerechnet hatte. „Das sind schöne Worte. Man darf nicht vergessen, dass es hier um den Amateurfußball geht – und egal, ob Falke- oder AFC-Fans: Wir können stolz darauf sein, so ein Spektakel veranstaltet zu haben. Im Falle einer Niederlage kriegt man wenig Respekt und Anerkennung zurück – und natürlich bin ich in diesem Moment sehr enttäuscht. Aber ich denke auch, dass wir in beiden Spielen zusammengerechnet etwas besser waren. Im ersten Spiel ganz klar, heute hat die Erfahrung gewonnen.“

Leuthold-Hammer im ehemaligen "Wohnzimmer"

Trotz jahrelanger Erfahrung hatte auch Sebastian Loether vorher "Ködel in der Hose". Foto: Heiden

Oder anders ausgedrückt: „Wir haben uns die ersten 20 Minuten oberschwer getan, da hat Altona uns an die Wand gespielt. Wenn sie da ein Tor machen, hätte es extrem knifflig werden können. Wir haben uns gut reingebissen. Das war die Qualität, die wir heute hatten. Und dann muss man natürlich sagen, dass die individuelle Klasse von Tobi Leuthold natürlich auch nochmal eine große Rolle gespielt hat“, analysierte Dobirr – und traf damit den Nagel auf den Kopf. 38 Minuten waren vorüber, als Altonas Bastian Mewes nach einem ruhenden Ball von Köksal Arslan die Kugel nicht weit genug aus der Gefahrenzone bekam – auch, weil er von seinem eigenen Mitspieler Paul Togbo leicht irritiert wurde. Das Spielgerät senkte sich auf Höhe der Strafraumgrenze, wo der langjährige Oberliga-Recke Tobias Leuthold parat stand und die Pille per Volley in den linken Giebel jagte! Das goldene Tor des Tages auf der AJK, das den HFC Falke zum Meister machte – und ausgerechnet von Leuthold in seinem „Wohnzimmer“ erzielt wurde. Denn der Linksfuß spielte nicht nur in der Jugend für den AFC, sondern erlebte seine erfolgreichste Zeit im Herrenbereich ebenfalls im rot-schwarz-weiß-gestreiften Dress – und das ganze vier Jahre lang.

"Etwas ganz Besonderes, weil es meine erste Meisterschaft ist"

Nur einmal hatte Sven Barth im AFC-Tor das Nachsehen. Foto: Heiden

Nun kehrte er mit dem HFC an die alte Wirkungsstätte zurück und schoss sein Team zum zweiten Aufstieg nacheinander. Trotzdem gab er sich anschließend ganz bescheiden: „Die Hauptsache war, dass wir dieses Spiel gewinnen. Wer das Tor macht, spielt keine Rolle. Dass ich es jetzt gewesen bin, freut mich natürlich sehr. Aber die Mannschaft steht im Vordergrund.“ Auf Nachfrage ließ er sich dann aber doch noch etwas entlocken – und zwar, wie speziell dieser Moment für ihn ist: „Für mich ist es etwas sehr Besonderes, denn ich bin jetzt 29 Jahre alt und zuvor noch nie Meister geworden. Mit der Mannschaft, mit dem Zusammenhalt, mit diesem Teamgedanken: Das ist in dieser Form etwas ganz Neues für mich. Deshalb ist es ein sehr besonderer Moment.“ Sein Erfolgstrainer Dirk Hellmann meinte, unmittelbar bevor er von den Anhängern, die per Fanmarsch gemeinsam zur AJK pilgerten und dort für eine unvergessliche Stimmung sorgten, „geduscht“ wurde: „Dass er den so unter die Latte knallt, ist natürlich sensationell. Aber er hat es sich auch absolut verdient, da er aus einer langen Pause kam und innerhalb der Truppe wieder den Spaß gefunden hat. Darüber sind wir natürlich mega froh.“ AFC-Coach Kainzberger fragte sich derweil: „Natürlich haben sie mit Leuthold nochmal einen Königstransfer gelandet. Ohne den wüsste ich nicht, wie es in der Rückrunde abgelaufen wäre.“

"Den Modus sollte man mal überdenken - der macht mich sauer!"

Foto: Heiden

Die Hausherren versuchten zwar alles, fanden aber kaum ein Durchkommen. Immer wieder bekamen die Falken einen Fuß oder den Kopf dazwischen. Und wenn mal ein Schuss durchhuschte, wie in Minute 72, als 93-Torjäger Bennet Packheiser Maß nahm, dann war Anton Ritter im HFC-Kasten zu Stelle. Die „Hellmänner“ ließen ihrerseits einige Konterchancen ungenutzt und verpassten es, den Sack vorzeitig zuzumachen. „Alles deutete auf solch ein Spektakel-Endspiel hin und ich denke, beide Mannschaften haben diese Stimmung aufgesaugt“, so Kainzberger, der mit seiner Enttäuschung nicht hinterm Berg hielt und meinte: „Wir hätten es sicherlich nicht verdient, mit nur zwei Niederlagen nicht aufzusteigen. Darüber bin ich sehr sauer! Und das müssen wir erstmal verarbeiten und verdauen. Diese ganze Zurückzieherei von Mannschaften und der Modus mit dem Punktequotienten – das sollte man überdenken. Eigentlich würden wir heute an deren Stelle stehen und feiern. Das hätte uns zugestanden. Aber so ist Fußball. Wir haben eine sehr junge Truppe und ich glaube, behaupten zu können, dass das schon eine Art Trauma ist. Wir haben alles abgerufen und werden einfach nicht belohnt. Dennoch können wir stolz auf die Saison sein.“

Während auf Seiten des AFC II nun zittern angesagt ist, feierte die gesamte Mannschaft und das komplette Umfeld des HFC Falke frenetisch mit den zahlreichen Zuschauern die Meisterschaft und den damit verbundenen Bezirksliga-Aufstieg. „Mir fehlen die Worte – guckt euch das an! Die sind alle positiv bekloppt“, war Sebastian Loether, den es als Co-Trainer zu HR ziehen wird, fast sprachlos. Aber nur fast: „Ich habe schon vor dem Spiel zu Christopher Dobirr gesagt: ‚Ich habe ja auch schon einiges erlebt, aber heute habe ich wirklich einen Ködel in der Hose.‘ Ich habe alles reingeschmissen, was ging. Zum Glück ist alles gut gegangen. Das war einfach nur phänomenal und ich glaube, dass ich mich noch nie auf ein Spiel so extrem vorbereitet habe, wie auf das heutige. Das war einfach nur geil!“ Dem Schloss sich „Stoffi“ Dobirr nahtlos an: „Das ist einfach überragend! Der Charakter dieser Truppe ist einmalig – sowas habe ich in 20 Herrenjahren noch nicht erlebt.“

"Diese Leute sind das, was den Verein so unfassbar auszeichnet"

V. li.: Trainer Dirk Hellmann, Präsidentin Tamara Dwenger und Sebastian Loether. Foto: Heiden

Sein Trainer hob im Moment des Triumphes noch einmal dieses „einzigartige Teamgefüge“ hervor und erklärte seine Herangehensweise an das „Finale furioso“: „Natürlich stellt man sich als Trainer vor einem solchen Spiel die Frage: Wie kannst du die Jungs am besten abholen? Gibst du da richtig Vollgas oder eher nicht? Und mir ist eigentlich eine Sache direkt in den Kopf gekommen, die wir dann auch so gemacht haben: Es waren nicht nur die elf Leute, die auf dem Platz standen. Es waren nicht die 18, die auf dem Spielberichtsbogen standen. Es waren auch nicht die 27, die insgesamt im Kader sind. Sondern es waren Betreuer, Physios, die Leute, die unsere Internetseite machen, und noch so viele mehr. All die Leute, die ihren Teil dazu beitragen, dass wir hier eine so unglaubliche Gemeinschaft haben, waren mit in der Kabine. Das wollte ich damit auch mal zum Ausdruck bringen und das ist es auch, was diesen Verein so unfassbar auszeichnet.“ Abschließend betonte er: „Als ich gestern Abend die Spielvorbereitung gemacht habe, bin ich eigentlich immer ruhiger geworden. Vorher war ich sehr angespannt, was man auch bei den Jungs im Abschlusstraining gesehen hat. Aber ich habe total gut geschlafen und war auch heute Morgen sehr entspannt. Alle drumherum haben seit der Winterpause so hart und verbissen auf dieses Finale hingearbeitet. Dass wir es so abschließen konnten, ist natürlich traumhaft!“ 




Autor: Dennis Kormanjos

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