Heysen: „Die Truppe und der Trainer sind überragend!“

Niendorfs Defensiv-Allrounder im Interview

24. März 2015, 13:16 Uhr

Er stand schon mit den ganz Großen auf dem Platz: Tim Heysen (re.) und HSV-Star Rafael van der Vaart. Foto: KBS-Picture.de

Immer wieder wurde Tim Heysen in seiner Laufbahn von Verletzungen zurückgeworfen – aktuell plagt er sich mit einer langwierigen Patellasehnen-Fraktur herum, die ihn mindestens bis Saisonende außer Gefecht setzt. Dabei galt der mittlerweile 25-Jährige einst als großes Talent und stand kurz vorm Durchbruch ins Profi-Geschäft. Wir haben mit dem Defensiv-Allrounder über seine Jugendzeit beim FC St. Pauli, den verpassten Sprung, seinen Wechsel nach Niendorf, überzogene Erwartungshaltung und Ziele gesprochen...

FussiFreunde: Du hast in der Jugend für den FC St. Pauli gespielt und warst nicht weit davon entfernt, den Sprung in den Profibereich zu schaffen. Was sind rückblickend die Gründe, weshalb es nicht ganz gereicht hat?

Heysen: Es waren ungefähr zehn Jahre, die ich insgesamt für den FC St. Pauli gespielt habe – von der C-Jugend bis in den Herren-Bereich. Leider war ich oft von Verletzungen geplagt. Immer, wenn es drauf ankam und ich dabei sein sollte, habe ich mir entweder die Nase gebrochen, das Außenband gerissen oder mir beim Abschlusstraining eine Zerrung zugezogen. Es kam also auch viel Pech zusammen! Als ich mir in der Saison 2009/2010 im letzten Hinrundenspiel für St. Pauli II gegen Babelsberg einen Bruch der Kniehöhle zugezogen habe, habe ich mir ernsthafte Gedanken gemacht wie es weitergehen soll. Dies war schlussendlich der Grund, weshalb ich mir gesagt habe: Jetzt musst du an deine Zukunft denken und deine Ausbildung zu Ende bringen. Damit war das Kapitel „Profisein“ für mich abgeschlossen.

FussiFreunde: Wie hast du die Zeit in Erinnerung und woran denkst du gerne zurück?

Gemeinsam mit Stefan Winkel (li.) kickte Heysen (M.) in der Jugend der Kiezkicker.

Heysen: Es war eine super geile Zeit! Ich durfte so viele Leute kennenlernen, viele Erfahrungen sammeln und das Gen des FC St. Pauli aufsaugen. Der Club und die Leute sind einfach der Wahnsinn. Es sind viele Freunde aus der Zeit geblieben, die zum Teil jetzt noch dort spielen oder sogar den internationalen Durchbruch geschafft haben wie Dennis Daube, Davidson Drobo-Ampem, Ömer Sismanoglu, Eric Maxim Choupo-Moting oder auch Tunay Torun. Natürlich waren in der langen Zeit viele Spiele dabei, die man immer in Erinnerung behält: ob es das Derby in der Imtech-Arena gegen den HSV war oder aber die beiden Aufstiege mit der A-Jugend in die Bundesliga. Ein weiteres Highlight war natürlich der Aufstieg mit der U23 in die Regionalliga, wo wir gegen Holstein Kiel nach Hin- und Rückspiel erst im Elfmeterschießen in Kiel den Sprung geschafft haben. Der Jubel war natürlich dementsprechend groß!

FussiFreunde: Wie kam letztlich dein Wechsel nach Niendorf zustande?

Heysen: Das ging alles relativ schnell. Mein ehemaliger Trainer Jörn Großkopf hat damals den Kontakt zu Marcus Scholz (Manager des NTSV, Anm. d. R.) hergestellt und dann gingen die Verhandlungen los (lacht).

FussiFreunde: In den letzten Jahren zählte der NTSV immer zum engeren Favoritenkreis, hatte durchaus Ambitionen auf Höheres und zudem relativ regelmäßig den einen oder anderen bekannten „Namen“ in den Reihen. Dennoch ist man nie über das Mittelmaß hinaus gekommen. Deine Einschätzung dazu?

Heysen: Eine sehr gute Frage, die schwer zu beantworten ist. Die Qualität war eigentlich immer da und ist es auch nach wie vor. Wir haben uns intern als Mannschaft schon oft zusammengesetzt und darüber diskutiert, weshalb wir so schwankende Leistung abrufen. Ich denke aber, dass es in dieser Saison schon ein wenig anders aussieht.

FussiFreunde: Ihr habt in diesem Jahr eine sehr junge Truppe beisammen. Durch die enge Zusammenarbeit mit der A-Regio und der zweiten Mannschaft wurde das „Team Niendorf“ ins Leben gerufen. Wie schätzt du das Potenzial ein und was ist möglich?

Im Luftduell mit HSV-Profi Marcell Jansen: Tim Heysen. Foto: KBS-Picture.de

Heysen: Die Truppe ist wirklich überragend! Es sind viele junge, willige Spieler dabei, die auch wirklich kicken können. Sie nehmen die Tipps der erfahrenden Spieler auf und setzten sie auch gleich auf dem Platz um. Die Mischung stimmt ganz einfach. Den vielen talentierten und jungen Akteuren stehen Spieler mit großer Erfahrung wie Serhat Yapici, René Melzer, Özden Kocadal oder auch meine Wenigkeit gegenüber. Leider wurden uns sechs Punkte abgezogen, da Elmshorn zurückgezogen hat. Wäre das nicht der Fall gewesen, wären wir jetzt in Schlagdistanz zu den Top-Plätzen. Zudem stehen wir im Pokal-Viertelfinale, da ist auch noch eine Menge möglich. Leider müssen wir auf zahlreiche wichtige Spieler verzichten. Mit Malte Wilhelm, Thiago Mattos, Fynn Huneke, René Melzer und mir fehlen fünf Stammspieler – und doch schaffen wir es, als Mannschaft die Leistung zu bringen. Man wird sehen, wie sich das Konstrukt mit der Zeit entwickelt. Aus der A-Jugend kommen wieder zwei, drei neue Spieler. Zudem haben wir mit Ali Farhadi einen super Typ als Trainer, durch den es eine runde Sache werden wird. Davon bin ich überzeugt!

FussiFreunde: Du hast Ali Farhadi schon angesprochen. Er setzt vor allem auf die Jugend, baut immer wieder neue, hungrige Talente aus dem eigenen Nachwuchs ein und gibt ihnen die Chance, sich in der Oberliga zu behaupten. Wie siehst du seine Arbeit und die neue offensivere Spiel-Ausrichtung?

Heysen: Ali ist einfach ein überragender Typ! Wir bereiten uns intensiv Woche für Woche auf jeden Gegner vor und wissen dementsprechend, was auf uns zukommt. Darauf wird auch das Training abgestimmt. Aus einer defensiven Grundordnung wollen wir schnell und schnörkellos zum Abschluss kommen. Ali weiß, worauf es ankommt in dieser Liga, stellt die Mannschaft richtig auf und findet immer die richtigen Worte, damit jeder für jeden alles gibt!

FussiFreunde: Ihr seid noch im Pokal vertreten – das Viertelfinale steht vor der Tür. Ist das Endspiel an der Hoheluft jetzt das große Saisonziel?

Heysen (re.) wird von Ex-Teamkollege Ole Natusch beglückwünscht. Foto: KBS-Picture.de

Heysen: Jeder will ins Finale und dann auch das Ding holen! Natürlich wollen wir dahin und zeigen, dass wir die beste Truppe sind.

FussiFreunde: Verletzungsbedingt hast du seit Ende August nicht mehr auf dem Platz gestanden. Wie geht’s dir aktuell und wann wirst du Niendorf wieder auf dem Platz unterstützend unter die Arme greifen können?

Heysen: Aktuell finde ich mich tagtäglich in der Reha wieder und gebe dort Gas für mein Comeback. Leider werde ich in dieser Spielzeit nicht mehr auf dem Platz stehen können, da die Verletzung doch sehr gravierend ist. Ich muss noch eine OP über mich ergehen lassen, bei der Drähte aus dem Knie entfernt werden. Dort muss dann auch nochmal geguckt werden, ob der Knorpel etwas abbekommen hat. Es ist alles sehr kompliziert. Aber ich sehe Licht am Ende des Tunnels – auch dank meiner Freundin, ohne die ich nicht so weit gekommen wäre.