Oberliga

„Nach 14 Jahren, die du in der Oberliga gespielt hast, fehlt dir die Motivation“

02. Juli 2020, 13:18 Uhr

Lukas Kettner hört nach 14 Oberliga-Jahren beim TSV Buchholz auf und wechselt in die Altherren-Mannschaft. Foto: KBS-Picture.de

Mit dem Ende der Saison 2019/2020 endet beim TSV Buchholz 08 auch eine Ära. Die Rede ist nicht vom bisherigen Manager Simon Beecken, der seine Aufgaben in vorderster Linie weitergibt und künftig an anderer Stelle mehr im Hintergrund tätig sein wird, sondern von Lukas Kettner. Seit 2006, also insgesamt stolze 14 (!) Jahre, zählte der Mann mit der Rückennummer 24 auf dem roten Trikot des Clubs aus der Nordheide dort quasi zum Inventar. Nun ist Schluss – zumindest mit dem Fußball auf Leistungsebene. Was der 32-Jährige jetzt vorhat, wie er die vergangenen Wochen in der Corona-Krise erlebt hat, welche positiven und negativen Momente ihm aus seiner Karriere in Erinnerung bleiben und was er Buchholz 08 in der kommenden Spielzeit zutraut, hat er uns im gr0ßen Abschieds-Interview verraten. 

Lukas, wie hast du die letzten Wochen erlebt?

Lukas Kettner: Ich war sehr oft laufen. Meine Grundlagenausdauer ist momentan wahrscheinlich so gut wie sie nie zuvor in meiner Karriere war (lacht). Dafür fehlt allerdings bei anderen Dingen die Kontinuität.

Du sprichst es schon an: Wie war es so kurz vorm Ende der Karriere in der Oberliga ganz ohne Fußball zu sein?

Die gerade abgebrochene Saison beendete Kettner mit dem Club aus der Nordheide auf dem 16. Platz. Foto: Bode

Kettner: Wir hatten zuletzt ja wieder Training. Am vergangenen Wochenende stand zum Abschluss die letzte Einheit der Saison auf dem Programm. Das hat Spaß gemacht, auch wenn es mit einem normalen Fußballtraining doch recht wenig zu tun hatte. Ich wechsle ja jetzt zu den Alten Herren unseres Vereins und hoffe, dass wir da so schnell wie möglich wieder ganz normal trainieren können. Andererseits war es aber eben auch ganz gut ohne Fußball. Man konnte mal ein paar Wochen Abstand gewinnen. Das ist ja das, was ich jetzt mit dem Wechsel zu unseren Alten Herren auch vorhabe. Ich habe mich mit Absicht dafür entschieden, in der kommenden Saison nicht in unserer Zweiten Mannschaft aufzulaufen, obwohl das mal ein Thema war. Bei den Alten Herren kann ich mit ein paar alten Weggefährten von früher zusammen kicken.

Du bist mit 32 noch recht jung und hättest vermutlich noch einige Jahre spielen können. Warum hörst du ausgerechnet jetzt auf?

Kettner: Ich habe in den letzten ein oder zwei Jahren gemerkt, dass es in den Spielen eng wird, was die Schnelligkeit angeht. Ich habe ja auf der Außenbahn gespielt, da ging es immer schon um das Tempo. Irgendwann kommt man da einfach an Grenzen. Ich habe gemerkt, dass es mir zwar nicht an der fußballerischen Klasse, aber an der nötigen Power fehlt und es dadurch ganz schön eng wird. Ich kann nicht mehr ganz so gut mithalten wie das früher noch der Fall war. Das war schon einer der Hauptaspekte, um zu sagen, dass jetzt mit dem Fußball im Leistungsbereich Schluss ist. Ein anderer Punkt ist der, dass dir nach 14 Jahren, die du in der Oberliga gespielt hast, die Motivation fehlt. Ich war zwar zuletzt auch Kapitän und musste als solcher eine Mannschaft auch mitreißen können, aber es lässt nach. Entsprechend tut der Mannschaft vielleicht jetzt, wo mit Nabil Toumi als neuem Trainer ein Neuanfang eingeläutet wird, auch ein frischer Wind ohne mich ganz gut.

Apropos Neuanfang: Für den TSV lief es in dieser Saison, ähnlich wie in der davor, alles andere als rund. Ihr schließt die Saison auf dem 16. Platz ab, steigt nur aufgrund des Abbruchs nicht ab. Was hat der Mannschaft für eine bessere Platzierung gefehlt?

In seiner Buchholz-Zeit erlebte Kettner mit dem Verein drei Vizemeisterschaften.Foto: Bode

Kettner: Im Endeffekt war es im Jahr davor so, dass wir schlecht gestartet sind und uns dann mit Energie aus dem Keller rausgekämpft haben. Das war in diesem Jahr anders. Dafür, dass es bei uns nicht lief, waren viele Dinge verantwortlich. Ich glaube, da gibt es nicht den einen Hauptgrund. Einige Spieler sind nicht mit Marinus (Bester, dem vor der Saison neu geholten TSV-Trainer, der im November 2019 nach der 5:9-Niederlage gegen den TuS Osdorf seinen Platz räumte, Anm. d. Red.) klargekommen. Manche Spieler haben sein System nicht verstanden. Oder sie wollten es nicht verstehen. In so einer Situation ist es schwierig, sich da unten rauszukämpfen. Vieles findet in solchen Momenten im Kopf statt. Für uns ist es nicht optimal gelaufen, dann kommt eben keine so schöne Saison dabei raus. Dass wir da unten drin stehen, liegt auch daran, dass viele Leistungsträger ihre Leistung nicht gebracht haben – auch ich nicht. 

Wenn du jetzt auf deine Laufbahn im Buchholz-Trikot zurückblickst: Was waren in den 14 Jahren aus deiner Sicht die Höhepunkte, wo lagen die Tiefpunkte?

Kettner: Wir sind in der Zeit immerhin drei Mal Vizemeister geworden. Das ist für einen Verein wie den TSV Buchholz 08, der im Vergleich zu anderen Oberligisten nicht über die großen finanziellen Mittel verfügt, schon eine große Sache. Ich erinnere mich an die Saison 209/2010, wo wir punktgleich mit dem SC Victoria an der Spitze standen und nur wegen des um fünf oder sechs Treffern schlechteren Torverhältnisses Vizemeister geworden sind. Wir haben damals am letzten Spieltag vor 800 Zuschauern gegen den Meiendorfer SV mit 2:1 gewonnen und waren, nachdem wir in Führung gegangen sind, zwischendurch sogar kurzzeitig Meister, ehe Vicky bei BU letztlich doch 2:0 gewonnen hat. Das war schon eine geile Geschichte. Dann blicke ich natürlich auch gerne auf die Vizemeisterschaft in der Saison 2016/2017 zurück, die wir uns durch einen Sieg am letzten Spieltag gegen Altona 93 gesichert haben, die am Ende hinter uns Dritter geworden sind. Und dann sind da noch die Spiele im Halbfinale des Pokals: das gegen Altona vor 2000 Zuschauern an der Adolf-Jäger-Kampfbahn und das zuhause gegen den SC Condor, obwohl ich da gesperrt war. So gesehen war das zugleich auch ein persönlicher Tiefpunkt für mich. Ich hatte vorher in einem Liga-Punktspiel die Rote Karte wegen einer Notbremse gesehen.

Mit Sören Titze, Hendrik Titze oder aber Steffen Prielipp sind einige deiner Mitspieler aus der Vergangenheit an der Otto-Koch-Kampfbahn später Trainer geworden. Wird es irgendwann den Coach Lukas Kettner an der Seitenlinie geben?

Zwei Mal stand Kettner (re.) mit Buchholz im Pokal-Halbfinale – ein Mal fehlte er dabei aber aufgrund einer Roten Karte. Foto: KBS-Picture..de

Kettner: Das schließe ich nicht aus. Ich war ja schließlich schon Trainer einer Jugendmannschaft in Buchholz (Kettner coachte die A-Junioren, Anm. d. Red.). Es kann also gut sein, dass ich wieder als Coach arbeiten werde. Wenn dann aber wieder eher bei einer Jugendmannschaft. Man muss mal gucken, was passiert. Am liebsten natürlich in Buchholz. Aber aktuell habe ich dahingehend keine Pläne. Im Moment konzentriere ich mich darauf, künftig erst einmal für unsere Alten Herren zu spielen.

Lass uns abschließend auf die nächste Saison blicken: Welche Rolle wird Buchholz 08 in der Oberliga ohne dich spielen?

Kettner: Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht den kompletten Überblick habe und nicht weiß, was bei den anderen Vereinen in der Oberliga so passiert ist bislang. Aber wenn man sich den Buchholz-Kader für die kommende Saison anguckt, dann muss man schon sagen, dass Nabil Toumi als neuer Trainer einen riesigen Job gemacht hat. Es sind ein paar vielversprechende Spieler neu dabei. Und im Vergleich zur Vergangenheit haben die Neuen auch Erfahrung. Man muss jetzt erst einmal sehen, wie das zusammenwächst. Ich finde die Zusammensetzung des Kaders gut und denke, dass Buchholz 08 in der kommenden Saison eine vernünftige Rolle spielen wird.