Testspiel

Gegen Regio-Aufsteiger: BU lange „auf Augenhöhe“ – dann macht’s beim ETV kurz „Klick“

ETV-Rückkehrer Jasper Hölscher (Mi.) war an vielen Aktionen und Situationen seiner Mannen beteiligt. Foto: Kormanjos

„Was wir mitnehmen: Eine richtig gute erste Halbzeit, die ich so auch nicht erwartet hätte. Und eine zweite Halbzeit, die uns viele Hausaufgaben gibt.“ Das Fazit von Michael Koss fiel äußerst wechselhaft aus. Der Cheftrainer des HSV Barmbek-Uhlenhorst sah im Testspiel gegen Regionalliga-Aufsteiger Eimsbütteler TV (alle Highlights im LIVE-Ticker) starke erste 45 Minuten seiner Schützlinge. „Wir sind das mutig angegangen und haben uns nicht ins Schneckenhaus verkrochen“, so Koss, dessen Mannen „gute Ballbesitzphasen“ hatten und „nicht unverdient in Führung“ gegangen sind.

Jubelnde Barmbeker (li.), konsternierte Eimsbütteler nach dem Führungstor durch Moritz Erichsen. Foto: Kormanjos

Schon nach 240 Sekunden hatte Finn Thele nach einem Geschenk von ETV-Keeper Viktor Weber die erste große Chance zur Führung, scheiterte aber an den Fingerspitzen des Schlussmannes. Mitte der ersten Halbzeit war es dann aber so weit: Malik Yago köpfte eine Ecke von Mazlum Oguz zwar aus der Gefahrenzone, aber vor die Füße von Moritz Erichsen, der seine Schussstärke einmal mehr unter Beweis stellte und aus 18 Metern rechts unten einschweißte (21.). Der Favorit schlug aber keine vier Zeigerumdrehungen später zurück. „Das 1:1 entsteht aus einer eigenen Fehlerquelle, wo wir im eigenen Aufbau ein bisschen zu übermütig sind“, haderte Koss.

"Habe auf keinen Fall gesehen, dass zwei Klassen dazwischen liegen"

Die Barmbeker Mannschaft der ersten Halbzeit konnte mächtig Werbung für sich machen und agierte gegen den ETV auf Augenhöhe. Foto: Kormanjos

Tyrese Boakye eroberte den Ball im rechten Halbfeld und Jasper Hölscher bediente Nick Leptien von der Grundlinie – drin (25.). Dennoch nahm Koss eine „coole“ erste Halbzeit von seinen Jungs wahr. „Und ich habe auch das Gefühl gehabt, dass das auf Augenhöhe war“, sah er keinen Klassenunterschied. „Und auf gar keinen Fall, dass zwei Ligen zwischen beiden Mannschaften liegen.“ Der ETV wirkte lange Zeit sehr lethargisch und wenig zielstrebig. „Mit der ersten Halbzeit können wir nicht zufrieden sein“, gab auch Co-Trainer Tjorben Becker, der den bald aus Indonesien zurückkehrenden Chefcoach Khalid Atamimi abermals vertrat, unumwunden zu.

„Zur Einordnung: Wir hatten am Sonntag Bordesholm und haben die Mannschaft gesplittet“, erklärte Becker – und fügte an: „Wir spielen ein neues System“, gilt es noch, an den Feinheiten zu arbeiten. „Es ist eine Herausforderung, sich auch in solchen Spielen, wo es der Gegner gut macht, auf die Inhalte zu konzentrieren, die relevant sein werden, wenn wir gegen Gegner spielen, die uns das abfordern werden.“ Man habe tief verteidigt und müsse „lernen, wie da die Abläufe sind, die wir haben wollen. Das gilt auch für das Umschaltspiel nach Ballgewinn.“ Das Positive: „Die Jungs sind sehr offen für die Inhalte und versuchen, diese zu verstehen. Und wenn sie die verstehen, dann macht es Klick.“

"Die ganze Haltung hat mir nicht gefallen"

BU-Coach Michael Koss sah einen über weite Strecken starken Auftritt seiner Jungs. Erst nach dem 1:2 ging es dahin und wurde deutlich... Foto: Kormanjos

Klick gemacht hat es auch nach einer guten Stunde. Bis dahin strahlte der Gast wenig Torgefahr und Durchschlagskraft aus. Doch dann setzten der nun starke Benjamin Lucht und Niklas Bär mal Dominik Akyol in Szene. Dieser wurde von Benjamin Baffour ziemlich plump im Sechzehner gelegt. Den fälligen Strafstoß verwandelte der Gefoulte selbst (63.). Mit einer komplett neuen Mannschaft bekam BU nun überhaupt keinen Zugriff mehr auf das Spiel und den Gegner. „Wir haben elfmal durchgetauscht und dann war leider ein kleiner Bruch drin. Da geht es mir auch gar nicht um Einzelkritik. Denn Fehler passieren – gerade dann, wenn eine Mannschaft neu zusammengewürfelt ist. Aber mir hat die ganze Haltung nicht gefallen“, kritisierte Koss.

Aber nicht nur die fehlende Haltung bemängelte der Barmbeker Coach, „auch die Botschaften, die wir mit einzelnen, kleinen Dingen gesetzt haben, die waren so, dass wir ab dem 1:2 gesagt haben: ‚Scheiße, das Ding ist durch.‘ Das ist nicht gut und das hätten wir nicht gebraucht, weil ich ehrlicherweise glaube: Hätten wir das Schema aus der ersten Stunde so weitergespielt, mit der gleichen Intensität, dann wäre es auch für den ETV schwer geworden, Tore zu schießen. So aber muss man ehrlich sagen, dass sie nach dem 2:1 noch mehr Tore hätten machen können. Da waren wir immer einen Schritt zu spät.“

"Wir brauchen in dieser Saison Geduld und Vertrauen"

Nach dem Spiel appellierte ETV-Co-Trainer Jonas Struckmann an die Mannschaft, dass man Geduld und Vertrauen braucht. Foto: Kormanjos

Dilan Mohamed (70.) und nochmals Akyol – nach einer Stafette über Finn Schütt und Hölscher (79.) – sorgten für den 4:1-Endstand zugunsten des Regionalligisten. „Nicht überbewerten“, wollte Becker sowohl das Spiel als auch das Ergebnis. „Es ist auf jeden Fall auch eine Kraftfrage. Wir trainieren eigentlich jeden Tag, den wir können, haben zuletzt kaum einen trainingsfreien Tag gehabt“, entgegnete er auf Nachfrage, warum der Auftritt lange Zeit ziemlich phlegmatisch wirkte. „Vielleicht auch, weil wir tiefer verteidigt haben. Da kann es dann mal so aussehen. Aber es hatte auch taktische Inhalte“, sei das noch nicht ausgereifte Vorverteidigen ein Thema gewesen. Aber auch, „dass wir den Zwischenraum nicht geschlossen bekommen haben. So kam der Gegner gut ins Spiel und wir hatten nicht den Zugriff.“

All jene Themen habe man in der Pause noch einmal angesprochen – und dann wurde es auch griffiger. „Wir hatten viele tiefe Ballgewinne, auch das Umschaltspiel war besser. Man muss aber auch kritisch anmerken, dass wir von den Ballgewinnen, die wir hatten, nicht so viele verwertet haben, wie wir uns das vorgenommen haben“, ist die Erwartungshaltung hoch, betont Becker, „auch in einer anderen Liga“, hebt er die Qualität der Spieler hervor. Und obwohl man viel probiert und testet, noch nicht alle Dinge klappen, sei es wichtig, „dass man in dieser Saison auch Geduld und Vertrauen braucht. Wenn mal etwas nicht funktioniert, dann geht es darum, lösungsorientiert zu denken und nicht etwas in Frage zu stellen. Da gehen wir gerade gute Schritte mit den Jungs, weil sie auch merken: Wenn es funktioniert, dann ist es gut.“