Oberliga Hamburg
12. Spieltag


FC Türkiye

2

:

2


TSV Buchholz 08

Anpfiff

So - 02.10. 13:00 Uhr

Spielstätte

Fährstrasse

Zuschauer

120

Schiedsrichter

Adrian Höhns (TuS Dassendorf)

Oberliga

„Wenn der Spieler heute bei uns auf der Platte gestanden hätte, dann hätte er sechs Tore gemacht!“

Der krönende Schlusspunkt - zumindest aus Buchholz-Sicht: Alexandar Mucunski (li.) setzt zum Fallrückzieher an - und trifft in der Nachspielzeit zum 2:2-Unentschieden. Foto: noveski.com

„Wir sagen nicht ab – wir wollen spielen", machte Klaus Klock bereits im Vorfeld unmissverständlich klar, dass die Partie zwischen seinem FC Türkiye und dem TSV Buchholz 08 – trotz der heftigen Regenfälle am Vortag und am Sonntagmorgen – stattfinden soll. Das Geläuf an der Landesgrenze wurde jedoch so arg in Mitleidenschaft gezogen, dass das Südderby (alle Highlights im LIVE-Ticker) auf dem Sportplatz Fährstraße ausgetragen wurde. Und es ging hoch her…

Der erste Geniestreich: Michel Netzbandt (Mi.) bejubelt seinen Führungstreffer für den FC Türkiye. Foto: noveski.com

Bereits nach 180 Sekunden gab er den ersten kleineren Warnschuss auf das Tor von Murat Osman Bakir ab. Von Medeni Kaya in Szene gesetzt, konnte Michel Netzbandt den Keeper der Nordheider aus spitzem Winkel noch nicht in Verlegenheit bringen. Aber einige Minuten später zeigte der Goalgetter der Wilhelmsburger seine ganze Klasse: Erneut von Kaya in Aktion gebracht, legte er das Spielgerät in einer fließenden Bewegung an Dejan Sekac vorbei, überspurtete diesen und jagte den Ball staubtrocken ins lange Eck (11.)! Was so einfach aussah, war technisch ganz großes Kino!

Und Nerzbandt blieb auch in der Folge ein ständiger Unruheherd. Wenngleich die Toumi-Truppe mit fortlaufender Spielzeit etwas mehr Zugriff bekam. So viel, dass der Chefcoach von der Seitenlinie nach 20 Minuten befand: „Es ist nur noch der letzte Ball!“ Die Chancen hatten aber die Hausherren. Hasan Karaca zwang Bakir aus 25 Metern zu einer Riesentat (14.), ehe Netzbandt nach einem Zusammenspiel mit Kaya und Demian-Coray Wicke gänzlich unbedrängt aus 15 Metern die Präzision abhandenkam (27.). Die 08er agierten auf dem holprigen Grün zu fehlerbehaftet und ungenau. Bezeichnend: Alexandar Mucunski ermöglichte Milaim Buzhala mit einem feinen Steckpass auf halblinks die gute Gelegenheit, für den mitgelaufenen David Mrozek Glischinski querzulegen. Der Pass war jedoch viel zu ungenau (29.).

Netzbandt-Volley schlägt zum 2:0 ein

Das 2:0: Michel Netzbandt jagt eine Faustabwehr von Murat Bakir per Direktabnahme trocken in die Maschen! Foto: noveski.com

„Die Bälle sind in der Box. Tor machen wollen!“, forderte Nabil Toumi fünf Zeigerumdrehungen vor der Pause mehr Geilheit. Allein es half nichts. Auch nach Wiederanpfiff zunächst nicht, obwohl Sager lautstark monierte: „Männer, alle mehr!“ Kurze Zeit später beförderte Tolga Odabas den Ball lang in den gegnerischen Strafraum, der wenige Sekunden zuvor auf den Platz gekommene Baran-Musa Kocuk stieg gegen den herauseilenden Bakir hoch. Der Torwart faustete die Kugel vermeintlich aus der Gefahrenzone. Aber auch nur vermeintlich, weil Netzbandt an der Sechzehnergrenze lauerte und die Pille volley in die Maschen zimmerte - 2:0 (58.)!

"Ich weiß nicht, ob man da Elfmeter pfeifen muss!"

Die Entscheidung? Mitnichten! Aus dem Nichts kam Buchholz zurück – und die Reihe an unglücklichen Situationen und Entscheidungen aus Hausherren-Sicht nahm ihren Lauf. Ein harmloser Einwurf rutschte durch und sprang Metekaan Yilmaz unglücklich an den Oberarm. Referee Adrian Höhns (TuS Dassendorf) zeigte auf den Punkt. „Ich weiß nicht, ob man den Elfmeter pfeifen muss. Der Ball springt ihm gegen den Oberarm, da ist überhaupt keine aktive Bewegung. Aber er will den pfeifen", haderte Sager. Hinzu kam, dass der Arm von Yilmaz angelegt und am Körper war. Mit dem ersten (!) Schuss auf das Tor von Tobias Braun verkürzte Buzhala auf 1:2 (70.)! „Trotzdem hast du danach nach vorne mega viele Chancen, spielst die aber unsauber aus. Du musst das 3:1 oder 4:1 machen – dann wäre Ruhe gewesen“, monierte Sager.

Türkiye vergibt Vorentscheidung, Mucunski hat das letzte Wort

Oguz Koras (re.) springt nach Netzbandts (2. v. re.) zweitem Treffer vor lauter Freude in die zweite Etage. Foto: noveski.com

Vor allem Inan Türkad, der einen von unzähligen ungenauen Pässen von Simon Keisef abfing und alleine auf Bakir zueilte, hätte den Deckel draufmachen können, wenn nicht gar müssen, blieb aber am 08-Schlussmann hängen (90. +1). Statt dem Treffer zum 3:1 lief noch einmal der Gegenzug. Hasan Karaca hatte den Ball an der eigenen Eckfahne bereits sicher, wurde aber vom stärksten Buchholzer, Alexandar Mucunski abgegrätscht, ehe Odabas die Kugel weit ins Aus jagte. „Du bekommst nochmal eine Ecke gegen dich, wo einige gesagt haben, dass das ein Einwurf war. Was es dann umso ärgerlicher macht, ist die Tatsache, dass ich da auch noch ein Foul gesehen habe“, nahm Sager bereits das vorweg, was dann geschah.

"Wir haben‘s auch nicht anders verdient!"

Per Strafstoß brachte Milaim Buzhala die Gäste aus der Nordheide - mit dem ersten (!) Schuss auf das Tor - zurück ins Spiel. Foto: noveski.com

Buzhalas kurze Ecke wurde verlängert und von Jonas Fritz am zweiten Pfosten noch einmal quer vors Tor geköpft. Dort sah nicht nur Sager ein Aufstützen des aufgerückten Bakir, der entscheidend eingriff, dass das Runde nicht aus der Gefahrenzone bugsiert werden konnte. Der Ball landete bei Mucunski, mit seinem Einsatz der Initiator jener Szene. Und dieser setzte nahezu am „Fünfer“ zum Fallrückzieher ein, der unter der Latte einschlug – 2:2 (90.+ 3)! Wahnsinn! Doch das war’s immer noch nicht. Die Nordheider warfen nun alles nach vorne, wollten nun den Sieg. Türkiye konterte über Netzbandt, der auf halblinks auf und davon zog. Auf einmal ging die Fahne hoch. Abseits – und Schluss!

Aus Sager brach es anschließend komplett heraus. Viele umstrittene und aus Türkiye-Sicht durchaus unglückliche Entscheidungen. Wie geprügelte Hunde schritten seine Schützlinge vom Platz. Nicht nur Torsteher Braun war außer sich: „Wir haben‘s auch nicht anders verdient!“

Toumi spricht trotz Last-Minute-Remis von "zwei verlorenen Punkten"

Aber nicht nur die Wilhelmsburger waren bedient. Auch Toumi, dessen Equipe einen 0:2 in der Nachspielzeit wettmachte und eigentlich nur zwei ernstzunehmende Abschlüsse auf das gegnerische Gehäuse im gesamten Spiel abgaben, ärgerte sich über „zwei verlorene Punkte“. Auf Nachfrage, woran er das festmache und wie er zu jener Einschätzung komme, entgegnete er: „Ich mache das daran fest, dass wir übers ganze Spiel gesehen bestimmt 80 Prozent Ballbesitz hatten, in der zweiten vielleicht sogar 90 Prozent, dass der Ball 85 Mal in den Strafraum fliegt, wir aber leider zehnmal ins Abseits rennen. In der zweiten Halbzeit gab es bis zu dem Moment, wo wir alles riskieren mussten und hinten aufgelöst haben, einen Torschuss. Leider klären wir den so, dass er den Volley nimmt. Deshalb haben wir aus meiner Sicht total unverdient zwei Punkte liegen gelassen!“ Seltsame und eigenwillige Wahrnehmung...

"Der macht nicht umsonst sein elftes Saisontor"

Auch Buchholz-Keeper Murat Bakir (2. v. li.) war in der Nachspielzeit mit aufgerückt. Türkise-Trainer Sager monierte in jener Szene ein Foulspiel. Foto: noveski.com

Man müsse aber auch sagen, so Toumi weiter, „dass es eine Qualität ist, aus drei Chancen zwei Tore zu machen“. Eine weitere Qualität: Michel Netzbandt. „Der macht nicht umsonst sein elftes Saisontor. Das ist gerade der Unterschied. Wenn der Spieler heute bei uns auf der Platte gestanden hätte, dann hätte er sechs Tore gemacht! So viele Bälle, wie da vorne reingekommen sind...“ Den Gästen merkte man durchaus an, dass im Sturm ein Spieler wie Dominik Fornfeist, der wie einige seiner Teamkollegen am Vorabend auf der Hochzeit ihres Mitspielers Lukas Kremer weilten und deshalb nicht im Kader standen, fehlte. „Oder halt ein Spieler wie Netzbandt“, schwärmte Toumi vom Türkiye-Torjäger.

Allerdings gab er zu Protokoll: „Ich nehme trotzdem lieber diese Konstellation, weil wir fußballerisch haushoch überlegen waren. Natürlich fehlt uns da im Augenblick ein bisschen was. Aber normalerweise reicht es, um in der Oberliga gegen zwei Drittel der Mannschaften als Sieger vom Platz zu gehen.“

"Aus seiner Sicht mag das so sein - aber ich denke das natürlich auch"

Der grenzenlose Jubel bei Alex Mucunski (2. v. re.) und seinen Teamkollegen nach dem kunstvollen Last-Minute-Ausgleich per Fallrückzieher. Foto: noveski.com

Und wie stand Daniel Sager zu der Meinung von Toumi, dass Buchholz zwei Punkte liegen gelassen habe? „Aus seiner Sicht mag das so sein. Wenn du aber 2:0 führst - und das auf dem Boden –, dann denke ich das natürlich auch. Aber grundsätzlich muss man schon ehrlich sein und sagen, dass das heute ein schlechtes Spiel war – gerade in der ersten Halbzeit. Nicht nur fußballerisch, auch von der Körpersprache und der Bereitschaft. Das hat alles sehr träge gewirkt bei beiden Mannschaften. Das Tor fällt so ein bisschen aus dem Nichts. Das macht Michel aber natürlich überragend.“ Nach der Pause wurde es „einen Tick besser. Aber wir waren nicht an dem Punkt, wo du sein musst, um ein Oberliga-Spiel zu bestreiten. Trotzdem führst du 2:0 durch eine weitere überragende Aktion von Michel.“

Und dennoch stand man am Ende „nur“ mit einem Unentschieden da, weil Buchholz ein „Arbeitstier“ namens Alexandar Mucunski in den Reihen hatte. Sager: „Der Fallrückzieher ist dann fast unmöglich zu verteidigen!“