Keeper Melzer wohlauf: „Man merkt: Die denken an einen“

Niendorfer Schlussmann trotz Kreuzbandriss mit „Glück im Unglück“

09. April 2015, 17:37 Uhr

Gegen Pinneberg verletzte sich Niendorfs Schlussmann René Melzer schwer, dennoch blickt er positiv in die Zukunft. Foto: KBS-Picture.de

Es waren die Schreckminuten des 24. Spieltags. Beim Heimsieg des Niendorfer TSV gegen den VfL Pinneberg prallte NTSV-Schlussmann René Melzer kurz vor der Halbzeitpause mit VfL-Angreifer Thorben Reibe zusammen und blieb vor Schmerzen schreiend liegen. Die Diagnose: Riss des hinteren Kreuzbandes und des Meniskus, sowie eine Knochenmark-Kontusion. Seitdem sind nun beinahe drei Wochen vergangen, Zeit also, um einmal nachzufragen, wie es dem 26-Jährigen inzwischen geht.

Zwischen zwei Terminen bei Physiotherapie und Orthopädie nahm sich der NTSV-Keeper die Zeit, um uns und alle anderen Hamburger FussiFreunde davon zu berichten, wie er sich an seine Verletzung erinnert, wie sein Heilungsprozess voranschreitet und wie es ihm eigentlich geht. „Ich bin frohen Mutes. Ich bin echt froh, dass es nicht noch schlimmer ist. Ich habe noch Glück im Unglück gehabt“, zeigte sich Melzer den Umständen wohlgelaunt, schränkte aber ein: „Ich bin nur etwas kaputt von der Reha gerade.“ Glück im Unglück hat er nicht nur, weil man sich ob der durch Mark und Bein gehenden Schreie Melzers auch schlimmere Horrorszenarien hätte vorstellen können, Frakturen aber ausblieben. Denn auch bei seinem Kreuzbandriss könnte er glimpflich davongekommen sein: „Ich konnte schon am Donnerstag nach der Verletzung operiert werden, weil kaum Flüssigkeit in meinem Knie war. Deswegen war es nicht so dick.“ Oft müssen sich Amateurfußballer monatelang gedulden und ein Abschwellen des Knies abwarten, bevor sie am Kreuzband operiert werden können. Bei Melzer hingegen fand nur eine Arthroskopie statt: „Es wurde nur reingeguckt. Das Kreuzband soll von alleine zusammenwachsen. In acht Wochen komme ich dann nochmal in die Röhre. Wenn es dann nicht von alleine zusammenwächst, muss es operiert werden.“

„Beschäftige mich nicht mit dem Heilungsverlauf“

Dennoch werde es bestimmt ein halbes Jahr dauern, bis er wieder bei einhundert Prozent sei. Darüber mache sich Melzer aber im Moment keine Gedanken: „Ganz ehrlich, ich habe mich gar nicht getraut, die Ärzte nach dem Heilungsprozess zu fragen. Damit beschäftige ich mich jetzt noch nicht, das kommt später.“ Beschäftigt ist er, neben Arztbesuchen und Physiotherapie, mit ganz anderen Dingen: „Ich liege viel zu Hause rum und habe mir ein paar Playstation-Spiele zum daddeln ausgeliehen. Und ich gehe an der frischen Luft spazieren, weil ich mein Knie bewegen soll.“ Denn ans Arbeiten ist für den gelernten Mechatroniker nicht zu Denken. Dennoch bleibt er optimistisch, auch wenn es gerade eine Auszeit war, die er im Moment der Verletzung fürchtete: „Ich habe unseren Physio sofort gefragt, ob es ein Kreuzbandriss ist, weil eine lange Pause das einzige war, wovor ich Angst hatte.“ Ansonsten ist seine Erinnerung aufgrund der Schmerzmittel mehr als lückenhaft: „Ich weiß fast gar nichts mehr davon, auch nicht warum ich so geschrien habe. Ich weiß aber noch, dass ich im Krankenwagen den Sanitäter angepöbelt habe, was mir im Nachhinein ziemlich leid tut.“ Die dürften von all den Schwerverletzten auf Drogen aber einigen Kummer gewohnt sein.

„Es ist cool, dass sich so viele melden“

Über die Zeit im Krankenhaus hätten ihn vor allem die zahlreichen Genesungswünsche hinweggeholfen, die ihn von allen Seiten erreichten. Allen voran das Video, welches seine Teamkollegen unmittelbar nach dem Sieg gegen Tabellenführer Pinneberg für ihn aufgezeichnet hatten: „Das Video war super, eine tolle Geste, die mich total gefreut hat. Das haben wir auch gemacht, als Tim Heysen sich verletzt hat. Das zeigt, was für eine super Truppe wir haben.“ Aber nicht nur seine Mannschaft hätte sich nach ihm erkundigt: „Es ist schon cool, dass sich dann so viele melden, die man vom Fußball kennt, mit denen man aber sonst nichts zu tun hat. Thorben Reibe hat sich auch nach meinem Zustand erkundigt und mir von der ganzen Pinneberger Mannschaft gute Besserung gewünscht. Da merkt man: Die denken an einen. Man kann schon fast von einer Oberliga-Familie reden.“ Vorwürfe für die Verletzung mache er Reibe aber ebenso wenig wie Mitspieler Adam Benn: „Ich bin ihm für seinen zu kurzen Rückpass nicht böse“, versicherte er lachend.

Trotz der Verletzung habe er dem Fußball aber nicht abgeschworen, auch wenn er auf der Bank des NTSV zuletzt ganz schwere Zeiten durchlebte. „Es ist natürlich besonders bitter, in so einem Moment nicht dabei sein zu können“, sagte er über das Viertelfinalspiel im Oddset-Pokal, in dem man gegen BU ausgerechnet im Elfmeterschießen unterlag. Dort war er nicht der einzige bemitleidenswerte Tormann. Mit Kollege Andre Tholen, der kurz vor Abpfiff der Verlängerung ausgewechselt wurde, konnte er gut mitfühlen: „Das war ganz ganz bitter für ihn, ich glaube ich hätte auch so reagiert wie er. Wenn das so abgesprochen war, ist es okay, aber sonst halte ich es für ein Unding. Im Nachhinein haben sie natürlich alles richtig gemacht, aber für Andre hat mein Herz ein wenig geblutet.“ Ähnlich wird es sicher nicht nur den Torhüter-Kollegen, sondern auch allen anderen Fußballern gegangen sein, als sie von Melzers Verletzung erfuhren. Immerhin wissen wir nun, dass er trotz der langen Ausfallzeit guten Mutes ist. Damit bleibt nur, eine gute Besserung zu wünschen.