Oberliga

Nach dreijähriger Pause: Kranich im Landeanflug auf Concordia

19. Juni 2020, 16:08 Uhr

Feiert nach drei Jahren sein Fußball-Comeback: Kemo Kranich wechselt schließt sich Concordia Hamburg an. Foto: KBS-Picture.de

Aus „privaten Gründen“ hatte er zu Beginn der Saison 2016/17 eine Pause eingelegt, ehe der HSV Barmbek-Uhlenhorst im Februar 2017 – etwas voreilig – seine Verpflichtung vermeldete. An der Dieselstraße, wo zu jener Zeit noch Frank Pieper-von Valtier das Ruder innehatte, tauchte er jedoch nie auf. Stattdessen kehrte er einige Wochen später bei Altona 93, wo er noch einen Kontrakt besaß, auf den Platz zurück. In fünf Ligaspielen traf er einmal – und schaffte mit dem AFC am Ende über die Relegationsrunde den Aufstieg in die Regionalliga. Seither sind drei Jahre ins Land gegangen, in denen Marc-Kemo Kranich nicht mehr gegen das runde Leder trat. Doch nun ist er wieder da. Nicht an der „AJK“, dafür hat es nun aber mit einem Wechsel zu Frank Pieper-von Valtier geklappt. Denn: Der Kranich ist im Landeanflug auf Concordia!

Bei seinem Jugendverein will Kranich (re.) in der kommenden Saison wieder seiner Leidenschaft nachgehen. Foto: KBS-Picture.de

Ihm seien Menschen begegnet, „die weder jähzornig noch nachtragend waren“, sondern man habe „kurz darüber geflachst“, sagt Marc-Kemo Kranich – und spricht damit natürlich auf Frank Pieper-von Valtier und dessen Co-Trainer Jens Schadewaldt an. Beide wollten den heute 28-Jährigen im Februar 2017 zu BU lotsen – und taten dies auch. Zumindest hatte der Verein den Transfer bereits offiziell vermeldet. Doch Kranich tauchte nie in Barmbek auf. „Ich hatte bei BU ein gutes Bauchgefühl, habe mich dann aber sturer Weise doch dagegen entschieden und dafür, wieder bei Altona zu spielen“, gesteht Kranich, der gereift scheint – und die Sturheit auch als einen Aspekt ansieht, der ihn nicht von Höherem hat träumen lassen. „Ja, es ist eine Zeit her“, lässt er die fußballfreie Phase Revue passieren. „Am Ende des Tages habe ich in den drei Jahren viel gelernt – unter anderem, wieso, weshalb und warum ich es nicht zum Profi geschafft habe.“

"Ich habe das, was ich in Berkan gesehen habe, in meinem Leben vermisst"

Am Bekkamp will der Kranich wieder zubeißen. Foto: KBS-Picture.de

Eine gewisse Reizüberflutung in einigen Passagen seiner Laufbahn oder auch die Neugier seien Dinge gewesen, die im Nachhinein nicht immer zur richtigen Entscheidung geführt hätten. Oftmals wusste Kranich aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeiten zu überzeugen und stand ganz dicht vor dem Sprung – letzten Endes fehlte ab und an „der innere Schweinehund“. Oder aber das, „was ich in Berkan gesehen habe. Das habe ich in meinem Leben vermisst“, gesteht er ganz offen. Berkan Algan war jahrelang sein Förderer, ein Freund und eine Vaterfigur. „Kurz bevor das raus kam und öffentlich wurde“, erinnert er sich an den Zeitpunkt vor Algans Entlassung beim AFC, „habe ich noch mit ‚Berki‘ gesprochen. Wir hatten mal wieder vor, zusammen laufen oder einen Kaffee trinken zu gehen.“ So wie er die Geschehnisse an der „AJK“ der Presse entnommen habe, „ist es nicht ganz so fair abgelaufen“, so Kranich, der auch meint: „Ich finde es grundsätzlich immer blöd, wenn man Dinge auswechselt. Ich bin zu sehr Fußball-Romantiker, auch wenn ich selbst nicht immer so gehandelt habe. Aber ich hätte gerne 15 Jahre bei einem Verein gespielt.“ Er könne nicht beurteilen, was genau zur Trennung geführt habe und wie die Abläufe waren. „Aber Altona ist natürlich ein unwahrscheinlich toller Club, dem ich nur das Beste wünsche – und, dass wieder Ruhe einkehrt.“

"Mir hat eine Leidenschaft gefehlt"

31 Spiele (vier Tore) absolvierte Kranich in der Regionalliga-Saison 2012/13 für den FC St. Pauli II. Foto: KBS-Picture.de

Doch das Kapitel beim AFC liegt nun hinter ihm und ist drei Jahre her. Ein Zeitraum, der nicht geplant, sondern sich so ergeben habe, wie der Angreifer erklärt. „Ich bin ein Mensch, der viel nach Gefühl handelt. Es hat sich einfach so entwickelt. Ich habe eine Fernbeziehung geführt, mich mehr mit anderen Dingen beschäftigt und auch persönlich auf einigen Ebenen weiterentwickelt.“ Nun sei er jedoch an einem Punkt gewesen, „gerade auch in dieser Zeit, wo mir eine Leidenschaft gefehlt hat. Man denkt halt viel nach.“ Und so habe er sein Bauchgefühl entscheiden lassen und Concordia Hamburg die Zusage gegeben. Der Kontakt zu den Jenfeldern sei über seinen ehemaligen AFC-Teamkollegen Abdullah Yilmaz, der inzwischen bei Cordi kickt, zustande gekommen. Die Gespräche hätten sich „wunderbar angehört“, so Kranich, der in Bezug auf ein Wiedersehen mit dem Trainerduo Pieper-von Valtier/Schadewaldt mutmaßt: „Vielleicht ist es kein Zufall, sondern Schicksal.“

"Danijel Suntic war immer einer meiner Lieblingsspieler"

Kemo Kranich (li.) kann's auch technisch fein mit der Hacke. Foto: KBS-Picture.de

Für ihn selbst sei es nun „ein kompletter Neustart“ nach dreijähriger Abstinenz. „Ich habe mich länger nicht mehr mit der Thematik so ausgiebig beschäftigt. Aber es sind einige Jungs von damals dabei.“ Unter anderem Danijel Suntic. „Er war immer einer meiner Lieblingsspieler. Ich habe damals mit ihm bei Concordia ein Jahr in der Jugend und später auch in Lurup zusammengespielt“, blickt Kranich zurück – und will nun wieder angreifen. Auch wenn er anfangs wohl noch ein wenig Eingewöhnungszeit brauchen wird. „Würde man fünf Jahre zurückgehen, dann würde es wahrscheinlich einen Tick schneller gehen. Aber ich ernähre mich bewusst, ein bisschen mehr Muskulatur täte mir noch gut“, witzelt er – und fügt an: „Wenn wir am 01.10. starten würden, würde mich freuen, die eine oder andere Minute zu bekommen. Aber das Schöne ist, dass es von Vereinsseite keinerlei Stress oder Druck gibt.“

"Habe schon immer nach dem Größtmöglichen gestrebt"

Vor dem gegnerischen Tor macht Kemo Kranich (re.) kaum einer etwas vor. Foto: KBS-Picture.de

Den macht sich Kranich höchstens selbst. Denn: „Ich war schon immer jemand, der nach dem Größtmöglichen strebt – und das tue ich immer noch. Ich habe in der Vergangenheit nicht immer danach gelebt, aber ich will immer das Maximum erreichen.“ Beim Blick auf die Namen im neuen Cordi-Kader glaubt „MKK“, dass es „eine gefährliche und starke Truppe werden kann“. Auch er selbst sei noch immer „so besessen, zu testen, wo das Maximum ist“. Hinzu kommt, dass er zugibt, dass „das Spiel unter Berkan nicht unbedingt meins war. Aber das angedachte System bei Concordia scheint so zu sein, dass es mir gefallen und entgegenkommen könnte“, hofft er auf agierenden Fußball – und hat für sich selbst den Anspruch, „auf jeden Fall zweistellig zu treffen“.

"In gewisser Weise eine Herzensangelegenheit"

Mit Cordi möchte Kranich das Größtmögliche erreichen - und auch persönlich so oft wie möglich jubeln. Foto: KBS-Picture.de

Der Grund, warum er schlussendlich die „Bekkampler“ für sein Fußball-Comeback auswählte, liegt darin begründet, dass ihm das, „was Concordia als Verein denkt und auch mit der Jugend vorhat, gefällt. Damit identifiziere ich mich. Es soll nicht zu romantisch oder abgedroschen klingen, denn so bin ich nicht – aber in gewisser Weise ist das schon eine Herzensangelegenheit für mich. Ich habe hier in der Jugend ein Jahr gespielt, fahre mit dem Fahrrad zehn Minuten zum Training und habe Cordi immer auf dem Schirm gehabt und wahrgenommen.“ Er traue sich das, was der Verein will, zu, erzählt Kranich. „Wir wollen eine gute Rolle spielen – das stimmt mit meinen Zielen überein. Was die Zukunft bringt und wie der Weg des Vereins aussieht, das kann ich aber noch nicht beurteilen“, sagt der einst für Hannover 96 II und den FC St. Pauli II aktive Kranich abschließend.

Autor: Dennis Kormanjos