Operierter Thiel: „Es ist offen, ob ich auf den Platz zurückkehre“

Führungsfigur fehlt Dersim weiterhin – Manager Erbil blickt voraus

20. Dezember 2016, 10:11 Uhr

Steht wohl vor dem Karriere-Aus: Dersim-Kapitän Benjamin Thiel. Foto: noveski.com

Für Dersimspor lief die Saison alles andere als gut an. Der selbsternannte Titelkandidat stürzte ab, fand sich auf einmal mitten im Abstiegskampf wieder und trennte sich von Trainer Theodore Fici. Inzwischen hat sich die Mannschaft unter dessen Nachfolger Sven Siebert gefangen und steht im oberen Drittel. Nach der Winterpause sind zwei Hoffnungsträger wieder mit an Bord, während ein anderer erst einmal nicht zur Verfügung steht und Ligamanager Cüneyt Erbil bedächtig über etwaige Transfers nachdenkt. 

Diesmal konnten sie absolut nichts dafür. Die Turbulenzen beim abgebrochenen Spiel beim SC Condor II vom vergangenen Wochenende hatten rein gar nichts mit Dersimspor zu tun. Doch was Turbulenzen angeht, da kennen sie sich an der Baererstraße aus. In dieser Saison ganz besonders. Hatte der damalige Übungsleiter Theodore Fici vor dem Saisonstart klipp und klar noch davon gesprochen, dass seine Mannschaft das Potenzial habe, ganz oben mitzuspielen und dies auch tun müsse, so erlebte der Verein bisher in dieser Spielzeit so viele Aufs und Abs wie wohl selten zuvor.

Erbil: „Dürfen nicht zu viel machen, weil wir das Team nicht durcheinander bringen wollen“

Fici-Nachfolger Sven Siebert hauchte dem Team wieder Leben ein und befindet sich mit Dersim auf der Erfolgsspur. Foto: noveski.com

Obwohl die Dersim-Belegschaft, zumindest von der individuellen Klasse her, zum Besten gehört, was die Liga zu bieten hatte, wurde Fici mit seinem Spielermaterial, nach dem sich andere die Finger lecken würden , nicht glücklich. Die (Offensiv-)Maschine kam einfach nicht ins Rollen, das Selbstvertrauen fehlte – und selbst hinten wurde das „Bollwerk von der Baererstraße“ infolge diverser Ausfälle auf einmal anfällig. Umstände, die darin gipfelten, dass Fici bereits im September vor dem Spiel gegen den SV Altengamme ganz unverhohlen mit dem Gedanken spielte, von seinem Trainerposten zurückzutreten und den Weg für jemand anderen freizumachen. Weil der Coach aber in der Mannschaft ein großes Ansehen genoss – und auch jetzt nach seiner Amtszeit noch genießt –, überredeten ihn seine Kicker, diesen Gedanken zu verwerfen. Auch der Vorstand stellte sich hinter Fici. Zunächst zumindest noch. Der Erfolg ließ jedoch weiter auf Sich warten- und nach einer herben 1:8-Pleite im Ligaspiel beim TSV Sasel vollzog der Club dann doch die Trennung.

Im Anschließenden Pokalspiel beim FSV Geesthacht saß dann interimsweise Ligamanager Cüneyt Erbil auf der Bank, der nach dem damaligen 1:0-Erfolg scherzhaft erklärte, mit diesem Sieg sei er dann wohl „ohne eine einzige Niederlage der erfolgreichste Coach Dersimspors.“ Dass ihm auf dem Trainerstuhl Sven Siebert nachfolgen würde, der bis dahin die Zweitvertretung Dersims trainiert und mit dieser von der Kreis- in die Bezirksliga aufgestiegen war, stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Und es sollte sich als die richtige Entscheidung entpuppen. Inzwischen ist Dersim mit 32 Punkten Fünfter der Tabelle, steht mit sechs Punkten, aber eben auch ohne eine mögliche Wertung des abgebrochenen Spiels bei Condor II, im Windschatten von Spitzenreiter TSV Sasel.

Waseq wieder da, Alassani nach Kreuzbandriss im Lauftraining

Abwehr-Ass Rafat Waseq ist nach seinem Auslandssemester zurück. Foto: noveski.com

Bläst man an der Baererstraße angesichts dessen vielleicht sogar noch zum Angriff auf ganz oben? Zumindest in Sachen Transfers hält sich Dersim vorerst bedeckt. „Vielleicht holen wir noch einen Abwehrspieler oder einen Sechser“, verrät Cüneyt Erbil. Ein „richtig kaltblütiger Stürmer wäre noch gut. Aber es ist verdammt schwer, so einen zu finden“, fügt der Ligamanager hinzu und besinnt darauf, dass ja auch Alternativen aus den eigenen Reihen bald wieder zur Verfügung stehen. Rafat Waseq zum Beispiel, der vor allem in der vergangenen Saison neben Prince Boateng Styhn in der Innenverteidigung eine absolute Stütze war. Er hatte zuletzt im Auslandssemester in Schottland studiert. Und was die vorderste Reihe angeht, wäre da ja auch noch Fousseni Alassani. Den hatte Dersim beim FC Türkiye losgeeist, doch dann riss sich der 25-Jährige, in der Regionalliga erprobte Offensivmann beim zweiten Einsatz für seinen neuen Verein das Kreuzband. „Er ist schon wieder im Lauftraining“, erklärt Erbil, der sagt: „Wir dürfen personell nicht zu viel machen, weil wir die Mannschaft nicht zu sehr durcheinander bringen wollen.“

Auf einen Akteur jedenfalls wird Coach Sven Siebert verzichten müssen: Benjamin Thiel. Der 31-Jährige, über Jahre Wortführer und Stütze des Teams, hat sich im vergangenen Monat an der Wirbelsäule operieren lassen, „nachdem ich in dieser Saison fast nie ohne Schmerzmittel gespielt habe.“ Im Januar 2017, so verriet Thiel am Rande der Partie beim SC Condor II als Zuschauer, beginne seine Reha. „Die Ärzte haben mir zwar nicht verboten, irgendwann wieder Fußball zu spielen, aber es ist offen, ob ich wirklich auf den Platz zurückkehre. Ich bin nicht mehr der Jüngste und stecke Verletzungen nicht mehr so leicht weg“, sagt Thiel, der sich auf jeden Fall vorstellen kann, „eine andere Aufgabe im Verein zu übernehmen.“

Jan Knötzsch