Oberliga

„Am Freitagabend mache ich das Licht entweder aus – oder lasse es an!“

30. April 2023, 22:12 Uhr

Hamm-Coach Sidnei Marschall (Mi.) baute seine Mannen nach der knappen 1:2-Niederlage auf und stimmte sie auf die zwei verbleibenden Spiele ein. Foto: Kormanjos

„Zwei Möglichkeiten haben wir noch, das Ding rumzureißen. Aber dann müssen wir alle an einem Strang ziehen und Gas geben!“ Der Tenor im Mannschaftskreis nach dem Spiel war klar. Sidnei Marschall baute seine Equipe auf und warf den Blick „positiv gestimmt“ nach vorne, „weil wir noch zwei Spiele und zwei Chancen haben. Wenn wir beide gewinnen, reicht das – da bin ich mir sicher!“ Keine Zeit also, der knappen 1:2-Pleite gegen den Niendorfer TSV (alle Highlights im LIVE-Ticker) hinterher zu trauern. Obwohl es „eine super bittere Niederlage“ gewesen sei, „die nicht hätte sein müssen“, wie Marschall befand. „Die haben phasenweise guten Fußball gespielt. Aber das war keine Übermannschaft. Wir haben zwei Geschenke verteilt und müssen uns selbst alles hart erarbeiten.“

Jesse Osei (li.) versucht, mit Tempo an Maurizio d'Urso vorbeizuziehen. Foto: Kormanjos

Als er Sinisa Veselinovic in der 68. Spielminute die letzten Instruktionen mit auf den Weg gab, war der Auftrag klar: „Wir müssen das Spiel drehen!“, lag die Hoffnung auf den Regionalliga-erfahrenen Torjäger. Aber: Trotz aller Mühen kam Hamm nicht mehr zum Ausgleich. „Männer, alle ein bisschen mehr. Kommt!“, schob Davidson Eden in der Schluss-Viertelstunde noch einmal an. Während Marschall forderte: „Schiebt vor – alle!“ Als noch 120 Sekunden zu gehen waren, trieb der starke Aaron Nkansah das Team an: „Wollen, Jungs – wollen!" Und Eden beschwor die „letzte Energie“ herauf. Es sollte aber nicht sein.

„Die Jungs sind einfach platt. Überall zwickt und zieht es – und trotzdem spielen sie und beißen auf die Zähne“, konnte Marschall seiner Elf in Sachen fehlendem Einsatz nichts vorwerfen. Nur die Durchschlagskraft vor des Gegners Tor kam den Mannen aus dem Hammer Park, die mal wieder an die Slomanstraße ausweichen mussten, abhanden. „In der zweiten Halbzeit haben wir uns zu weit zurückziehen lassen. Ich weiß nicht, warum das so war. Aber so fehlte uns der Speed im Umschaltspiel“, konstatierte der Hamm-Coach.

Ahmadi setzt Chancenwucher fort - Saric trifft, vergibt und wird gefoult

Im Gastspiel bei Altona 93 (1:1) hatte er in der Nachspielzeit zweimal die Chance zum „Lucky Punch“. Beim Hamm United FC hätte Amir Ahmadi seinen Niendorfer TSV zweimal in Führung bringen können. Erst brachte der Linksfuß in sehr aussichtsreicher Position nur einen halbherzigen Abschluss zustande (8.). Dann scheiterte „AA“ nach einer Freistoßvariante am linken Pfosten (10.). Und so wurden die „Sachsenwegler" von anfänglich alles andere als wachen Marschall-Mannen eiskalt bestraft. Marijo Saric veredelte eine tolle Stafette über Davinci Frantz und Karl Feldmer nach Flanke von Nkansah per Kopf (13.)! Der Stürmer hätte nach einem Freistoß von Roberto d'Urso auch zum 2:0 einnicken können, zielte aber aus fünf Metern unbedrängt etwas zu ungenau in die Arme von Grubba-Ersatz Leon Henk (28.).

Ali und Gross drehen Spiel

Niendorf-Torschütze Falk Gross (li.) im Kampf um den Ball mit Hamm-Torjäger Sinisa Veselinovic, der nicht mehr die Wende herbeiführen konnte. Foto: Kormanjos

Stattdessen kam Niendorf zum Ausgleich, weil Edens Klärungstat nach einer Hereingabe von Leandro Casale mitten auf dem Kopf von Falk Gross landete und dessen „Vorarbeit“ von Ibrahim „Ibo“ Ali gekrönt wurde (37.)! Kurz vor der Pause wurde Hamm nach einem vermeintlichen Vergehen von Hassan Zarei an Saric womöglich ein Strafstoß verwehrt (42.). Der Unmut der Gastgeber schien verständlich. Aber nach Wiederanpfiff setzte zunächst Ahmadi seinen Chancenwucher komplett freistehend nach tollem Zarei-Zuspiel fort (55.). Wie es geht, zeigte ihm Falk Gross. Nach einem Freistoß von Hassan Zarei auf den zweiten Pfosten und dem nachfolgenden Direktabnahmen-Querpass von Casale schloss der Youngster ins kurze Eck ab (62.)!

"Eines der schwierigsten Spiele"

Besonders bitter für Hamm: Auch diesem Treffer ging ein kapitaler Fehler voraus. Erst verlor Karl Feldmer in der Vorwärtsbewegung den Ball, dann foulte er Ali und sah seine fünfte Gelbe Karte (62.). Es kam einfach alles zusammen! Niendorf-Coach Ali Farhadi: „Das war eines der schwierigsten Spiele, weil man auf einen Gegner getroffen ist, für den es um alles ging, wo man auch nicht einschätzen konnte, wie Hamm spielen wird. Ob die sich erstmal hinten reinstellen oder in Harakiri-Manier Anlaufen werden. Ich habe den Jungs gesagt, dass wir darauf im Spiel situativ reagieren werden und müssen. Es war aber kein gutes und souveränes Spiel, sondern eher ein Sommerkick. Und vor allem in der zweiten Halbzeit mehr Tennis als Fußball.“

"Das heutige Spiel beschreibt unsere ganze Saison"

Nichtsdestotrotz fanden Farhadis Warnungen offenbar Gehör: „Ich habe den Jungs sowohl vor dem Spiel als auch in der Halbzeit gesagt, dass das so ein Spiel ist, wo du dich am Ende eigentlich nur selber schlagen kannst. Wir haben wieder so viele Fehler produziert, Chancen liegen gelassen – und dann liegst du nach dem ersten Ball von Hamm in den Strafraum wieder zurück. Aber das heutige Spiel beschreibt wirklich die ganze Saison bei uns. Da kann man einfach ‚Copy and Paste‘ machen. Schlussendlich ist für mich im Fußball allerdings das Ergebnis entscheidend.“ Und das sprach für den NTSV. „Für uns war es wirklich enorm wichtig, dieses Spiel zu gewinnen, damit es am Freitag nicht in die Richtung ausartet, mit Badelatschen und Sonnenbrille zum Spiel zu kommen und es sich mit einem Caipirinha gutgehen zu lassen. Wir wollen Vollgas geben, ich lasse auch nicht locker – und werde am Dienstag und Donnerstag genau darauf achten, wer Bock darauf hat, bis zum Ende Gas zu geben und das Ding zu rocken.“

Gegen Cordi "mit Abstand eines der wichtigsten Spiele"

Der Niendorfer TSV bejubelt den 2:1-Auswärtssieg bei Hamm United und peilt noch den vierten Tabellenplatz an. Foto: Verein

Mehr noch. „Für mich ist das Spiel gegen Cordi mit Abstand eines der wichtigsten Spiele. Ich hoffe, die Jungs checken das auch. Und dann gucken wir mal, dass es am Ende auch von der Platzierung cool aussieht“, hat man noch den vierten Platz von Altona 93 im Visier. Was die Drucksituation bei Hamm betrifft, entgegnete Farhadi auf Nachfrage, dass ihn das „nicht kalt lassen“ würde. „Aber es tangiert mich nicht groß, weil ich am Ende zusehen muss, meine Jungs auf Trab zu bringen. Und für mich ist ganz klar, dass es in jedem Spiel eine Verpflichtung für einen Niendorfer Spieler ist, alles für Niendorf zu geben.“

"Haben noch zwei Chancen - die werden wir nutzen!"

Alles geben müssen auch die „Geächteten“ in den verbleibenden zwei Spielen gegen Tornesch und HEBC. In der Tabelle hat man einen Punkt Rückstand auf den SV Rugenbergen. Die Bönningstedter haben aber noch mit dem ETV und bei Meister TSV Sasel zwei heftige Brocken vor der Brust. „Am Freitagabend mache ich das Licht entweder aus – oder lasse es an! Wir haben noch zwei Chancen – und die werden wir nutzen“, ist Marschall überzeugt – und betonte abschließend in Bezug auf das nächste Spiel am Dienstagabend gegen Tornesch: „Mit der Mannschaft und der Qualität, die wir haben, müssen wir versuchen, die Power bis Dienstagabend zurückzubekommen, um das Spiel zu gewinnen!“

Autor: Dennis Kormanjos